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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 2
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Struck, Hugo: Die Geheimnisse der alten Meister, [2]
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Malgrund von G. Bakenhus
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0010

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 2.

zu zeichnen, wie es heute auf alien Hoch- und
Malschulen Brauch ist.
Gleichzeitig mit der Hilfstätigkeit an den
Werken ihrer Meister wurden sie dann in die
Geheimnisse der Physiologie und Optik einge-
weiht und so von Anfang an auf den richtigen
Weg geführt. So nur war es möglich, dass ein
Raffael, und wenn er noch so begabt war, mit
18 Jahren bereits als grosser Meister hervor-
treten konnte.
Alle diese handwerklichen Verrichtungen, die
ich hier soeben aufgezählt, habe ich mir in etwa
achtjähriger angestrengter Tätigkeit angeeignet,
und nur so war ich imstande, diese Kopien und
Originale in eigener Art herzustellen. Mit fertig
gekauften Tubenfarben ist das nicht zu machen.
Was die grosse Mehrzahl der Maler und
Kunstgelehrten heutzutage an den Bildern der
alten Meister für Temperamalerei halten, ist eben
nur einfache Oelfarbenmalerei, aber mit Oelfarben,
die ein ganz anderes Aussehen durch ihre eigen-
artige Herstellung erhalten, als sie von einem
Fabrikanten, der in erster Linie besorgt sein
muss, dass ihm seine Tubenfüllungen nicht ein-
trocknen, jemals hergestellt werden können.
An solchen Werken ist die Gefahr eines
Vermögensverlustes so gut wie ausgeschlossen.
So hergestellt, sind sie ebenso unvergänglich
wie die Bilder der alten Meister und werden
einst ebenso wie diese mit Zins und Zinseszins
bezahlt werden. Alles, was Menschenwitz und
weise Voraussicht nur irgend hat tun können,
ist geschehen, um einem Verderb vorzubeugen.
Doch auch die Optik musste beim Malen
selbst herangezogen werden, damit mit den so
mühevoll gewonnenen Farben und Firnispräpa-
raten keine Fehler gemacht wurden, die trotz-
dem noch die Solidität des ganzen Werkes wie-
der in Frage stellen konnten. Erstens war der
Maler durch die Durchsichtigkeitsbedingungen
der Optik gezwungen, seine Farben stets dünn
wie einen Hauch aufzutragen, Dann trocknen sie
verhältnismässig in kurzer Zeit durch und durch
gut auf, so dass sich nicht erst viel Staub in die
feuchte Farbe festsetzen kann. Ausserdem er-
halten sie eine glatte Oberfläche, so dass auch
nach dem Auftrocknen sich nicht viel Staub und
Schmutz auf der Oberfläche anhängen kann.
Zweitens aber, damit das Licht durch die
Farbschicht leicht hindurchfluten kann, erfordert
die optische Malweise einen stark lichtreflektie-
renden schneeweissen Grund, der die Lichtstrahlen
wieder zurückwirft. Dieses Hineindringen und
wieder Zurückgeworfenwerden der Lichtstrahlen
übt auf die Farben einen sehr konservierenden
Einfluss aus, so dass sie niemals stark nachdunkeln
können. Wir wissen ja, dass ein jedes Oelbild
im Dunkeln nachdunkelt und im Hellen wieder
heller wird.

Eines aber setzt die Herstellung schon allein
des weissen Grundes, geschweige denn die ganze
Malart der alten Meister unerbittlich voraus: eine
möglichst gründliche, eigene Anreibung der Far-
ben, sowie eine genaue Kenntnis der heutigen
besten solidesten Farbenpigmente; das ist die
Farbe im unverriebenen Zustand.
(Schluss folgt.)
Malgrund von G. Bakenhus.*)
Das erste Erfordernis der guten Erhaltung eines
Oelgemäldes ist ein solider Malgrund. Sobald dieser
nicht mit der nötigen Sorgfalt ausgewählt oder prä-
pariert wird, ist alle übrige Mühe umsonst; man mag
die besten Farben verwenden und noch so sorg-
fältig arbeiten, über kurz oder lang geht das Bild
zu Grunde. Woran liegt es nun wohl, dass viele
alte Bilder so tadellos erhalten sind? In erster Linie
daran, dass die alten Meister ihre grösste Sorgfalt
auf die Präparation des Grundes und der Farben
verwandten. Absolut haltbare Farbe gibt es über-
haupt nicht. Mögen auch noch so viele die voll-
kommene Unveränderlichkeit ihrer Farben anpreisen,
so wie am ersten Tage nach seiner Herstellung
sieht nach langen Jahren kein Bild mehr aus, mag
es sonst auch noch so gut erhalten sein.
Sind nun alle alten Bilder gut erhalten? Keines-
wegs, zur weitaus grossen Mehrzahl nicht! Abge-
sehen davon, dass einige total zerstört, sind viele
so durch Risse, Nachdunkeln, Verblassen etc. ent-
stellt, dass man sich von dem ursprünglichen Zu-
stand schwer einen Begriff machen kann. Welches
sind nun wohl die Ursachen in erster Linie dieses
Reissens? Ich will einen Versuch machen, dieses
in kurzem zu erklären. Erstens: Wenn eine Lein-
wand nicht gut ausgewalkt oder von minderwertiger
Qualität ist, so ist eine Ausdehnung späterhin un-
vermeidlich; da nun aber die hartgetrockneten Far-
ben diese Ausdehnung nicht mitmachen können,
müssen Risse und Sprünge entstehen. Man sollte
also in erster Linie darnach trachten, nur das beste
Leinwandmaterial aus reinem Hanf oder
Flachs zu bekommen, alle kurzhaarigen Gewebe,
wie Baumwolle u. dergl., sind streng zu vermeiden.
Eine zweite Ursache des Reissens ist ein zu
dicker, spröder Grund. Ist die Leinwand überhaupt
nicht grundiert, so wird sie in kurzem mürbe wie
Zunder, da das Oel seine schädliche Einwirkung
auf die Fasern ausübt.
Einen guten Malgrund stellt man sich folgender-
massen her:

*) Einer Anregung aus unserem Leserkreise folgend,
bringen wir den Artikel über Leinwandgrundierung, auf den
Herr Bakenhus (s. vor. Jahrg., Nr. 22, S. S7) Bezug genommen
hat, hier zum Abdruck. Dies geschieht auch aus dem Grunde,
weil seit dem ersten Abdrucke (111. Jahrg., Heft 47) die Abon-
nentenzahl der Zeitschrift auf mehr als das vierfache gestiegen
ist, die wenigsten Leser demnach von dem Artikel Kenntnis
haben dürften.
 
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