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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 11
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Haenel, Erich: Internationale Kunstausstellung Dresden 1901, 2
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453

Künstlers kann nur „Der Himmel im Teich“ voll
befriedigen. Gänzlich missglückt erscheint Bachers
„Quo vadis?“, das auf Klingersche Anregungen
zurückgeht; in der Farbenwahl , sicher aber
nicht in der Zeichnung sorgfältig und geschmack-
voll ist Knirrs Damenbildnis. Andri’s kräftige
Pastelle, die im Sinne der Münchener Jugend-
Künstler den Reiz der Scholle und ihrer bäuer-
lichen Bewohner illustrieren, Orliks stets aparte
Zeichnungen, die Landschaften von Siegmund und
Nowack verdienen warme Anerkennung. Karl
Molls Innenraumbilder kann man sogar zu den
feinsten Werken ihrer Art in der ganzen Aus-
stellung zählen. Wilhelm List verkündigt sein Pro-
gramm auf dem Rahmen seines Gemäldes: „Thema
in Weiss“ in der That und mit vollem Gelingen
angeschlagen; die sonnenflimmernde Landschaft ist
mit den einfachsten Mitteln verständlich gemacht.
Die beiden Aquarelle von Alt sind für einen
88-Jährigen von erstaunlicher Feinheit und Frische.
Und jetzt zum Schluss die Unseren. Könnten
wir beweisen, dass wir damit das Beste bis zuletzt
aufgehoben haben, so wäre uns das sehr lieb,
aber die Kritik schädigt sich selbst, die nur mit
Censuren daherkommt und den Betrachter mit
einem Scheffelsack von Namen überschüttet, die
im besten Falle Erinnerungsbilder mehr oder min-
der lebhafter Natur erzeugt, meistens aber nur
wirkt wie Davids des Lehrbuben, Schulgelehrsam-
keit auf Walter Stolzings gequältes Hirn. Und
doch bleibt uns schliesslich nichts anderes übrig,
als eine Präsenzliste mit Randnoten zu liefern —
wie es ja bei dieser, den Verhältnissen nach im
Umfang begrenzten Uebersicht zur Notwendigkeit
wird. Dem Kundigen genügt auch eine Andeutung,
und wer von den Künstlern seinen Namen unter
Wenigen genannt findet, mag’s darum doppelt hoch
bewerten. Die Berliner können sich diesmal wohl
sehen lassen. Von der alten Garde erschienen
H. Vogel, mit dem als Farbenidee wertvollen
Doppelbildnis der alten Ente und Karl Becker
in ihren akademischen Purpurmänteln, Lepsius,
Anton v. Werner, — nicht viel schlechter als sonst
— Graf Harrach, der eine merkwürdig ungleiche
Landschaft, „Christus klagend über Jerusalem“,
sandte, Skarbina, der immer reifer schaffende
Leistikow und der immer unwahrer werdende
Bracht. Dettmann malt die untergehende Sonne
mit fabelhafter Leuchtkraft, Arthur Kampf die Ar-
beiter in einem Walzwerk vorzüglich, wie immer.
Unter den Landschaftern geben wir Kayser-Eich-
berg, Freudemann’s feingestimmter „Dämmerung“
und Lejeune’s urwüchsigem „Thauwetter“ die
Palme. Martin Brandenburg erreicht in dem
„Waldesschauer“ in jeder Hinsicht einen Grad der
Vollendung, der uns die zukünftige Entwicklung
dieses eigenartigen Talentes nunmehr gesichert
erscheinen lässt. In Dresden findet die Landschaft
immer noch besondere Pflege. Bantzer, dem man
da viel verdankt, ist diesmal nicht ganz glücklich,
die „Mutter mit Kind“ ist, obwohl liebevoll gemalt,
nicht über das Modell hinausgekommen. Ihm
nahe steht, in der Darstellung sonniger Frühlings-
auen immer geschätzt, W. Ritter. Kräftige Töne

finden Otto Fischer, Besig und Adolf Fischer-Gurig.
Bei Rossow drängt sich der Gedanke an Carlos
Grethe leider zu stark auf, Pepino ist an dem
Vorwurf „Sündenfall“ fast vollkommen gescheitert.
Paul Herrmann, Pötzsch, Pietschmann sind gut,
Lührig vorzüglich vertreten. Graf Reichenbachs
wunderschönes Stück Frühling, „Mein Haus in
Wachwitz“ hat zu Aller Freude einen Platz in der
Gallerie gefunden. An die Karlsruher kann man
stets den höchsten Massstab anlegen. Künstler
wie Volkmann, Schönleber und Kallmorgen, um
nur drei der allerersten zu nennen, müssten ganz
Deutschlands Stolz sein. Wer ein schlichtes Land-
schaftsmotiv so gross und innig zugleich zu schil-
dern weiss, wie Volkmann die „Sommerlichen
Fluren“, der hat wahrlich den Besten seiner Zeit
genug gethan. Reiniger, Biese, Conz, mit beson-
derem Gelingen, Kampmann reihen sich jenen
Grossen an. Weishaupts klassisches „Rindvieh“
ist von einer unverwüstlichen Lebenskraft. Was
jetzt das künstlerische Lebensblut Stuttgarts aus-
macht, ist auch zum grössten Teil von Karlsruhe
zugeflossen. An Kalkreuth können uns auch die
etwas manieriert-hässlichen Figurenstudien, die ihm
auszustellen beliebte, nicht irre machen. Robert
Haug zeigt uns sein „Liebespaar“ mit der ihm
eigenen zärtlich-scheuen Empfindsamkeit, Carlos
Grethe, ein Stück Hafen, allerdings ohne sein
bedeutendes Können ganz verstehen zu lassen.
Aus Weimar kamen Bernhard Bock, B. P. Förster,
der Altmeister Hagen, der aber rüstig mit den
Jungen geht, und Olbricht. Gleichen-Russwurms
schöne Bilder ziert nun auch der Cypressenkranz.
Düsseldorf ist durch Eugen Kampf, den Land-
schafter, die beiden Sohn-Rethel, H. Herrmanns,
der nicht nur im Namen dem Berliner H. Herr-
mann ähnelt, Liesegang und Dirks gut vertreten.
Von den Worpswedern kommen keine Ueberrasch-
ungen mehr: sie haben ihre Schuldigkeit ge-
than, die deutsche Landschaftsmalerei weiss es ihnen
Dank. Bleibt nur noch München, und damit in
der That vom Guten das Beste. Man möge das
Selbstlob verzeihen; es ist ja wirklich nicht der
Glaspalast, den wir durchschritten haben. Wenn
wir aber gar R. Schuster-Woldan an erster Stelle
nennen, so bedarf das der Rechtfertigung. Gut denn:
das Bild mit dem Horaz-Citat als Titel ist als de-
korative Leinwand unstreitig das eigenartigste,
lebensvollste, farbenfroheste der ganzen Gruppe.
Dass Tizian wie die Florentiner dabei Gevatter
gestanden haben, drückt seine eminenten kolo-
ristischen Qualitäten ja nicht herab. Wir freuen
uns, dass man heute wieder den Mut hat, die reine
sinnliche Schönheit an Fleisch, Gold und Seide um
ihrer selbst willen zu malen. Dass R. Schuster-
Woldan auch das erforderliche Können dazu be-
sitzt, das eben scheint er mit diesem Bilde end-
gültig bewiesen zu haben. Neben ihm schwang
sich Carl Bios, mit weit intimer wirkenden In-
terieurs, weit über alles früher Geleistete empor,
bis zur wirklich verdienten ersten Medaille. In
langem Zuge folgen Uhde (Ruhepause im Atelier),
Herterich, Jank, Habermann, Höcker, Hegenbarth.
Unter den Landschaftern verdienen Benno Becker,
 
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