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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0214

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411

Sammlungen und Ausstellungen.

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Christ, Max Heilmeier. Sektion für vervielfältigende Künste:
Josef Michael Holzapfl, Vorsitzender; Josef Neumann,
Schriftführer; Konrad Strobel.

Prag. Die Vereinigung bildender Künstler »Manes«
in Prag eröffnete am 10. Mai ihre vierte Ausstellung, welche
ausschliesslich Werke des fransösischen Bildhauers August
Rodin enthält. Rodin, welcher zu seiner Ausstellung nach
Prag kommen wird, stellt in dieser 88 Skulpturen und
74 Rahmen mit nahezu 300 Blättern, seiner bis jetzt noch
wenig bekannten, in ihrer Art vorzüglichen Zeichnungen
zur Verfügung.

Wien. Im Künstlerhause sieht man die 2g. Jahres-
ausstellung der Genossenschaft bildender Künstler. Sie ist
572 Nummern stark und recht international. Deutschland,
Frankreich und Amerika haben ganze Säle für sich. Vieles
stammt aber noch aus den Vorräten der Weltausstellung
und einiges aus den vorjährigen Salons. Den stärksten
Zug in der Ausstellung bildet das Porträt. Leopold Horovitz
und Philipp Läszlö sind durch Reihen ihrer letzten Bild-
nisse vertreten, unter den Deutschen Hans Fechner (Berlin).
Horovitz hat den Kaiser Franz Josef als Geschenk zur gol-
denen Hochzeit des Erzherzogs Rainer gemalt, ein Brust-
bild in Vorderansicht, ausnehmend genau im einzelnen
(es sollte ein intimes Bild sein), in der Farbe etwas kühl,
wie der Künstler es jetzt vorzieht. Vortrefflich ist noch
sein Profilbildnis der Frau v. Gomperz, der einstigen be-
rühmten Sängerin Karoline Bettelheim, in buntem Umhang
und dunklem Federhut. Übrigens geht die obere Grenze
seiner Ausstellung diesmal bis auf das Bild der schönen
Gräfin von der Gröben (1891) zurück, das so recht seinen
damaligen Typus mit dem festen, polierten Elfenbeinteint
von vollendeter Plastik bezeichnet. Von Läszlö sieht man
den Papst, Kardinal Rampolla, den ungarischen Politiker
Dr. Max Falk, die Gräfin Kapnist, Gemahlin des russischen
Botschafters und noch anderes. Die Manieren sind sehr
verschieden. Die Gräfin Kapnist z. B. mit ihrem Töchter-
chen ist, in einer Parklandschaft sitzend, ganz ä la Rey-
nolds und Romney dargestellt; Toiletten und Landschaft
in den nämlichen flattrigen Seidenfarben. Leo XIII. ist
mit der Hand eines par excellence Damenmalers gegeben,
auf das Durchsichtige, Durchgeistigte hin; dabei liebens-
würdig, zierlich, etwas vorsichtig bei solcher Arbeit im
Zerbrechlichen. Der Papst sass dem Künstler vierzehnmal, und
es entstand zunächst eine ganze Reihe Studien in Kreide und
Bleistift. Eine der letzteren soll das eigentliche, gute Papst-
porträt sein. Das definitive Gemälde ist nach so vielen
mehr oder weniger gelungenen Versuchen eine Art Impro-
visation, bei der der Künstler die Natur gleichsam über-
rumpeln wollte. Das Falkporträt ist sehr gut; auffallend
in der Art jenes Hohenloheporträts mit dem durchbohrenden
Blicke, das den Künstler bekannt gemacht hat. Der Ram-
polla ist mehr auf Kraft gearbeitet, ein Rot-in-Rot nach
Art von Velazquez' Papst Innocenz X. im Palazzo Doria,
aber doch etwas angestrengt ausgefallen. Es fehlt der
grosse Wurf. Ein tüchtiges Porträt ist ferner das des
Bürgermeisters Dr. Lueger von Prof. Pochwalski. Die
Bildnisse Fechner's (der deutsche Kronprinz, Grossherzog
Alexander von Sachsen-Weimar, Maler Passini) brauchen
nicht erst von Wien aus besprochen zu werden. Unter
den Franzosen fällt besonders Bonnat's Sitzbildnis seines
Freundes Tony Robert-Fleury auf. Eine wuchtig hin-
gefegte Rembrandtstudie, hingewichst kann man schon
sagen, wegen der klebrigen Schwärze des Mittels, doch
ist der Kopf unstreitig mit kapitaler Kraft als reine, ein-
fache Tonstudie herausgeholt. Die Franzosen haben übri-
gens seltsamerweise fast lauter veraltete Männer und Bilder
geschickt. Der ehrwürdige Lefebvre steht voran; dazu offi-
zielle Fadaisen von der Weltausstellung, wie Dubufe's kalkig-

kaltes, influenzaerregendes Tableau: »Das Haus der Maria«.
Ein paar gute Moderne retten doch die Fahne. Besnard's
knallendes Sommerbild (»Das Bad«) in Blau und Grün,
Thie'rot's »Sommer« in seiner weichlich verschlafenen Har-
monie von Gobelinfarben, Dauchez' saftig hingestrichene
Ansicht des Berges Ben Nevis, die an den ersten Schuss
der Glasgowschule erinnert, dann einige fein vernebelte
und verregnete Kleinstadtmotive von Le Sidaner und etliche
Kleinigkeiten von Blanche, die wie schlecht erhaltene eng-
lische Bilder vom Ende des 18. Jahrhunderts aussehen
wollen, was ihnen aber reizend gelingt. Die Amerikaner
sind fast sämtlich von der Weltausstellung her erinnerlich
(Hitchcock's h. Genovefa), Stewarts irisierende Nymphen
und Dianen u. s. w.). Sehr fein ist Mac Ewen in dem
grossen Bilde: »Gespenstergeschichten «, mit vielen weissen
Florhäubchen und Schürzchen im zerstreuten Stubenlicht
vor einer breiten Fensterwand. Und ein Meister ist /. H.
Johnston (»Spanischer Knabe« und anderes) in der Dar-
stellung südlicher, sonnendurchwärmter, stillverstaubter
Interieurluft, über schlechtgefegten Ziegelboden, zwischen
schlechtgetünchten Wänden. Unter den deutschen Bildern
fallen besonders die Kriegsscenen der Verbindung für
historische Malerei auf, dann Friese's Hirsch, einige Land-
schaften von Küstner, Fink (München) und andere. Werner
Schuch's wohlbekannter Grosser Kurfürst bei Fehrbellin
siegt auch hier. An den grossen Bronzen von Reinhold
Begas (»Kain und Abel«, Grabmal und andere) würdigt
man ein reiches dekoratives Arrangement, an der erst-
! genannten Gruppe auch das kühne plastische Problem mit
dem überhängenden jugendlichen Körper, übrigens ein von
Barrias und von Mercie geliebtes Motiv. Die jetzige Plastik
wendet sich mehr den Problemen der Stilbildung zu, wie
etwa an Viktor Rousseau's »Demeter« zu sehen, sogar
neben seiner Tendenz die Erlebnisse des Fleisches mit
erraten zu lassen. Schliesslich sind zwei Bilder aus dem
Norden hervorzuheben. »In der Gartenthür« von Laurits
Andersen Ring (Fredriksvark), ein herbes Frühlingsbild,
streng in der Linie, zurückhaltend in der Farbe, provinziell
im Geschmack, alles, nur nicht »schön«, aber von einer
Lyrik, die in südlicher Richtung bei Theodor Storm auf-
hört. Dann Therese Schwartze's (Amsterdam) Porträt des
Burenabgesandten Wolmarans, ein knorriges Schwarzbild,
das wie eine Bombe in den Saal fällt; wie jenes durch-
schlagende, afrikanisch schwarze Bildnis Joubert's, mit dem
die Künstlerin die holländische Abteilung der Pariser Welt-
ausstellung beherrschte. — Im Hause des Hagenbundes
bewährt jetzt die Ausstellung der »Kunst im Leben des
Kindes« ungewöhnliche Anziehungskraft. Wie in Leipzig
und Berlin ist man auch hier von der Wichtigkeit dieser
Anregung des Deutschen Buchgewerbevereins durch-
drungen und der Unterrichtsminister steht persönlich an
der Spitze. Hoffentlich wird das Samenkorn auch in Oester-
reich aufgehen. Der Hagenbund hat die Inscenesetzung
dem Geschmack unseres grösseren Publikums anzupassen
gewusst. Das Puppenwesen ist mit in den Vordergrund
gestellt, sowohl historisch, wofür die wertvollen Samm-
lungen des Dr. Alberl Figdor (Wien) reichlich Stoff bieten,
als auch unmittelbar praktisch, indem Lefler, Graf, Oer-
mela und andere eine grosse Anzahl pikanter »moderner«
Puppen geschaffen haben, die, von einem Hofspielzeug-
fabrikanten als Modelle erworben, nächste Weihnachten
gewiss den Ausschlag geben werden. Ferner haben die
Künstler dem sehr ins Arge geratenen Krippenspiele wieder
aufzuhelfen versucht. Es wäre in der That zu wünschen,
dass diese gemütlichen Darstellungen wieder menschen-
möglich gemacht würden. Man braucht nur an das Kabinett
voll alter, prächtiger Krippenspiele im Musee Cluny zu
denken, wo wirkliche Künstler in echten Materialien ge-
 
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