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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 15
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Berger, Ernst: Neue Malerfarben, [7]: III. Gundermanns Tempera- und Rubensfarben
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Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0064

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6o

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 15.

schäftigung mit den Gundermannschen Farben und
die Erkenntnis des Prinzips, nach denen sie ver-
mutlich zusammengesetzt sind: Ich hatte deren
Eigenschaften gründlich studiert und sie demnach
ganz in meiner Gewalt. Wollte ich an einer Stelle
länger malen oder Details anbringen, dann rieb
ich sie mit einem langsam trocknenden Oel oder
Kopaivabalsam ein, und malte auf dem so an-
gefeuchteten Grund weiter. Denn eines ist bei
Gundermanns Technik recht misslich, nämlich das
ungemein schnelle Trocknen der Farben auf dem
Bilde. Das erfordert mitunter allzureichliche An-
wendung des Verdünnungsmittels und die Folge
davon ist, dass die Konsistenz des Farbenkörpers
verringert wird; alle Farben bekommen dadurch
etwas Durchsichtigeres, das ihnen den Charakter
der Lasurfarbe gibt.
Das schnelle Trocknen bedingt aber auch
eine Virtuosität der Technik und absolute Sicher-
heit des Zeichnens; denn während die Töne auf
der Palette „gesucht" werden, ist die Anlage auf
dem Bilde bereits trocken. Hierdurch begreift
sich auch das Entzücken von seiten Prof. v. Her-
komers, der in seiner Malart eine souveräne
Beherrschung des Zeichnerischen zeigt, wie nicht
viele Porträtmaler der Jetztzeit. Das schnelle
Auftrocknen der Anlage gestattet ihm fast un-
mittelbar darauf zu lasieren und mit kecken
Pinselstrichen Lichter aufzusetzen, eine Technik,
die sich nur ein Meister erlauben kann.
Noch ein zweiter Umstand ist für den hinderlich,
der in Etappen zu arbeiten genötigt ist: Bevor
die Farbschicht irreversibel, d. h. unlöslich ge-
worden ist, löst sie sich leicht auf, wenn sie mit
dem Bindemittel oder dem Zwischenfirnis (Spiritus-
Arnis) übergangen wird. Man tut gut, einige Zeit
zwischen der ersten Anlage und den weiteren
Schichten verstreichen zu lassen, wenn man nicht,
wie es wohl Herkomer getan haben wird, alla
prima malt oder so schnell lasiert, dass die Unter-
schicht kaum Zeit hat, sich aufzulösen.
Die Gundermannsche Farbe scheint vor allem
für Dünnmalen und die Lasurtechnik geschaffen
zu sein.
Die „Maltechnischen Winke für Rubensfarbe II"
des Prospektes enthalten folgende Bemerkungen:
„Als Grund eignet sich am besten ein schwach-
saugender, sogenannter Halbkreidegrund.
Bei der Anlage, bezw. Untermalung verdünnt man
die Farbe nach Bedarf mit rektifiziertem Terpentinöl
als Malmittel. Je weniger man von diesem verwendet,
um so zäher und lockerer streicht sich die Farbe und
ermöglicht so den mehr oder weniger pastosen Auf-
trag. Um die ganze Klarheit und Leuchtkraft der Farbe
auszunützen ist es angezeigt, die Untermalung so hell
als möglich zu halten, diese leuchtet dann durch
Lasuren und Uebermalungen hindurch. Ist die Unter-
malung beendet, firnisst man dieselbe mit dem zu-
gehörigen Firnis, indem man mit einem breiten Haar-
pinsel (nicht Borstenpinsel) den Firnis mit weichen
Strichen nach einer Richtung aufträgt. Hin- und Her-
reiben ist zu vermeiden. Es kommt vor, dass nach

dem Firnissen sich grauweisse Flecken bilden, welche
den Künstlern nicht geringen Schrecken einjagen; die-
selben verschwinden wieder, wenn man diese Stellen
mit 96% Alkohol oder wieder mit Firnis überstreicht.
Die Ursache dieser Erscheinung ist: Die Farbe war
noch zu feucht, als gefirnisst wurde. Auf dieser ge-
firnissten Untermalung kann nun gleich weitergearbeitet
werden, entweder lasierend oder deckend. Je dünner
von nun an die Farbe augewendet wird, um so schönere
und reizvollere Variationen erhält man. Mit Lasuren
kann man nun sehr rasch die Untermalung in die Ton-
stärke stimmen, die man erreichen will, auch hat die
Farbe die Eigenschaft, dass bei Anwendung warmer
Lasuren nie ein sogenannter branstiger Ton entsteht.
Uebermalt man nun die Lasuren mit Deckfarbe, so
entsteht ein Spiel von kälteren und wärmeren Tönen in
den zartesten Nuancen mit Leichtigkeit, die denjenigen,
der bisher mit Oelfarben arbeitete, überrascht. Jeder
Künstler wird nach einigen Versuchen zu der Ueber-
zeugung gelangen, dass er nicht nur leuchtender wie
mit Oel malen kann, sondern auch ungleich rascher
vorwärts kommt. Wünscht man die Uebermalung länger
feucht zu erhalten, so verwende man das beigegebene
Mahnittel. Dieses Malmittel ist in jedem Verhältnis
mit Terpentinöl mischbar, so dass man auf diese Weise
jeden Grad des Nassbleibens erreichen kann. Ebenso
kann man eingeschlagene oder getrocknete Stellen mit
Malmittel wieder einreiben und im Nassen dann weiter-
malen. Das Einreiben soll vorsichtig mit dem Finger
geschehen, weil das Malmittel die Farbe leicht auflöst.
Nach Trocknen der Uebermalung firnisst man wieder
in oben beschriebener Art und kann auf diese Weise
das Bild schichtenweise fertig malen. Das Firnissen
darf ohne Schaden beliebig oft vorgenommen werden.
Als Schlussfirnis kann jeder gute Firnis Verwendung
finden. Als Palette verwende man die im Handel be-
Andlichen Temperapaletten und netze die Farbenreste
sobald sie trocknen mit einigen Tropfen Terpentinöl."
Bei der Temperafarbe I ist die Gefahr des
Auflösens der unteren Schichten geringer, wenn
auch nicht ganz ausgeschlossen. Sobald aber der
ZwischenArnis trocken ist, kann man in kurzer
Zeit übermalen, ohne einen Schaden für die Unter-
malung. Dass durch mehrfaches Wiederholen
dieses Vorgehens Spannungen eintreten können,
halte ich wohl nicht für unmöglich, konnte jedoch
bisher derartiges nicht beobachten. Die Gefahr
ist für feste Unterlagen (Holz, Pappe) jedenfalls
eine geringere. Soweit meine Beobachtungen
reichen, konnte ich Veränderungen im Farbenton
bis jetzt nicht konstatieren. E. B.

Anfragen und Beantwortungen.
Herrn E. W. in Erpolzheim. — Ihre Anfrage:
„Welches Mittel empfiehlt die .Werkstatt der Kunst'
zum Reinigen alter Oelbilder und zum Entfernen von
Firnis!"' ist zu allgemein gehalten, um sie zu beant-
worten. Es kommt dabei zunächst darauf an, aus
welcher Zeit die Oelbilder sind und in welchem Zu-
stand sie sich beAnden. Um angeben zu können,
welches Mittel zum Entfernen des Firnisses dienlich
ist, wäre es nötig, zu wissen, ob die Bilder mit einem
Oelfirnis, der sehr nachgedunkelt sein mag, oder mit
einem Harzürnis überzogen sind. Sie finden vielleicht
gewünschten Aufschluss unter Beantwortungen in Nr. 16
des II. Jahrg. dieser Blätter.
 
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