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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 3
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Stettner, Thomas: Das Münchner Künstlerfest von 1840: Eugen Neureuther. Gottfried Keller
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0166

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142

Dort reihte sich Tafel an Tafel. Chöre, Schwänke,
Narreteien kürzten in buntem Wechsel die Zeit; nach
dem Mahle ging das Fest in einen Tanz über — als
die Morgensonne durch die Fenster des Saales schien,
mahnten die Sprecher, den Mummenschanz zu beschliessen.
Der Eindruck des ganzen Festes war ein gewaltiger;
das war kein Maskenzug, es war ein historisches Ge-

durch die lange Reihe von Pechflammen und Fackeln,
diesmal bei klarem Nachthimmel, aus dem Theater ins
Odeon zog. Scherzhafte Aufführungen und Tanz füllten
die Zeit. Die Sonne stand schon hoch, als der Rest
des Zuges nach dem »Englischen Cafe« zog — das
helle Morgenlicht umstrahlte die Pracht der Costüme.
Dann ging’s zu Wagen und zu Fuss nach der Menter-


Mit Genehmigung des Albrecht-Dürer-Vereins zu Nürnberg reproduciert.

mälde, die Verkörperung einer grossen vorbildlichen
Zeit. Die Blätter brachten begeisterte Berichte, künst-
lerische und historische Betrachtungen wurden daran
geknüpft, ein Feld im Aussenschmuck der neuen Pinako-
thek wurde der Darstellung des Festes gewidmet, kurz:
das Schauspiel war zu einem Ereignis geworden.
Am 2. März musste, da Bitten und Drängen darum
nicht nachliess, der Maskenzug wiederholt werden. Es
war ein überwältigender Anblick, als er in seinen
leuchtenden Gewändern und schimmernden Gewaffen

schwaig*) und auch die zweite Morgensonne traf noch
nicht alle als Schlafende.
Das gütige Geschick hat aber auch dafür gesorgt,
dass ein Nachhall der Festfreude und -Schönheit der
Nachwelt erhalten blieb, indem es den Meister, der
den bunten Reichtum all der schönen Bilder wie kein

*) Wie es aber denen ging, die zur Arbeit zurückzukehren suchten,
zeigt uns die unten wiedergegebene köstliche Radierung Neureuthers,
den Maler Emil Richter darstellend, wie er, von Traumgebilden um-
schwebt, vor der Staffelei sitzt.
 
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