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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 1
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Koch, Günther: Die Schabkunst in England bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0049

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Rupprecht von der Pfalz.
A. Blooteling fec. Is. Lloyd exc.
Smith q. Wessely 41.
Sehr seltenes Schabkunst-Portrait.

Von einem Dilettanten erfunden, als grosses
Mysterium ängstlich geheim gehalten und in Künstler-
kreisen nur hie und da durch Zufall bekannt gewor-
den, gelangte die Schabkunst oder die schwarze Manier
nach England und traf hier Verhältnisse, die sie bald
zur herrlichsten Blüte und dauernder Herrschaft ge-
langen liessen. Ignoranz oder lächerliche Anmassung
ist es freilich, wenn die Encyclopaedia Britannica von
1835 sagt: »This art has never been cultivated with suc-
cess in any country but in England« — Tatsache da-
gegen, dass die neue Manier eine wirklich künstlerische
und technische Vollendung erst in England erhielt
und hier zur nationalen Kunst wurde. Wie z. B.
Deutschland das Geburtsland und die Wiegenstätte
der Buchdruckerkunst nur werden konnte, da in Mainz
und den zahlreichen alten Städten der gesegneten
oberrheinischen Tiefebene eine Kultur herrschte und
geistige Bedürfnisse zutage traten, die in ihrer Weise
viele andere Länder Europas überragten1), so konnte
auch nur das England des ausgehenden 17. und des
18. Jahrhunderts das Milieu abgeben, aus dem heraus
•) Vgl. die trefflichen Ausführungen Otto Hartwigs in der Festschrift
der Stadt Mainz zum 500jährigen Geburtstag Gutenbergs. (Leipzig 1900.)

die Schwarzkunst sich zu jener höchsten Verfeinerung
entwickelte. Vergegenwärtigen wir uns zunächst den
Zustand englischen Kulturlebens zur Zeit der Auf-
nahme der neuen Erfindung: überall tritt uns das
Bild individuellsten Strebens und regen Fleisses, glück-
lichsten Fortschrittes und wachsenden Wohlstandes
entgegen. In den langen Kämpfen, die schliesslich
zur grossen Revolution und dem Protectorate Crom-
wells geführt hatten, war dem Volke nicht nur das
Bewusstsein seiner Kraft gekommen, sondern auch
seine Eigenart gestählt worden, ja man kann sagen,
dass es aus allen Erregungen und trüben Erfahrungen
mit einem so selbständigen Empfinden und reichem
Innenleben hervorgegangen war, dass man von einer
Renaissance des altsächsischen Volkscharakters sprechen
könnte. Aus diesem Bewusstsein der eigenen Macht
erklärt es sich auch, dass das Volk die Restauration
der Stuarts ruhig geschehen liess und sich mit einer
passiven Opposition begnügte, als Karl II. nur zu
bald zeigte, dass er in Hang zum Absolutismus, Hin-
neigung zum Katholicismus, in Prachtaufwand, Ueppig-
keit, Schwelgerei und Maitressenwirtschaft ein ebenso
echter Stuart, als eifriger Nachahmer französischer
 
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