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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

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Nr. 45 (5. September 1919)
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Hagen, Oskar: Der historische Dürer: Betrachtungen zur Dritten Auflage von Wölfflin, die Kunst A. Dürers
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https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0462

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Der hiftoritche Dürer

Randen! Dazu iß der entfAfoßene SAritt Wöfßfins denn doch zu fehr aus
innerer Notwendigkeit und auf zu foiidem erkenntnistheoretifdiem Boden ge-
tan worden, a)s daß man ihn ungeßraß wieder zurü&tun dürfe. Sofern die
kunßgefAiAtfiAe Arbeit dem Leben und der kuftureffenBntwi&fung, nicht
aber ßA fefbß dienen foff, kann kaum ein Zweife! in der Frage beßehen,
ob Thaußngs »objektiver« und »voffftändiger« Wäfzer, oder Wöfßfins ge-
fenkig organißerte Dürergeßaftung grund!egend für die gefAiAtfiAe An-
fAauung der Zeit gewefen find. In dem Sinne, wie man das von der »Kunß
A. Dürers« fagen muß, iß Thaußngs BuA »überhaupt« nie der Dürer ge-
wefen,- »auch ein Dürer« aber ßnd fetzten Endes die Monographien von
Sandrart bis zu Wafdmann affe ohne Ausnahme gewefen, weif jede Zeit
und jeder Schrißßefter nur feinen, niAt jedoch Dürer afs Ding an ßA zu
erkennen fähig iß. Nur foffte man durch Wöfßfins entfchiedene BefAränkung
auf das, was ausßhfießfiA erkennbar am Ganzen iß, einfehen gefernt haben,
daß nicht nur der Meißer überhaupt, fondern in ganz befonderem Maße der
GefAiAtsinterpret ßch an ihr erweiß.
Gewiß faßt ßch ein »Dürer« denken und erhoffen, der das Materiaf naA
umfaßenderen Geßchtspunkten auswähfte, um die geißige Gefamtgeßaft des
Dürerinbegriffs unter neuen, der Zeit entfpreAenden Geßchtspunkten ßAtbar
werden und ßA anders afs bisher offenbaren zu faßen. Etwa fo, wie
die Einheit Goethes ßch uns in der großartigen Darßeffung Fr. Gundoifs neu
erfAfoßen hat. Das wird vermutfich von fefbß kommen, wenn die außer-
ordentfichen Erfchwerungen erß einma! überwunden ßnd, die ßdh heute noch
jedem derartigem Verfuch auf dem Gebiete der kunßhißorifAen Interpretation
in den Weg ßeffen müßten. Sofange es noch nicht mögfich iß, von der künß-
ferißhen Form mehr afs gerade die efementarßen bifdgrammatikafifchen Dinge
aufzuzeigen, kann natürlich weder den höheren geißigen Werten, die ein
Dürer ßdhtbar gemaAt hat, noA auA feinem menfAfiA-ßttfiAen Gefamtinhaft
Genüge gefAehen. Gundoff hätte feinen Goethe niAt geßhrieben, wenn die
Mehrzahf der Gebifdeten erß einmaf hätte fefen und Sätze konßruieren fernen
müffen.
Ob aber nun auf diefer oder jener Stufe gefArieben: es wird kein an-
derer Dürer febendige Hißorie, Wahrheit im Sinne mögfiAß objektiver Denk-
erkenntnis fein können, afs wenn er, fo wie Woffffins Dürer, »auA ein Dürer«
iß,- das Wort fo verßanden, wie der Autor fefbß urfprüngfiA von feiner
eignen Arbeit zur ünterßheidung von der »VoHßändigkeit« des ThaußngfAen
BuAs meinte. Auswahf naA Maßgabe der Aktuafität und der perföniiAen
Anteifnahme iß heute niAt mehr wegzudenken.
Darin fiegt es zufetzt auA begründet, daß — zwar niAt, wie Wöfßfin
 
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