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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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Nr. 11
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Haenel, Erich: Internationale Kunstausstellung Dresden 1901, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0489

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454

Baer, R. Frank, Rabending, Crodel, besonders auch
Franz Hoch Anerkennung. Grassels wundervolle
Enten, H. v. Heydens und Schramm-Zittaus leiden-
schaftliches Federvieh, Bildnisse von Hierl-Deronco,
Marr und Thor, der in der Sicherheit der Ton-
gebung uns jetzt Trübner fast zu übertreffen
scheint, endlich Kunz Meyers technisch reizvoller
Jünglingskopf seien aus der Menge herausgegriffen.
Ueber Slevogts „Verlorenen Sohn“ regen sich jetzt
die Dresdner umsomehr auf, als er die „Grosse
Goldene“ bekam. Die macht das seltsam rohe
Bild zwar nicht besser, aber sie sei ihm um des
Aufsehens willen, das dieser verkommene Idiot
mit den Glotzaugen machte, doch gegönnt. „Wenn
sich der Most auch ganz absurd gebärdet“, —
hoffen wir, dass Goethe wieder einmal Recht behält.
Und damit wären wir am Ende. Denn die
höchst sehenswerte graphische Abteilung, die
Zimmereinrichtungen und das Kunstgewerbe, das
sogar moderne Damenkleider bringt, müssen wir
uns leider schenken. Ob man dereinst von dieser,
wie viele sagen, besten deutschen Kunstausstellung

an der Schwelle des 20. Jahrhunderts eine Epoche
rechnen wird? Zu jedes datenfrohen Chronisten
Schmerz geht aber die Kunst nicht so ruckweise
mit den Lustren und Dezennien vorwärts, wie es
im Interesse praktisch in die Schubfächer regel-
rechter Chronologie eingezwängter Weltgeschichte
erwünscht wäre. Und so müssen auch wir uns
damit bescheiden, die Dresdner Ausstellung als
Kinder der geniessensfrohen Gegenwart zu nehmen.
Ich meine, es wäre mehr als ein Verbrechen gegen
den geduldigen Leser, wollten wir jetzt mit dem
schwerenGeschütz allgemeiner kunstphilosophischer,
-geschichtlicher und -ästhetischer Betrachtungen
anrücken, wollten wir zu beweisen streben, dass
selbst das, was als Erzeugnis eines momentanen
seelischen Reflexes entstand, sub specie aeterni-
tatis betrachtet werden müsse, und so cum gracia
weiter. Die sachte Hoffnung, dass wir endlich
aus dem leidigen Uebergang heraus und im
richtigen Fahrwasser sind, wird aber, das fühlen
wir, nach der Dresdner Ausstellung bald zur
starken, stolzen Ueberzeugung werden.
 
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