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Vereine und Institute.
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die Stimme derer, welche Schäfer's Plan für gut erklären,
noch viel unverständlicher erscheint der Beschluss, nach
dem fehlerreichen Entwürfe Schäfer's den Meissner Dom
vollenden zu wollen. Die Ausführung des Entwurfes
würde nichts anderes bedeuten, als dass die Schönheit des
Meissner Domes, des Meissner Schlossbergs und der
ganzen berühmten Stadtansicht vollkommen ruiniert würde.
Hoffen wir, dass der Sturm der allgemeinen Entrüstung
unter den Sachverständigen über die Schäfer'schen Pläne
für Meissen endlich den massgebenden Behörden in Dres-
den die Augen öffne. 00
Heidelberg. Der Stadtrat hat beschlossen, den bau-
lichen Zustand des Otto Heinrich-Baues durch einen Sach-
verständigen untersuchen zu lassen, und zwar soll der
Erbauer des deutschen Reichstagsgebäudes, Professor Paul
Wallot, mit dieser Aufgabe betraut werden.
VEREINE UND INSTITUTE
Berlin. Kunstgeschichtliche Gesellschaft. In der
letzten Sitzung sprach Herr Professor von Oeltingen über
Benvenuto Cellini und seine Konkurrenten. Im vorigen
Jahre hat Orazio Bacci die Vita des Benvenuto zum ersten-
male unverkürzt und mit absolut diplomatischer Genauig-
keit ediert, eine sehr dankenswerte That; denn wenn dabei
auch der schlechte florentinische Dialekt ganz unverfälscht
hervortritt, so behielt dafür der Ausdruck eine Frische und
Ursprünglichkeit, die bisher keine Ausgabe, von Ooethe's
Übersetzung bis auf die Edition von Ouasti, aufzuweisen
hatte.
Die von der Geschichte bereits korrigierten Urteile
Cellini's über seine eigenen Leistungen interessieren die
Forschung weniger, als was er über andere Künstler, vor
allem über seine Konkurrenten und das Verhältnis zu
ihnen aussagt.
Seine Laufbahn beginnt er als Goldschmied; das
Kunstgewerbliche sollte sein ganzes Schaffen, auch das
als Plastiker beherrschen. Schon während der Lehrzeit
äussert sich sein Selbstbewusstsein in der hochfahrenden
Art, wie er über seinen Meister und die Ateliergenossen
urteilt. Freilich erklärt sich vieles davon aus der Stellung,
in der er sich naturgemäss als Florentiner unter den wenig
gebildeten und formlosen Lombarden fühlen musste; denn
aus ihnen setzte sich seine Umgebung damals grössten-
teils zusammen. Dies Gefühl mag schon bei seinen ersten
Arbeiten auch durch eine gewisse künstlerische Selbstän-
digkeit verstärkt worden sein. Wahrscheinlich war ihnen
schon jene überwuchernde Fülle und Zierlichkeit der
Ornamentik eigen, die an allen seinen Arbeiten, bald
schmückend, bald zerstreuend hervortritt. Auch in der
Juwelierkunst scheint er sich schon damals hervorgethan
zu haben: er schlägt mehrere Konkurrenten, als es gilt,
für einen kostbaren Diamanten des Papstes die beste Folie
zu finden.
Den Übergang zur grossen Bildnerei, die zeitlebens
sein Ehrgeiz blieb, erleichtert ihm die Anfertigung von
Münzen und Medaillen. Durch wohlgefällige Leistungen
als Goldschmied empfiehlt er sich dafür den Päpsten
Clemens VII. und Paul III. Auch die Mode, Medaillen
zu tragen, kommt ihm dabei entgegen. Zarter und male-
rischer ist das Relief seiner Medaillen, als man bei der
Extravaganz seiner sonstigen kunstgewerblichen Arbeiten
glauben sollte. Aber hier hört man sogar, aus Cellini's
Selbstlob heraus, dass er in zwei Konkurrenten, die er
überraschenderweise mit Respekt nennt, in Caradosso und
einem gewissen Tobias seine Meister gefunden hat.
Seltsam berührt es, dass er über die Künstlerschar,
die Franz I. an seinem Hof versammelt hatte, kaum ein
Urteil abgiebt. Er muss, als er 1539, nach seiner ausführ-
lich geschilderten Gefangenschaft und Befreiung aus der
Engelsburg, dorthin ging,zu ihnen in Beziehung getreten sein.
Die »Nymphe von Fontainebleau« zeigt in der neben dem
Hirsch gelagerten Göttin genau dasselbe Motiv, wie es
Goujon und Primaticcio verwendet haben. Über andere
Künstler hat er überhaupt selten Urteile, oft nur, wie bei
Michelangelo, Raffael, Giulio Romano, die konventionellen
Ausdrücke der Bewunderung. Nur mit Konkurrenten in
der Goldschmiedekunst beschäftigt sich seine Kritik ein-
gehender.
Franz I. giebt ihm Gelegenheit sich als Plastiker im
grossen zu bethätigen: von den zwölf olympischen Göttern,
silbernen Statuen, die als Fackelhalter gedacht waren, ist
allerdings nur der Jupiter vollendet, aber nicht mehr er-
halten. Für einen kolossalen Mars mit den Zügen des
Königs, der die Mitte des gleichfalls von Cellini architek-
tonisch gestalteten Quellenbaues in Fontainebleau schmücken
sollte, wurde nur das 54 Fuss hohe Modell fertig. Es
stand lange im Hof des Schlosses Anet, alles überragend
und die Phantasie zu spukhaften Geschichten anregend,
In Herzog Cosimo findet Cellini einen weniger gross-
artigen Gönner als in dem französischen König. Gleich-
wohl verhilft ihm dieser zur Verwirklichung seines höchsten
Strebens, dem Guss des Perseus. Aber gerade in dieser
Zeit nehmen die Kämpfe mit den Konkurrenten einen
unverhältnismässigen Raum ein, noch geschürt durch die
Abneigung der Herzogin und durch die launenhafte Freude
des Herzogs an dem Zank der Künstler. Vor allem sieht
Benvenuto in Bandinelli seinen Gegner, aber auch in
Künstlern wie Guglielmo della Porta, Ammanati, Giovanni
da Bologna. Und doch erhebt er sich über alle diese
michelangelesken Manieristen durchaus nicht. Auch der
Perseus erscheint, von Cillini's Selbstlob abgesehen, kaum
| beträchtlich über den Leistungen der anderen zu stehen.
In jener Zeit entstanden nur noch die Bronzebüsten des
Bindo Altoviti und des Herzogs Cosimo im Harnisch.
Danach lässt sich nur noch das Marmorkruzifix — heut
im Escurial — nachweisen. Das Ende seines Lebens liegt
fast im Dunkel. Die Vita ist von Ende 1562 bis 1567 ab-
gefasst; von dem fertigen Manuskript hat er den Schluss
wegen gewisser Urteile und Mitteilungen über den Herzog
zerrissen. Seinem Selbstlob verdankt er den grössten Teil
seines Ruhmes; er war weder als Goldschmied muster-
gültig, noch als Bildhauer hervorragend. In der zierlichen
Dekoration lag seine Stärke und Schwäche.
Danach sprach Herr Dr. Gustav E. Pazaurek vom
Nordböhmischen Gewerbe-Museum in Reichenberg über
Norddeutsche Künstler und Kunsthandwerker in Prag vom
16. bis 18. Jahrhundert. Bei der ehemaligen Zusammen-
gehörigkeit grosser Teile des deutschen Reiches mit Böhmen
ist es nicht wunderbar, dass schon im Mittelalter und bis
zur Abtrennung Schlesiens 1763 das Erz- und Riesenge-
birge für die Thätigkeit der Künstler keine Scheidewand
bildeten. In der Barockzeit haben viele Maler, wie Will-
mann und Brandel, der Schlesier Neunhertz aus Breslau,
dann Molitor aus Plaue a. d. Havel, der Sachse Palko in
Böhmen gewirkt. Aber besonders zahlreich war der Zu-
zug norddeutscher Künstler, als Rudolf II. nach Prag die
Residenz verlegt hatte. Neben den Italienern und Nieder-
ländern sind damals die Deutschen numerisch sehr stark
vertreten. Natürlich stellen Augsburg und Nürnberg das
Hauptkontingent, aber selbst aus dem Norden kommt eine
stattliche Zahl von Künstlern und vor allen Kunsthand-
werkern, die gerade von Rudolf II. Förderung und Arbeit
erwarten konnten. Die wichtigsten möchten der kaiser-
liche Kammer-Uhrmacher Jobst Bürgi aus Hessen-Kassel
sein, von dem noch Kunstuhren und astronomische Initro-
Vereine und Institute.
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die Stimme derer, welche Schäfer's Plan für gut erklären,
noch viel unverständlicher erscheint der Beschluss, nach
dem fehlerreichen Entwürfe Schäfer's den Meissner Dom
vollenden zu wollen. Die Ausführung des Entwurfes
würde nichts anderes bedeuten, als dass die Schönheit des
Meissner Domes, des Meissner Schlossbergs und der
ganzen berühmten Stadtansicht vollkommen ruiniert würde.
Hoffen wir, dass der Sturm der allgemeinen Entrüstung
unter den Sachverständigen über die Schäfer'schen Pläne
für Meissen endlich den massgebenden Behörden in Dres-
den die Augen öffne. 00
Heidelberg. Der Stadtrat hat beschlossen, den bau-
lichen Zustand des Otto Heinrich-Baues durch einen Sach-
verständigen untersuchen zu lassen, und zwar soll der
Erbauer des deutschen Reichstagsgebäudes, Professor Paul
Wallot, mit dieser Aufgabe betraut werden.
VEREINE UND INSTITUTE
Berlin. Kunstgeschichtliche Gesellschaft. In der
letzten Sitzung sprach Herr Professor von Oeltingen über
Benvenuto Cellini und seine Konkurrenten. Im vorigen
Jahre hat Orazio Bacci die Vita des Benvenuto zum ersten-
male unverkürzt und mit absolut diplomatischer Genauig-
keit ediert, eine sehr dankenswerte That; denn wenn dabei
auch der schlechte florentinische Dialekt ganz unverfälscht
hervortritt, so behielt dafür der Ausdruck eine Frische und
Ursprünglichkeit, die bisher keine Ausgabe, von Ooethe's
Übersetzung bis auf die Edition von Ouasti, aufzuweisen
hatte.
Die von der Geschichte bereits korrigierten Urteile
Cellini's über seine eigenen Leistungen interessieren die
Forschung weniger, als was er über andere Künstler, vor
allem über seine Konkurrenten und das Verhältnis zu
ihnen aussagt.
Seine Laufbahn beginnt er als Goldschmied; das
Kunstgewerbliche sollte sein ganzes Schaffen, auch das
als Plastiker beherrschen. Schon während der Lehrzeit
äussert sich sein Selbstbewusstsein in der hochfahrenden
Art, wie er über seinen Meister und die Ateliergenossen
urteilt. Freilich erklärt sich vieles davon aus der Stellung,
in der er sich naturgemäss als Florentiner unter den wenig
gebildeten und formlosen Lombarden fühlen musste; denn
aus ihnen setzte sich seine Umgebung damals grössten-
teils zusammen. Dies Gefühl mag schon bei seinen ersten
Arbeiten auch durch eine gewisse künstlerische Selbstän-
digkeit verstärkt worden sein. Wahrscheinlich war ihnen
schon jene überwuchernde Fülle und Zierlichkeit der
Ornamentik eigen, die an allen seinen Arbeiten, bald
schmückend, bald zerstreuend hervortritt. Auch in der
Juwelierkunst scheint er sich schon damals hervorgethan
zu haben: er schlägt mehrere Konkurrenten, als es gilt,
für einen kostbaren Diamanten des Papstes die beste Folie
zu finden.
Den Übergang zur grossen Bildnerei, die zeitlebens
sein Ehrgeiz blieb, erleichtert ihm die Anfertigung von
Münzen und Medaillen. Durch wohlgefällige Leistungen
als Goldschmied empfiehlt er sich dafür den Päpsten
Clemens VII. und Paul III. Auch die Mode, Medaillen
zu tragen, kommt ihm dabei entgegen. Zarter und male-
rischer ist das Relief seiner Medaillen, als man bei der
Extravaganz seiner sonstigen kunstgewerblichen Arbeiten
glauben sollte. Aber hier hört man sogar, aus Cellini's
Selbstlob heraus, dass er in zwei Konkurrenten, die er
überraschenderweise mit Respekt nennt, in Caradosso und
einem gewissen Tobias seine Meister gefunden hat.
Seltsam berührt es, dass er über die Künstlerschar,
die Franz I. an seinem Hof versammelt hatte, kaum ein
Urteil abgiebt. Er muss, als er 1539, nach seiner ausführ-
lich geschilderten Gefangenschaft und Befreiung aus der
Engelsburg, dorthin ging,zu ihnen in Beziehung getreten sein.
Die »Nymphe von Fontainebleau« zeigt in der neben dem
Hirsch gelagerten Göttin genau dasselbe Motiv, wie es
Goujon und Primaticcio verwendet haben. Über andere
Künstler hat er überhaupt selten Urteile, oft nur, wie bei
Michelangelo, Raffael, Giulio Romano, die konventionellen
Ausdrücke der Bewunderung. Nur mit Konkurrenten in
der Goldschmiedekunst beschäftigt sich seine Kritik ein-
gehender.
Franz I. giebt ihm Gelegenheit sich als Plastiker im
grossen zu bethätigen: von den zwölf olympischen Göttern,
silbernen Statuen, die als Fackelhalter gedacht waren, ist
allerdings nur der Jupiter vollendet, aber nicht mehr er-
halten. Für einen kolossalen Mars mit den Zügen des
Königs, der die Mitte des gleichfalls von Cellini architek-
tonisch gestalteten Quellenbaues in Fontainebleau schmücken
sollte, wurde nur das 54 Fuss hohe Modell fertig. Es
stand lange im Hof des Schlosses Anet, alles überragend
und die Phantasie zu spukhaften Geschichten anregend,
In Herzog Cosimo findet Cellini einen weniger gross-
artigen Gönner als in dem französischen König. Gleich-
wohl verhilft ihm dieser zur Verwirklichung seines höchsten
Strebens, dem Guss des Perseus. Aber gerade in dieser
Zeit nehmen die Kämpfe mit den Konkurrenten einen
unverhältnismässigen Raum ein, noch geschürt durch die
Abneigung der Herzogin und durch die launenhafte Freude
des Herzogs an dem Zank der Künstler. Vor allem sieht
Benvenuto in Bandinelli seinen Gegner, aber auch in
Künstlern wie Guglielmo della Porta, Ammanati, Giovanni
da Bologna. Und doch erhebt er sich über alle diese
michelangelesken Manieristen durchaus nicht. Auch der
Perseus erscheint, von Cillini's Selbstlob abgesehen, kaum
| beträchtlich über den Leistungen der anderen zu stehen.
In jener Zeit entstanden nur noch die Bronzebüsten des
Bindo Altoviti und des Herzogs Cosimo im Harnisch.
Danach lässt sich nur noch das Marmorkruzifix — heut
im Escurial — nachweisen. Das Ende seines Lebens liegt
fast im Dunkel. Die Vita ist von Ende 1562 bis 1567 ab-
gefasst; von dem fertigen Manuskript hat er den Schluss
wegen gewisser Urteile und Mitteilungen über den Herzog
zerrissen. Seinem Selbstlob verdankt er den grössten Teil
seines Ruhmes; er war weder als Goldschmied muster-
gültig, noch als Bildhauer hervorragend. In der zierlichen
Dekoration lag seine Stärke und Schwäche.
Danach sprach Herr Dr. Gustav E. Pazaurek vom
Nordböhmischen Gewerbe-Museum in Reichenberg über
Norddeutsche Künstler und Kunsthandwerker in Prag vom
16. bis 18. Jahrhundert. Bei der ehemaligen Zusammen-
gehörigkeit grosser Teile des deutschen Reiches mit Böhmen
ist es nicht wunderbar, dass schon im Mittelalter und bis
zur Abtrennung Schlesiens 1763 das Erz- und Riesenge-
birge für die Thätigkeit der Künstler keine Scheidewand
bildeten. In der Barockzeit haben viele Maler, wie Will-
mann und Brandel, der Schlesier Neunhertz aus Breslau,
dann Molitor aus Plaue a. d. Havel, der Sachse Palko in
Böhmen gewirkt. Aber besonders zahlreich war der Zu-
zug norddeutscher Künstler, als Rudolf II. nach Prag die
Residenz verlegt hatte. Neben den Italienern und Nieder-
ländern sind damals die Deutschen numerisch sehr stark
vertreten. Natürlich stellen Augsburg und Nürnberg das
Hauptkontingent, aber selbst aus dem Norden kommt eine
stattliche Zahl von Künstlern und vor allen Kunsthand-
werkern, die gerade von Rudolf II. Förderung und Arbeit
erwarten konnten. Die wichtigsten möchten der kaiser-
liche Kammer-Uhrmacher Jobst Bürgi aus Hessen-Kassel
sein, von dem noch Kunstuhren und astronomische Initro-