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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Maas, Max: Archäologische Nachlese, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0201

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Archäologische Nachlese

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irdische Kapelle, die jetzt nach Alexandria ins Museum
nach sehr schwieriger Ablösung verbracht worden
sind. — Breccia hat Korn el Akhdar im mareo-
tischen Distrikt mit dem alten Xenophyris identifi-
ziert. — In Alexandria selbst hat er die Hadra-
Friedhöfe weiter ausgegraben und zahlreiche Aschen-
urnen, andere Vasen, von denen ja eine gewisse Sorte
die Bezeichnung »Hadravasen« hat, und interessante
Terrakotten gefunden. Das beste Stück ist eine über
und über dekorierte blaue Fayencevase mit Henkel
in Form des Gottes Bes. —

Ägypten ist noch voll von kleinen antiken Stätten,
die nach und nach, sei es auf legale oder andere
Weise, in landwirtschaftlichen Betrieb gekommen sind.
Die Regierung übernimmt es jetzt, solche Stätten aus-
zugraben und dann das Land den Fellachen zur Be-
nützung zu verkaufen. Im letzten Winter wurden alle,
in diesem hochkultivierten Distrikt noch nicht von der
Landwirtschaft in Besitz genommenen antiken Stätten
der Provinz Menufieh (Nomos Prosopidikos) unter-
sucht. Nördlich von Ashmun fanden sich Reste
einer Thermenanlage aus der christlichen Zeit und
eine Anzahl gemalter koptischer Töpfereien. Die einst
so große und wichtige Stätte von Zawiet Razin mußte
als vollständig ausgeraubt nach kurzem Versuchsgraben
wieder aufgegeben werden. Sie entsprach wohl der
römischen Hauptstadt Nikiu. — Auf der östlichen
Seite des Delta wurden zu Qantara am Suezkanal
Gräber aus der römischen Periode geöffnet. Viele
der in Kalkstein- oder Gipssarkophagen oder auch in
großen Krügen geborgenen Leichen trugen Gipsmasken,
die aber fast vollständig verdorben waren; somit hat
auch das Delta diesen Gebrauch ausgeübt, die Toten
mit ihren Masken zu schmücken. Qantara ist viel-
leicht identisch mit Sile des Itinerarium Antonini
oder eher mit Zaru. — Am Südende des Suezkanals
wurden zu Teil Qulzum, dem alten Klysma, eine
Menge Goldmünzen aus dem 4. Jahrhundert n. Chr.
entdeckt. — Bei Ausgrabungen zu Sakha, dem alten
Chois, stellte der Boden solche Hindernisse entgegen,
daß die Ausgrabungen nicht viel ergaben. — Zu Mem-
phis hat Petrie eine weitere Ernte von Mumienporträts
aus Hawara erhalten, von weniger guter Erhaltung
wie die früheren. — Auf der Ostseite des Nils wurde
die römische Festung Scenae Mandrorum zu
Schorafa identifiziert. — Die Mumienkartonnage von
Atfieh (Aphroditopolis) war in sehr schlechtem Zu-
stand. — Zu Batn Harit (Theadelphia) im Fayum
wurde ein sehr gut konservierter Torbau ans Tages-
licht gebracht, dessen Holztor noch ganz intakt ist
und in das Museum von Kairo überführt wurde. Torbau
und Türe trugen Inschriften. Hinter diesem Propylon
lagen Tempelbauten, in denen bedeutende Papyrus-
funde von Sebag-(Dungerde)Suchern geraubt und nur
teilweise von der Regierung später wieder in Besitz
gebracht worden sind.

Wir kommen nun zu A. Schultens (Erlangen)
musterhaftem Bericht über Nordafrika, der mit eini-
gen wichtigen Literaturüberblicken beginnt. Ein Auf-
satz des bekannten französischen Prähistorikers Abbe
Breuil bezeugt die Verwandtschaft, resp. Übereinstim-

mung der afrikanischen Felsbilder mit den in paläo-
Iithischen Höhlen Frankreichs und Spaniens gefundenen
Bildern, die also alle von demselben Volke herrühren.

— Aus Gsells Vorlesung »Histoire de l'Afrique du
Nord« sind einige treffende Sätze von Schulten wieder-
holt. »Nordafrikas Geschichte ist mehr die seiner
Eroberer als die der passiven eingeborenen Berber.
Es ist eher eine ethnographische wie geographische
Einheit. Karthago ist bis zum 5. Jahrhundert v. Chr.
eine reine See-Handelsstadt, erst dann erfolgt die Er-
oberung des Innern. Das römische Afrika ist keine
Einheit. Hauptgegenstand des Exports bildet nicht
Getreide, sondern Öl«. — Schulten verweist dann
ferner auf die zweite Auflage von R. Cagnats »L'Armee
Romaine d'Afrique« und des gleichen Autors Schrift
über den tripolitanischen Limes, dessen Erforschung
noch nicht abgeschlossen ist; aber die bisherigen Re-
sultate interessieren schon durch die Vergleiche mit
dem deutschen und britannischen Limes.

Größere Abschnitte sind dann namentlich Tunis
gewidmet, wobei zunächst die Resultate über die Topo-
graphie von Karthago, welche in Ulrich Kahrstedts
»Geschichte der Karthager von 218—146 v. Chr.«
enthalten sind, untersucht werden. Über die Größe
des Hafens, der trotz seiner 16 Hektaren großen Fläche
oftmals als nicht genügend angesehen wurde, ist Kahr-
stedt mit Schulten einverstanden und nimmt ihn auch
nicht größer an; haben doch Palermo und Venedig
ebenfalls keine größeren Häfen gehabt. Die Größe
der Stadt war etwa 150 ha, wovon 114 bebaut waren;
die Einwohnerzahl höchstens 130000. Besonders lobt
Schulten Kahrstedts Kapitel über Kultur, Handel und
Industrie der Hauptstadt, in Beziehung auf welche die
Funde mit absoluter Sicherheit ergeben, daß Karthago
nur in Gebiete, die noch unkultivierter waren, als es
selbst, also nach Afrika und Spanien, exportieren konnte.

— Gegenüber Carton, in dessen Studien über die
Häfen des punischen Karthago, ist die westliche Aus-
dehnung der Stadt nach Schulten durch die Nekro-
polen gegeben, so daß Scipios Lager vom See nicht
nördlich, sondern nordöstlich nach dem Meer etwa
nach Santa Monika zu liegt. Scipios »Diateichisma«
dürfte die Form eines flachen Bogens von 4600 m
Umfang gehabt haben.

Über die anderen libysch-phönizischen Städte der
nordafrikanischen Küste hat Kahrstedts Publikation er-
geben, daß man die gläubigen Vorstellungen von ihrer
Größe und Bedeutung stark reduzieren muß. Das
semitische Element hat nur sporadisch an der Ost-
küste gesessen und ist erst nach der Zerstörung Kar-
thagos ins Innere gedrungen. Das berühmte Mausoleum
von Thugga ist aber nach Schultens Ansicht vorrömisch.

Zu Sufetula (heute Sbeitla) wurden die drei
Tempel auf der Rückseite und das Monumentaltor auf
der Vorderseite des großen Platzes in maßvoller Weise
restauriert, so daß dieses Ensemble jetzt zu den schönsten
Ruinenstätten Nordafrikas gehört. Der Platz hat die
typische Anlage mit dem hier aus drei selbständigen
Tempeln bestehenden »Kapitol« auf der hinteren Seite
und den, die drei andern Seiten einnehmenden Por-
tiken und Tabernen. Er war also das Forum. — In
 
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