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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

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Heft 24 (2. Septemberheft 1904)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0658

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Stühlchen von guter Ulmer Hafnerarbeit, grünverglaset. Das wollte dem
Gast außer Maßen gefallen; sie nannte es einen viel zierlichen Sitz, rümpft'
aber die Nase mit Eins, und da die drei Fraucn sich wandten zu lachen,
vermerkte sie etwas und fing auch hell zu lachen an, und hielt sich die
ehrliche Wirtin den Bauch, indem sie sprach: diesmal fürwahr hat es ge-
golten, und Gott schenk' Euch einen so frischen Buben, als mein Hans da ist!

Die Nacht darauf, daß sich dies zugetragen, legte sich die schöne Lau
getrost und wohlgcmut, wie schon in Jahren nicht, im Grund des Blau-
topfs nieder, schlief gleich ein, und bald erschien ihr ein närrischer Traum.

Jhr däuchte da, es war die Stunde nach Mittag, wo in der heißen
Jahreszeit die Leute auf der Wiese sind und mähen, die Mönche aber sich
in ihren kühlen Zellen eine Ruhe machen, daher es noch einmal so still
im ganzcn Kloster und rings um seine Mauern war. Es stund jedoch
nicht lange an, so kam der Abt herausspaziert und sah, ob nicht etwa die
Wirtin in ihrem Garten sei. Dieselbe aber saß als eine dicke Wasserfrau
nnt langcn Öaaren in dem Topf, allwo der Abt sie bald entdeckte, sie
begrüßte und ihr einen Kuß gab, so mächtig, daß es Vvm Klostcrtürmlein
widerschallte, und schallte es der Turm ans Rcfektorinm, das sagt' es der
Kirche und die sagt's dem Pferdstall und der sagt's dem Fischhaus und
das sagt's dem Waschhaus und im Waschhaus da riefen's die Zuber und
-Kübel sich zu. Der Abt erschrak bei solchem Lärm; ihm war, wie er sich
nach der Wirtin bückte, sein Käpplein in Blantopf gefallen, sie gab es ihm
geschwind, und er watschelte hurtig davon.

Da aber kam aus dem Kloster herans unser Herrgott, zu sehn, was
es gebe. Er hatte einen langen weißen Bart und einen roten Rock. Und
srug den Abt, der ihm just in die Hände lief:

Hcrr Abt, wie ward Luer Ääpplcin so naß?

And er antwortete:

Ls ist mir cin Mldschwcin ain Ivald verkoimnen,
vor dem bab' ich Rcißaus gcnommcn;

Ich rannte sebr und schwitzct' baß,

Davon ward wobl mein Käpplcin so naß.

Da hob unser Herrgott, unwirs ob der Lüge, seinen Finger auf,
Ninkt' ihm und ging voran, dem Kloster zu. Der Abt sah hchlings noch
einmal nach der Frau Wirtin um, und diese rief: ach liebe Zeit, ach liebe
Zeit, jetzt kommt der gut alt Herr in die Prison!

Dics war der schönen Lau ihr Traum. Sie wnßte aber beim Er-
wachen und spürte noch an ihrem Herzen, daß sie im Schlaf sehr lachte,
vnd ihr hüpftc noch wachend die Brust, daß der Blautops oben Ringlein schlug.

Weil es den Tag zuvor sehr schwül gewesen, so blitzte es jetzt in dcr
Nacht. Der Schein erhellte den Blautopf ganz, auch spürte sie am Boden,
^s donnere weitweg. So blieb sie mit zufriedencm Gemüte noch eine Weile
Vuhen, den Kops in ihre Hand gestützt, nnd sah dem Wcttcrblicken zu. Nun
sticg sie auf, zu wissen, ob der Morgen etwa komme: allcin cs lvar noch
nicht viel übcr Mittcrnacht. Der Mond stand glatt und schön über dem
Nnsenschloß, die Lüfte abcr waren voll vom Würzgcruch der Mahdcn.

-- 2cptembcrheft tdOH

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