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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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seines Buches, die die Entstehung der gotischen Ikono-
graphie, der Kompositionen des 13. Jahrhunderts behandeln,
die bildliche Überlieferung stärker berücksicht hätte. Das
Auftreten von Einzelzügen, wie das Spinnens Mariä bei
der Verkündigung der Badescene bei der Geburt, ist zweifel-
los nicht der litterarischen Überlieferung, sondern dem ge-
steigerten byzantinischen Einflüsse zuzuschreiben, der sich
im 13. Jahrhundert in ganz Europa bemerkbar macht; ebenso
muss die byzantinische Dicsis-Komposition die Mittelgruppe
des Jüngsten Gerichts beeinflusst haben, deren genauere
Geschichte, namentlich das Eintreten des Evangelisten für
den Täufer Johannes, noch nicht aufgeklärt ist.

Mit diesen Ausstellungen haben wir aber bereits wieder
das Gebiet der formalen Ikonographie betreten, deren Er-
gebnisse in Male's Gedankengängen nur ein sekundäres
Interesse in Anspruch nehmen. Die Lösung der schweren
Aufgabe zu zeigen, wie die Kathedrale mit allem ihrem
plastischen und malerischen Schmuck der bildliche Aus-
druck der theologisch-litterarischen Bildung des Zeitalters
ist, ist Male geglückt und mit einer berechtigten Auf-
wallung patriotischen Stolzes schliesst das Buch mit dem
Hinweis, dass diese bildliche Verkörperung mittelalterlicher
Weltanschauung nirgends eine so klar durchdachte und so
reich ausgestaltete Form erhalten hat wie in Frankreich.

Arthur Haseloff.

PERSONALIEN

Amsterdam. Professor Rud. Stang von der hiesigen
Kunstakademie, welcher namentlich durch seine Kupfer-
stiche (Leonardo's letztes Abendmahl, Hals' Lautenschläger
u. s. w.) sich einen Namen machte, hat am 26. November
seinen siebzigsten Ceburtstag gefeiert.

Berlin. Der Generalsekretär des deutschen Archäo-
logischen Instituts Alexander Conze, der hochgeschätze
Forscher, beging am 10. Dezember seinen 70. Geburtstag.

DENKMALPFLEGE

Heidelberg. Gegen die beabsichtigte Wiederherstellung
des Heidelberger Schlosses haben sich viele sehr gewichtige
Stimmen erhoben. Cornelius Ourlitt hat ein Rundschreiben
versandt, in dem er nur für Erhaltung der Ruine, nicht
für Wiederherstellung des Baues eingetreten ist. Darauf-
hin sind von einer grossen Zahl angesehener Persönlich-
keiten lebhafte Zustimmungen eingegangen. Es erscheint
dringend wünschenswert, dass, ehe ein so folgenschwerer
Entschluss gefasst wird, das Für und Wider zu sorg-
fältigster Erwägung komme. Wir werden binnen kurzem
ein Wort von berufener Seite hier veröffentlichen.

Wien. Auch in Österreich regt es sich jetzt, den ge-
fährdeten Kunstdenkmälern energischen Staatsschutz ange-
deihen zu lassen, denn der Centraikommission zur Erhal-
tung von Baudenkmalen fehlte bisher die Macht, sich
vandalischen Gemeinden gegenüber durchzusetzen. Es
ist nun soeben im Herrenhause ein Antrag eingebracht
worden, der hier Abhilfe schaffen will.

Die Zerstörung der Piazza d'Erbe in Verona soll
nun wahrhaftig ins Werk gesetzt werden, um — einer Variete-
Bühne Platz zu machen. Da der Staat nicht eingreift,
versuchen jetzt die Künstler Venedigs ein letztes Mittel,
indem sie zu einem internationalen Künstlerprotest auf-
fordern; jeder Künstler, der diese unerhörte Schändung
missbilligt, wird gebeten, seine Visitenkarte mit einem »No«
an Gazetta degli artisti in Venedig, procuratie nuove 61,
einzusenden. Man hofft, dass, wenn eine erdrückende
Fülle von Künstlern der ganzen Welt sich auf solche Weise
zusammen thun, ihr Ruf nicht ungehört verhallen kann.

WETTBEWERBE

Dresden. In der Unterstützung der Kunst hat der
Rat zu Dresden soeben einen ganz neuen Weg einge-
schlagen, durch welchen er das freie künstlerische Schaffen
auf dem Gebiete der Plastik fördern will. Er eröffnet aus
den Mitteln der Güntz-Stiftung einen Wettbewerb unter
den Dresdner Künstlern, wobei jeder Bildhauer Modell-
skizzen zu Figuren oder Gruppen nach ganz freier Wahl
einsenden darf. Ein bestimmter Massstab für die Ent-
würfe wird nicht vorgeschrieben; es ist jedoch an der
Skizze selbst deutlich die Ausführungsgrösse anzugeben;
bei Einzelfiguren darf sie nicht wesentlich unter Lebens-
grösse betragen. Ausgeschlossen vom Wettbewerbe sind
Modellskizzen zu bereits ausgeführten Werken oder solche,
die nicht das Gepräge eines selbständigen Werkes tragen.
Für den Wettbewerb werden insgesamt 5000 M. ausgesetzt.
Die Beihilfen sollen im einzelnen nicht über 2500 M. und
nicht unter 1000 M. betragen. Für die Bemessung der
Preise soll ungefähr der Massstab gelten, dass für eine
lebensgross gedachte Einzelfigur eine Beihilfe von min-
destens 1000 M. gewährt wird. Preisrichter sind Ober-
bürgermeister Beutler, zwei Stadträte, vier Bildhauer (Diez,
Epler, Hans Hartmann-Maclean, Schilling), zwei Maler
(Pauwels, Prell). Die Preisrichter haben freie Hand, die
ausgesetzte Summe ganz, teilweise oder auch gar nicht zu
verwenden. Die mit Preisen bedachten Künstler sind ver-
pflichtet, ihre Skizzen dem angegebenen oder vereinbarten
Massstabe entsprechend innerhalb einer mit den Preis-
richtern vereinbarten Frist zu Modellen auszuführen Die
preisgekrönten Skizzen gehen in das Eigentum der Stadt
Dresden über. Der Rat zu Dresden hat das Recht, einen
Abguss des geschaffenen Modells vom Künstler zum Selbst-
kostenpreise zu verlangen. Will der Rat ein solches Modell
in Bronze oder Stein ausführen lassen, so hat er das Vor-
kaufsrecht, und der als Beihife gezahlte Betrag gilt als Teil
der Kaufsumme. Die Skizzen sind bis zum 15. März 1902
im Sächsischen Kunstverein abzuliefern. Man darf ge-
spannt sein, was bei dieser neuen Art von Wettbewerb heraus-
kommen wird. Sicherlich mehr, als durch die moderne
Denkmalswut, welche unsere Plätze mit konventionellen
und gleichgültigen Bildsäulen, mit Büsten und Reiterbildern
mehr und mehr überfüllt.

Plakat - Preisausschreiben. Der Barmer Bürger-
Verein (Verkehrs-Verein) erlässt ein Preisausschreiben an
die deutsche Künstlerschaft zur Beschaffung eines Plakates
»Barmen und das Bergische Land«. Für die drei besten
Entwürfe sind 1500 M. ausgesetzt (I. Preis 800 M., II. Preis
450 M., III. Preis 250 M.) und sollen event. weitere ge-
eignete Arbeiten angekauft werden. Programme und Unter-
lagen versendet auf Anfrage kostenlos der Vorstand (Ad-
resse: Wilh. Hyll, Barmen, Neuerweg 43 II). Ablieferungs-
termin 25. Februar 1902.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Boston. Für das hiesige Museum of fines Arts ist
für die Summe von 30000 Dollars ein vorzügliches Frauen-
bildnis von Frans Hals erworben worden, das Bild ist
40X50 Zoll gross, etwa 1650 gemalt und stammt aus der
Galerie des Herzogs v. Buckingham.

Die Dresdner Galerie besitzt ein männliches Bildnis
von Tizian (Nr. 172), dessen Namen man bisher vergeb-
lich nachgespürt hat, man hielt den Dargestellten wegen
eines Kastens, der seitlich auf dem Bilde zu sehen ist,
und den man als Malkasten ansah, für einen Maler. Jetzt
macht nun K. Tscheuschner im »Repert. für Kunstw.«
darauf aufmerksam, dass es sich vielmehr um einen Me-
dizinkasten handelt und dass sich ausserdem unter der
 
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