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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0077

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graugelben Übermalung des Hintergrundes Spuren eines
Heiligenscheines erkennen lassen. Hieraus ist zu folgern,
dass es sich um einen Arzt oder einen Apotheker handelt,
der sich als Heiliger seines Berufs von Tizian porträtie-
ren Hess.

Rom. Das Parlament hat nunmehr endlich den An-
kauf des Villa Borghese genehmigt und es ist anzunehmen,
dass die Genehmigung des Projektes durch den Senat in
Bälde folgen wird. Die Villa Borghese wird durch
diesen Beschluss von Parlament und Senat in römischen
Stadtbesitz übergehen und den Namen Villa Umberto I.
erhalten. Ob diese Taufe eine ganz glückliche ist? Ob sie
durch die Zukunft bestätigt werden wird? Man sieht
einen so grossen historischen Namen, wie den der Villa
Borghese, nur ungern aus der Stadtgeschichte Roms ver-
schwinden, e. St.

Haag. Am 13. d. M. fand in Pulchri Studio die Eröff-
nung einer Ausstellung von Gemälden und Aquarellen des
grössten holländischen Seemalers, H. W. Mesdag statt.

Amsterdam. Hier wurde am 24. November eine
Ausstellung von Bildern Breitner's eröffnet. Das ganze
Oeuvre des kaum vierzigjährigen Meisters, 146 Gemälde
und 72 Zeichnungen, geben einen vollständigen Eindruck
der Entwickelung seines Talentes. Zwei Bilder hat man
leider nicht wieder auffinden können, obwohl öffentlich
bekannt gemacht war, dass nach denselben gesucht werde.
In seinen früheren Arbeiten hat dieser Künstler sich haupt-
sächlich mit dem Abbilden des militärischen Lebens be-
schäftigt, vornämlich der Artillerie. Später aber hat das
Grossstadttreiben in Amsterdam ihn den Stoff zu seinen
schönen, flott gemalten impressionistischen Arbeiten ge-
geben. Er ist unter unseren jüngeren Meistern einer der
begabtesten.

Hannover. In Hannover wurde Mitte Oktober in
dem neuerbauten Geschäftshause Georgspassage« eine
permanente Kunstausstellung- unter dem Namen Hannover-
scher Kunst-Salon« eröffnet. Die weiten Ausstellungs-
räume sind auf das behaglichste eingerichtet. Die Leitung
haben die Herren Maler G. Koken und Hoflieferant Louis
Fuge übernommen. Zu der Eröffnungs-Ausstellung hatten
L. v. Hofmann, L. Dill und E. Dargen ausgezeichnete
Kollektionen gesandt. H. Urban, O. Piltz, Graf v. Reichen-
bach, G. v. Canal, A. Echtler, P. Meyerheim, F. Vezin,
G. Schoenleber, M. Schlichting, A. Kunz und viele andere
waren mit ausgewählten Werken vertreten. Da der Be-
such über alles Erwarten ein sehr reger ist, wird der neue
Salon sicherlich sich fest in die Gunst der Künstler
und des Hannoverschen Publikums setzen.

Wien. Eine Jubelausstellung der Wiener photogra-
phischen Gesellschaft findet gegenwärtig in der K. K. Gra-
phischen Lehr- und Versuchsanstalt statt. Sie tritt jetzt in
ihr vierzigstes Jahr und hat all diese Zeit hindurch das
Fach und seine Nebenfächer und Verwertungsmethoden
ganz wesentlich gefördert. In dem hochinteressanten histo-
rischen Teile der Ausstellung, die durch den Unterrichts-
minister v. Härtel selbst mit einer gehaltvollen Rede er-
öffnet wurde, sind die Inkunabeln der Photographie nebst
den ersten Apparaten zu sehen. Sie beginnen 183g mit
den ersten Daguerreotypplatten, deren Bilder man noch
aus ihrem Silbernebel mühsam heraussuchen muss. Auch
eine Pariser Originalcamera Daguerre's von 1839, mit seinem
beglaubigten Siegel, das jedes Exemplar trug, ist zu sehen:
ein abgegriffener gelber Holzkasten. Aber schon 1840
baut in Wien der begabte Optiker Friedrich Voigtländer
das überhaupt erste Doppelobjektiv für Porträts, nach den
Berechnungen des Wiener Physikers Professor J. Petzval
(dem zufällig gerade jetzt eine Denkbüste unter den Ar-
kaden der Universität errichtet wurde). Dieses Objektiv

(mit Klemmschraube und Pappendeckelcamera) ist eine
Reliquie, die noch heute gilt; es hat das moderne photo-
graphische Porträt geschaffen. Noch andere Wiener er-
zielen so früh schon grosse Fortschritte. Professor Berres
macht schon 1841 die ersten Photogravüren durch Ätzung
von Daguerreotypplatten. Auch die fünfziger Jahre sind
reich an Ergebnissen. Findige Köpfe, wie Alois Auer,"der
Erfinder des Naturselbstdrucks (1850) wenden sich der
Photographie zu, Paul Pretsch, einer der findigsten^Sucher,
macht 1854 photogalvanographische Tiefdrucke, auch für
Buchdruck, und 1856 Heliogravüren. Er macht förmlich
Schule und seine Leute gehen weit in die Welt'(Jos. Lei-
pold in Lissabon u. a.). In den siebziger Jahren macht
dann der Wiener Karikaturist Karl Klic seine ersten Helio-
gravüren, mit denen er in London Wurzel fasst. Auch die
Amateure regen sich hier schon früh und finden manches
Neue. Man sieht unter anderen die Apparate und das
hirschlederne Entwickelungszelt des Grafen Hans Wilczek
von seiner Polarexpedition 1872. Unter den modernen
Amateurs finden sich sehr hervorragende, wie die Barone
Albert und Nathaniel Rothschild, Philipp von Schoeller u. a.
In den Ausstellungen des Cameraklubs sieht man ja stets
glänzende Leistungen der neuen Methoden, namentlich des
Pigment- und Gummidruckes. Auch als Bilderarchiv ist
die Ausstellung sehr interessant. Sie enthält z. B. viele
Dutzende von Photographien des Kaisers, der Kaiserin
und der kaiserlichen Familie, bis zu den neuesten Relief-
photographien Pietzner's, die übrigens schon in den sech-
ziger Jahren in der Photokeramik Julius Leth's (mittels des
Einstaubverfahrens) einen Vorläufer hatten. Ein Duplikat
dieses photokeramischen Kaiserbildnisses ist im Grund-
steine des Österreichischen Museums für Kunst und In-
dustrie niedergelegt. In der modernen Abteilung sind alle
neueren und neuesten Verfahren in lehrreicher Weise vor-
geführt: die Kombinationsdrucke (Lichtdruck mit Chromo-,
Litho- oder Algraphie u. dgl.), Sepiapigmentdrucke, Frei-
lichtaufnahmen jeder Art, Monokelaufnahmen, namentlich
aber die so unentbehrlich gewordene Autotypie mit allen
ihren Hilfsmitteln (auch ihre verschiedenen Raster unter
Lupen am Fenster) und die in Wien so trefflich aus-
geführten Drei- und Mehrfarbendrucke (K. K. Hof- und
Staatsdruckerei, K. K. Graphische Lehr- und Versuchs-
anstalt, Hofphotograph J. Löwy, Blechinger und Leykauf
u. s. w.). Unter den Blättern dieser Anstalten fallen die
für das grosse, von der Regierung herausgegebene Segan-
tiniwerk besonders auf. Auch die wissenschaftlichen An-
wendungen sind nicht vergessen, man sieht ihre Arbeiten
vom Himmelsraume bis in die Körperhöhlen des Menschen
und bis zuSzczepanik's photographisch verfertigten Jacquard-
Patronen für figural geschmückte Gewebe. Ein weiter
Weg seit jener ersten photographischen Ausstellung (1862,
London), von der eine Angerer'sche Aufnahme hier ein
bescheidenes Bild giebt. L. H-i.

Die Wander-Ausstellung »Kunst im Leben des
Kindes«, die der Deutsche Buchgewerbe-Verein veranstaltet
hat, siedelt soeben nach München über. Hierbei sei gleich
mitgeteilt, dass die Bewegung jetzt auch in Österreich
rüstig fortschreitet, und dass auf Anregung des Direktors
Julius Leisching eine Brünner Volksschule mit künstlerischem
Wandschmuck vollständig ausgestattet wird.

VOM KUNSTMARKT
Paris. Die Möbel des Schlosses von Orsay haben
an den beiden ersten Versteigerungstagen 90800 fres. ge-
bracht, darunter Nr. 145 Canapee und 2 Sessel mit Ta-
pisserie des 16. Jahrhunderts 4900 fres. Nr. 150 4 Fauteuils
Louis XV. 5500 fres. Nr. 207 Vlämische Tapisserie des
17. Jahrhunderts 5500 fres. — Die Impressionistenbaisse
 
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