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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 11
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Ostwald, W.: Gemälde unter dem Mikroskop
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Berger, Ernst: Die Abteilung "Maltechnik" des Deutschen Museums in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0046

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42

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr.

Jahren von einem inzwischen verstorbenen Ver-
wandten gemalt worden war. Er war ein spar-
samer und ordnungsliebender Mann gewesen und
hatte sein Kunstwerk auf einem Zigarrenkisten-
brettchen hergestellt, das freilich inzwischen ge-
sprungen war. Ein Splitter dieses Bildes, viel-
leicht nicht breiter als ein Millimeter, wurde vom
Kollegen Pfeffer kunstgemäss mit dem Rasiermesser
in dünne Querschnitte zerlegt und diese mit blossem
Auge nur eben sichtbaren Spänchen auf dem Ob-
jektträger mit einem Tröpfchen Wasser bedeckt
und unter das Mikroskop gebracht. Ich will ein-
schalten, dass anfangs die Oelfarbeschicht unter
dem Messer splitterte, dass aber Kollege Pfeffer
durch einiges Verweilen der Schicht im Dampf
von Alkohol die für das Schneiden erforderliche
Geschmeidigkeit herzustellen wusste.
Bei der Betrachtung erwies es sich bald,
dass mit dem gewöhnlich angewendeten durch-
fallenden Licht bei weitem nicht so viel zu sehen
war als mit auffallendem. Die erforderlichen Ein-
richtungen, die jedem Mikroskopiker bekannt sind,
können hier natürlich nicht beschrieben werden.
An dem Spänchen war alsbald folgendes zu sehen:
auf das Brett hatte der Künstler zunächst eine
weisse Grundierung aufgebracht und auf diese
nach dem Trocknen noch einen zweiten Ueberzug
der gleichen Masse (Kreide und Leim, wie sich
später erwies). Denn der weisse Ueberzug bestand
deutlich aus zwei Schichten, zwischen denen dunkle
Staubkörner, die sich beim Trocknen daraufge-
lagert hatten, erkennbar waren. Darüber befand
sich eine rote Schicht, die als Mennige in Oel
erkannt wurde. Hierüber hatte der sorgfältige
Mann noch einen durchsichtigen Firnis (vermutlich
Dammarlack) gebracht, darauf eine weitere Schicht
weissen Malgrundes und endlich die Farben seines
Gemäldes. Dieses stellt eine nächtliche Landschaft
dar; zu der dunkel-blaugrauen Farbe des Himmels,
von dem der Splitter herrührte, war neben Elfen-
bein- oder Rebschwarz als blaue Farbe Kobalt
und nicht etwa Ultramarin, Indigo oder Preussisch-
blau verwendet worden. Denn die grossen blauen
Trümmer des Kobaltglases, aus denen diese Farbe
besteht, lassen sich auf den ersten Blick von den
rundlichen Körnern des Ultramarins, der fast
homogenen Erscheinung des Preussischblau und
den charakteristischen Formen des Indigo unter-
scheiden.
Alles dies ergab sich teils aus dem unmittel-
baren Anblick, teils aus einigen einfachen chemi-
schen Reaktionen, die der Kundige sofort wissen
wird, während dem Laien die Beschreibung nichts
nützen könnte; ich lasse sie also beiseite. Die
ganze Untersuchung war in etwa einer Viertel-
stunde erledigt.
Ganz ähnlich waren die Ergebnisse, die ich
bei der Bearbeitung einiger anderer Oelbilder, wie
ich sie gerade zur Hand hatte, erhielt. So trat

an einem anderen, auf käuflicher Malerleinwand
hergestellten Bild im mikroskopischen Querschnitt
zutage, dass die Leinwand erst einen wasser-
festen Anstrich (Leinölfirnis mit etwas brauner
Farbe, die Eisenoxyd war) und darauf einen Kreide-
leimgrund erhalten hatte. Darauf befand sich die
eigentliche Bildschicht, und der darübergelegte
Ueberzug von Firnis, der an dem etwa fünfund-
zwanzig Jahre alten Bild sich so getrübt hatte,
dass er kaum mehr zu erkennen war, liess sich
unter dem Mikroskop als glasklare Schicht deut-
lich sehen. Nicht weniger konnte ich bei einigen
auf Papier gemalten Oelskizzen die dünne Leim-
schicht, die auf das Papier gebracht worden war,
um das Einsinken des Oels zu verhindern, als-
bald erkennen, und trotz der Dünne des Farben-
auftrags, der an vielen Stellen noch den Unter-
grund durchscheinen liess, waren die Körnchen
der benutzten Farben .sichtbar. (Schluss folgt.)
Die Abteilung „Maltechnik" des
Deutschen Museums in München.
Von Ernst Berger.
Im Frühjahr vorigen Jahres ist von der Leitung
des neu gegründeten „Deutschen Museums für die
Meisterwerke der Wissenschaft und Technik" an
mich die Anfrage gelangt, ob ich die Ausgestal-
tung der Abteilung „Malen", die sich an die
Gruppe für Schreiben, Zeichnen einerseits und die
graphischen Techniken andererseits anschliessen
sollte, übernehmen wolle. Ich muss gestehen,
dass ich mir anfangs die „Technik des Malens"
in dem Rahmen eines Museums nicht recht vor-
stellen konnte, das alle industriellen Gebiete um-
fassen, Maschinen für Dampf- und elektrische
Betriebe in ihren Stadien vorführen und eine
Sammlung von physikalischen Instrumenten aller
Art beherbergen sollte.
Um die „Technik des Malens" in ihren Ent-
wicklungsstadien zu zeigen, sind ausgeführte Bilder
nötig und eine Reihe von solchen aufzustellen,
würde eigentlich zu nichts anderem führen als zu
einer Kunstausstellung.
Bei dem Technischen der Malkunst ist es
auch ganz erheblich anders als z. B. bei der musi-
kalischen Technik, die eventuell zum Vergleich
herangezogen werden könnte. Diese ist im Museum
durch Aufstellung aller Arten von Blas-, Streich-
und Tastinstrumenten in ihren Entwicklungsstadien
zur Anschauung gebracht, d. h. es sind Instru-
menteda,mitderenHilfe Musik gemachtwerden
kann. Dementsprechend wären für „Malerei" nur
die Instrumente, deren sich die Maler in verschie-
denen Epochen bedienten, also Pinsel, Paletten,
Farbschalen und Farben nebst den einzelnen Unter-
lagen (Holztafeln, Pergament, Leinwand usw.) für
das Museum geeignete Gegenstände gewesen.
 
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