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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

DOI Heft:
Nr. 19
DOI Artikel:
Willmann, R. B.: [Rezension von: Linde, Hermann, "Die Entwertung unserer Galerien durch das moderne Restaurationsverfahren"]
DOI Artikel:
Zimmern, Helen: Hubert v. Herkomer über Radierkunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0077

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Inhatt: Zum Artikel „Die Entwertung unserer Galerien durch das moderne Restaurationsverfahren". Von
R. B. Willmann. — Hubert v. Herkomer über Radierkunst. Von Helen Zimmern. (Fortsetzung.) —
Ueber die Düsseldorfer Gemäldegalerie. — Veränderung von Zinnober.

Zum Artikel „Die Entwertung
unserer Galerien durch das moderne
Restaurationsverfahren"
(Münchner kunsttechnische Blätter Nr. 16 und I/)
erhalten wir folgende Zuschrift:
„Die Ausführungen des Herrn KollegenH. Linde
über die Entwertung alter Meister durch das
moderne (?) Restaurationsverfahren werden wohl
grösstenteils Beifall Anden.
Es könnte aber doch leicht die irrtümliche
Auffassung entstehen, als ob jedes alte Bild an
Wert verlieren müsse, sobald es in die Hände
eines Restaurators gelangt.
Gar mancher schöne ,alter Meister' hat
durch sachverständige Behandlung ein neues Leben
erhalten und seine Existenz ist auf weitere Jahr-
hunderte hinaus ermöglicht worden. Allerdings
tst die sachverständige Behandlung die erste
Bedingung. Die grobe Art, Risse auszuschneiden
und zuzuschmieren, das Hineinmalen oder gar
das Hineinkomponieren und andere eigenmächtige
Zutaten haben mit der Kunst des Restaurierens
nichts zu tun. Denn ein Künstler muss der
Restaurator sein und von der Picke auf muss er
gedient haben. Er muss ein ausserordentliches
Empfinden haben für alte Kunst und die Eigen-
schaft, sich in die Art eines jeden Meisters ein-
zuleben. Dieses Anpassungsvermögen ist eine
absolute Notwendigkeit. Ferner muss er, wenn
er sich zu einer Retouche entschliesst, sich auf
das Allernotwendigste beschränken. Der Restau-
rator muss ein Künstler sein, aber ein Künstler
wird nicht von heute auf morgen Restaurator.
Der Mangel an Absatz seiner Bilder veranlasst
manchen Maler das Restaurieren zu betreiben.
Pietätlos werden die armen Bilder auf die Folter-
bank gelegt und nun geht das Putzen los. Die

schadhaften oder verputzten Stellen werden nicht
retouchiert, sondern übermalt und da der Betreffende
fast nie den richtigen Ton trifft, so wird die
Nachbarschaft auch mit zugepinselt und am Schluss
das ganze Bild womöglich zu der falschen Farbe
gestimmt.
Wie kann man einen Menschen, dessen Hand
man sofort am alten Bilde erkennt, einen Restaurator
nennen ? Dass es unsern Galeriebildern teilweise
nicht besser geht, ist sehr bedauerlich. Schuld
daran tragen die Schwierigkeiten der hier in
Betracht kommenden Verhältnisse. Den Mangel
an geschickten Händen soll das Pettenkofersche
Regenerationsverfahren ersetzen, eine Prozedur,
die sich dem Auge entzieht, also lediglich Glück-
sache ist. Wird der richtige Moment nicht erraten
und bleibt das Bild zu lange den Spiritusdämpfen
ausgesetzt, so kann es verloren sein. Ein solch
rein mechanisches Verfahren kann einem Künstler
nicht sympathisch sein, umsomehr als das Resultat
im günstigsten Falle die Wiederbelebung des
Firnisses bedeutet und nur von kurzer Dauer ist.
Es ist aber eine starke Zumutung, ein gutes
altes Bild dem Lack zulieb mitsamt den schreck-
lichen Uebermalungen früherer Zeiten aufzuhängen,
denn ein Original ist das erst recht nicht."
München. R. B. Willmann.
Hubert v. Herkomer über Radierkunst.
Von Helen Zimmern. (Fortsetzung.)
„Das malerische Interesse muss zurücktreten
und dem zeichnerischen Gefühl den Vorrang lassen.
Er hat keinen anderen Leitfaden, als die feine
Empfindung, die ihm selber innewohnen muss.
Und auf diese ist weder zu rechnen, noch kann
einer sie dem anderen beibringen. Es ist eine
selbständige geistige Kraft, die jeder einzelne
unbedingt besitzen muss."
 
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