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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 7
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Lechner, Ferdinand: In Angelegenheit der Behrendt-Farben
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Künstlicher Marmor
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0032

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 7.

Beilagen.
Königliches Materialprüfungsamt
Brief Nr. 12869/I.
Gross-Lichterfelde, den 20. November 1906.
Zum Schreiben vom 12. November 1906.
Ein Irrtum ist hier bei Ausfertigung des Zeugnisses
Abt. 6/3836 nicht unterlaufen. Die hier abgeschiedenen unver-
seifbaren Stoffe sind sicher als Paraffin gekennzeichnet worden.
Nachprüfung hat den Befund bestätigt.
Aus dem wieder beigefügten Zeugnis der Versuchsanstalt
und Auskunftsstelle für Maltechnik an der Kgl. Technischen
Hochschule in München geht nicht klar hervor, in welcher
Weise die wachsartigen Bestandteile aus dem Bindemittel der
Farben abgeschieden sind, wodurch die Beurteilung der Ana-
lyse erschwert wird. Aufgefallen ist hier, dass die von Dr. Hefel-
mann gemäss S. 4 des eingesandten Zeugnisses untersuchten
Bindemittel gänzlich andere Eigenschaften zeigen als die hier
und in München untersuchten. Sollten nicht vielleicht an allen
drei Prüfungsstellen verschiedenartige Farben Vorgelegen haben?
Falls Sie Mitteilung des Ergebnisses der Nachprüfungen
und ausführliche Begutachtung der in Frage kommenden Prü-
fungs-Verfahren wünschen, sind 30 Mk. Gebühren einzuzahlen.
An Herrn Leopold Hess in Berlin, Genthinerstr. 29.

Wir haben uns verpflichtet gefühlt, Herrn Beh-
rendt in die vorstehenden Schriftstücke Einsicht
nehmen zu lassen und erhielten von ihm resp. von
dessen Rechtsbeistand folgendes Schreiben mit dem
Ersuchen um Veröffentlichung:
„In Angelegenheit der vom K. Materialprüfungs-
amt in Gross-Lichterfelde im Juli d. Js. vorgenom-
menen Untersuchung von Oelfarben für Künstler aus
der Fabrik von Herrn Kunstmaler Fritz Behrendt
in Grafrath sieht sich derselbe veranlasst, durch mich,
seinen Rechtsbeistand, nachfolgende Erklärung
abgeben zu lassen:
Die von Herrn Behrendt hergestellten Farben
enthalten keinerlei Paraffin und können kein Paraffin
enthalten, nachdem solches bei der Herstellung der
Farben nicht zur Verwendung kommt. Entweder sind
dem Kgl. Materialprüfungsamt nicht von Herrn Beh-
rendt hergestellte Farben zur Untersuchung vorge-
legt worden, oder, wenn dieses der Fall sein sollte,
so ist die Analyse der Farben entweder nicht mit
der nötigen Gründlichkeit oder nicht mit der erfor-
derlichen Sachkenntnis vorgenommen worden.
Die gleichfalls im Juli heurigen Jahres vorge-
nommene Untersuchung der Behrendt-Farben durch
die Versuchsanstalt und Auskunftsstelle für Maltech-
nik an der Kgl. Hochschule in München, die mit
Rücksicht auf die hierbei gestellten Anfragen zweifel-
los eine viel eingehendere und gründlichere war,
als die Untersuchung, welche das Kgl. Material-
prüfungsamt in Gross-Lichterfelde vorgenommen hat,
hat denn auch festgestellt, dass in den Behrendt-
Farben keinerlei Paraffin oder Kokosnussfett, son-
dern Bienenwachs, wie es bei Herstellung von Tuben-
Oelfarben nötig ist, nebst ätherischen und fetten
Oelen enthalten ist.
Herr Behrendt ist gerne bereit, Interessenten
eine Abschrift des vorstehend erwähnten Gutachtens
zur Verfügung zu stellen.

Im übrigen warnt derselbe hiermit ausdrück-
lich vor einer unlauteren Verwertung des Gutachtens
des Kgl. Materialprüfungsamtes."
München, n. Dezember 1906.
Dr. Eisenberger, Rechtsanwalt,
als Rechtsbeistand des Herrn Fritz Behrendt.
Künstlicher Marmor.
Die Londoner „Lithographie Stone and Marble
Co." tritt soeben mit der Erfindung eines Herrn
Thom an die Oeffentlichkeit, an der letzterer sieben
Jahre gearbeitet hat und die, wenn sich die gemach-
ten Angaben bestätigen, auch in deutschen fach-
männischen Kreisen auf grösstes Interesse stossen
dürfte. Es handelt sich um einen Prozess, mittels
dessen alles Abfallmaterial der Marmorbrüche
in einen Stein verwandelt werden kann, der angeb-
lich im Aussehen absolut nicht von Naturmarmor zu
unterscheiden ist, die gleiche Haltbarkeit und leichte
Bearbeitungsfähigkeit wie Marmor besitzt, dabei aber
ungefähr um ein Drittel billiger als das Naturprodukt
kommt. Auch auf Eisen soll die neue Methode an-
wendbar sein und die Eisenabfälle der Fabriken
können durch sie, wie es heisst, in alle möglichen
für Bau- und ähnliche Zwecke geeignete Formen
verwandelt werden. Die Erfindung wird kurz, wie
folgt, beschrieben: Der Steinabfall wird in geschlos-
senen Retorten einem Verkalkungsprozess unter-
worfen, um das Gas auszumerzen und Kalk zu er-
langen. Das gewonnene Gas wird im flüssigen Zu-
stand für den späteren Gebrauch in Flaschen auf-
bewahrt. Das Oxyd wird sodann separiert und in
einer Umdrehungstrommel mit einer gewissen Menge
des pulverisierten kohlensauren Salzes vermischt. So-
bald der Kalk und das feine Pulver gehörig ge-
mischt sind, werden sie gelöscht. Das so erhaltene
Kalkhydrat lässt sich sodann in beliebige Formen
pressen. Wünscht man farbigen Marmor, so wird
die betreffende Farbe mit entsprechenden Teilen
des Kalksteins und Kalks sorgfältig gemischt und
das Ganze gleichfalls dem Löschungsprozess unter-
worfen, wodurch eine absolut gleichmässige Färbung
der Masse erzielt wird. Das plastische Material wird
dann in eine hydrauliche Presse gebracht und das
ursprünglich aus dem Kalkstein gezogene und in
Flaschen verschlossene kohlensaure Gas tritt in Tä-
tigkeit. Die Assimilierung des Gases durch den Kalk
erfolgt schnell; der vorher mit der Masse versetzte
Kalk verwandelt sich schliesslich wieder in kohlen-
saures Salz und die fertigen Blöcke sind angeblich
von dem Raturstein in keiner Weise zu unterschei-
den, bröckeln auch, wie es heisst, nicht wie die bis-
herigen Kunststeine in der Luft ab, sondern wider-
stehen allen Witterungseinflüssen ebensogut wie wirk-
licher Marmor.
 
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