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Münchner kunsttechnische Biätter.
Nr. 9.
zu voHenden, sind durch Einführung neuer
Maimitte], unter denen ich besonders das von
Müiier-Coburg hervorheben möchte, gänziich
beseitigt worden. Die Verarbeitung der Tem-
pera ist durch diese Malmittei eine ähnliche
wie die der Oelfarbe und somit das Material
durchaus der Palette des an Oel gewöhnten
Malers angepasst.
Hervorheben möchte ich, dass die Arbeit
stundenlang nass bleibt und dass keine Ton-
veränderungen die Malerei störend beeinflussen."
K. Härlin (Florenz) schreibt unter dem
7. Juli 1906:
„Ueber Ihre Temperafarben, Malmittel und
Grund kann ich nur das Beste sagen, da es
mir bis jetzt noch nicht gelungen ist, seit ich
in der Temperamalerei Versuche und Studien
mache, ein Bild fertig durchzubilden, ausser
mit Ihrem Material. Die Veränderung beim
Auftrocknen ist darin so gering, dass es auch
bei wenig Uebung bald leicht zu berechnen
ist. Dann schätze ich besonders daran, dass
bei richtiger Anwendung des Malmittels die
beendete Malerei auch ungefirnisst bleiben
kann und die Farbe ein so tiefes, feines
Leuchten und weichen Schmelz hat. Es wird
wohl jeder, der Temperamalerei studiert, froh
sein, Ihr Material kennen zu lernen."
Carl Palme schreibt aus Capri (12. Juli
1906):
„Ich arbeite seit einem Jahre mit Ihren
Temperafarben und bin von der Ueberzeugung,
dass diese Farben die besten vorhandenen
Temperafarben sind.
Der Grund ist sehr angenehm zu bearbeiten,
eignet sich vorzüglich zu grösseren Studien
nach der Natur, weil er sich auch bei heissem
Wetter nach der Anfeuchtung der Rückseite
3—4 Stunden nass hält und gleichmässig auf-
saugt."
In ähnlicher Weise äussert sich eine weitere
Reihe von Kollegen. Prof. Karl Otto (Wies-
baden) nennt die Bössenroth-Tempera „ein ge-
radezu ideales Material", das seine Erwartungen
in jeder Beziehung übertroffen habe. Es liegen
noch Gutachten vor von Walter Klug (Köln),
Emil Thoma (Konstanz), S. Lipinsky (Rom),
Conrad Fehr (Berlin), Franz Kunz (Dresden-
Biasewitz), Lorenz Neef (Planegg), F. M. Bredt
(Ruhpolding), sowie von einigen Münchener Kol-
legen: Hans Hammer, Max E. Giese, Hugo
Kreyssing, Paul Renner, Herrn. Völkerling,
die sich alle, teilweise in längeren Schreiben,
über die Vortrefflichkeit der Bössenroth-Tempera
und des Emulsionsgrundes aussprechen. Zum
Schluss sei auch auf das Gutachten von C. Müller-
Coburg (Florenz) hingewiesen, das in Nr. 14 des
vorigen Jahrganges dieser Zeitschrift abgedruckt ist.
Soweit die Gutachten. Ueber die Tempera
selbst mögen noch einige Bemerkungen hier
Platz finden:
Das leitende Prinzip bei der Herstellung der
Bössenrothschen Tempera beruht auf der sogen.
Emulsion. Das Bindemittel der Tempera ist der
Anzeige zufolge „eine Eigelb-Emulsion, welcher
trocknende Oele, Wachs, venetianisches Terpentin
und Wasser in der Weise zugefügt werden, dass
eine reiche Menge Sauerstoff^) aufgenommen wird,
wodurch das Bindemittel sich als weiche Pasta
den Farben innigst anschmiegt, gleichzeitig sofort
im Wasser löslich-) ist."
In einer späteren, von Dr. H. Wagner
Unterzeichneten Anleitung für den Gebrauch der
Bössenrothschen Tempera ist die Zusammen-
setzung des Bindemittels nicht angegeben; es
wird nur als „Oel-Eigelb-Emulsion" bezeichnet,
die durch ein unschädliches Konservierungsmittel
vor Zersetzung geschützt ist. Dieses Mittel
(Gujakol) verleiht der Farbe den eigentümlichen
Geruch, der bei der neueren Präparation durch
geringere Beigabe gemildert ist.
(Schluss folgt.)
') Was dem Sauerstoff für eine Rolle zugeteilt
werden soll, ist eigentlich nicht klar. Vielleicht ist hier
das Schaumige gemeint, das durch das starke Rühren
entsteht ?
3) Soll wohl heissen: mit Wasser mischbar.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn K. H. in Rom. — Um ganz reines Casein
herzustellen, verfährt man (nach Bersch, Lexikon der
Farbentechnik) wie folgt: Man lässt Milch an einem
kühlen Orte stehen und nimmt den Rahm auf das
sorgfältigste ab, bringt dann die Milch in der Wärme
zum Gerinnen. Um sich von dem vollständigen Ge-
rinnen zu überzeugen, wird ein Teil der vom Casein
getrennten Flüssigkeit mit etwas Salzsäure versetzt;
entsteht ein Niederschlag, so ist noch Casein in Lösung
und fügt man der Gesamtmenge der geronnenen Milch
etwa Salzsäure zu. Nach dem Gerinnen gibt man
die vorher stark gequirlte Masse in ein Filtriertuch,
lässt die Flüssigkeit abtropfen und wässert den auf
dem Filter zurückbleibenden Käsestoff so lange mit
Regenwasser, bis das ablaufende Wasser keine Spur
von freier Säure mehr zeigt. Um die letzten Reste
von Fett zu entfernen, kocht man den ausgewässerten
Käsestoff, welchen man in ein Tuch gebunden, mit
Wasser aus, breitet ihn sodann auf Fliesspapier und
lässt ihn an einem warmen Orte trocknen, wobei er
zu hornartigen Massen verschrumpft. Nach anderer
Angabe (Königs Warenlexikon) kann das Auswaschen
auch durch Alkohol oder Aether bewirkt werden. —
Es ist wunderlich, dass Sie dort kein techn. Casein
bekommen können; jede bessere Drogenhandlung führt
es, hier z. B. J. Schirmer (Faulstichs Nachfolger),
Theatinerstr. io. Garantiert reine, frisch gepresste
Oele liefert Alois Deiglmaier, Oelfabrik, Landsberger-
strasse 180, hier.
Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
Münchner kunsttechnische Biätter.
Nr. 9.
zu voHenden, sind durch Einführung neuer
Maimitte], unter denen ich besonders das von
Müiier-Coburg hervorheben möchte, gänziich
beseitigt worden. Die Verarbeitung der Tem-
pera ist durch diese Malmittei eine ähnliche
wie die der Oelfarbe und somit das Material
durchaus der Palette des an Oel gewöhnten
Malers angepasst.
Hervorheben möchte ich, dass die Arbeit
stundenlang nass bleibt und dass keine Ton-
veränderungen die Malerei störend beeinflussen."
K. Härlin (Florenz) schreibt unter dem
7. Juli 1906:
„Ueber Ihre Temperafarben, Malmittel und
Grund kann ich nur das Beste sagen, da es
mir bis jetzt noch nicht gelungen ist, seit ich
in der Temperamalerei Versuche und Studien
mache, ein Bild fertig durchzubilden, ausser
mit Ihrem Material. Die Veränderung beim
Auftrocknen ist darin so gering, dass es auch
bei wenig Uebung bald leicht zu berechnen
ist. Dann schätze ich besonders daran, dass
bei richtiger Anwendung des Malmittels die
beendete Malerei auch ungefirnisst bleiben
kann und die Farbe ein so tiefes, feines
Leuchten und weichen Schmelz hat. Es wird
wohl jeder, der Temperamalerei studiert, froh
sein, Ihr Material kennen zu lernen."
Carl Palme schreibt aus Capri (12. Juli
1906):
„Ich arbeite seit einem Jahre mit Ihren
Temperafarben und bin von der Ueberzeugung,
dass diese Farben die besten vorhandenen
Temperafarben sind.
Der Grund ist sehr angenehm zu bearbeiten,
eignet sich vorzüglich zu grösseren Studien
nach der Natur, weil er sich auch bei heissem
Wetter nach der Anfeuchtung der Rückseite
3—4 Stunden nass hält und gleichmässig auf-
saugt."
In ähnlicher Weise äussert sich eine weitere
Reihe von Kollegen. Prof. Karl Otto (Wies-
baden) nennt die Bössenroth-Tempera „ein ge-
radezu ideales Material", das seine Erwartungen
in jeder Beziehung übertroffen habe. Es liegen
noch Gutachten vor von Walter Klug (Köln),
Emil Thoma (Konstanz), S. Lipinsky (Rom),
Conrad Fehr (Berlin), Franz Kunz (Dresden-
Biasewitz), Lorenz Neef (Planegg), F. M. Bredt
(Ruhpolding), sowie von einigen Münchener Kol-
legen: Hans Hammer, Max E. Giese, Hugo
Kreyssing, Paul Renner, Herrn. Völkerling,
die sich alle, teilweise in längeren Schreiben,
über die Vortrefflichkeit der Bössenroth-Tempera
und des Emulsionsgrundes aussprechen. Zum
Schluss sei auch auf das Gutachten von C. Müller-
Coburg (Florenz) hingewiesen, das in Nr. 14 des
vorigen Jahrganges dieser Zeitschrift abgedruckt ist.
Soweit die Gutachten. Ueber die Tempera
selbst mögen noch einige Bemerkungen hier
Platz finden:
Das leitende Prinzip bei der Herstellung der
Bössenrothschen Tempera beruht auf der sogen.
Emulsion. Das Bindemittel der Tempera ist der
Anzeige zufolge „eine Eigelb-Emulsion, welcher
trocknende Oele, Wachs, venetianisches Terpentin
und Wasser in der Weise zugefügt werden, dass
eine reiche Menge Sauerstoff^) aufgenommen wird,
wodurch das Bindemittel sich als weiche Pasta
den Farben innigst anschmiegt, gleichzeitig sofort
im Wasser löslich-) ist."
In einer späteren, von Dr. H. Wagner
Unterzeichneten Anleitung für den Gebrauch der
Bössenrothschen Tempera ist die Zusammen-
setzung des Bindemittels nicht angegeben; es
wird nur als „Oel-Eigelb-Emulsion" bezeichnet,
die durch ein unschädliches Konservierungsmittel
vor Zersetzung geschützt ist. Dieses Mittel
(Gujakol) verleiht der Farbe den eigentümlichen
Geruch, der bei der neueren Präparation durch
geringere Beigabe gemildert ist.
(Schluss folgt.)
') Was dem Sauerstoff für eine Rolle zugeteilt
werden soll, ist eigentlich nicht klar. Vielleicht ist hier
das Schaumige gemeint, das durch das starke Rühren
entsteht ?
3) Soll wohl heissen: mit Wasser mischbar.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn K. H. in Rom. — Um ganz reines Casein
herzustellen, verfährt man (nach Bersch, Lexikon der
Farbentechnik) wie folgt: Man lässt Milch an einem
kühlen Orte stehen und nimmt den Rahm auf das
sorgfältigste ab, bringt dann die Milch in der Wärme
zum Gerinnen. Um sich von dem vollständigen Ge-
rinnen zu überzeugen, wird ein Teil der vom Casein
getrennten Flüssigkeit mit etwas Salzsäure versetzt;
entsteht ein Niederschlag, so ist noch Casein in Lösung
und fügt man der Gesamtmenge der geronnenen Milch
etwa Salzsäure zu. Nach dem Gerinnen gibt man
die vorher stark gequirlte Masse in ein Filtriertuch,
lässt die Flüssigkeit abtropfen und wässert den auf
dem Filter zurückbleibenden Käsestoff so lange mit
Regenwasser, bis das ablaufende Wasser keine Spur
von freier Säure mehr zeigt. Um die letzten Reste
von Fett zu entfernen, kocht man den ausgewässerten
Käsestoff, welchen man in ein Tuch gebunden, mit
Wasser aus, breitet ihn sodann auf Fliesspapier und
lässt ihn an einem warmen Orte trocknen, wobei er
zu hornartigen Massen verschrumpft. Nach anderer
Angabe (Königs Warenlexikon) kann das Auswaschen
auch durch Alkohol oder Aether bewirkt werden. —
Es ist wunderlich, dass Sie dort kein techn. Casein
bekommen können; jede bessere Drogenhandlung führt
es, hier z. B. J. Schirmer (Faulstichs Nachfolger),
Theatinerstr. io. Garantiert reine, frisch gepresste
Oele liefert Alois Deiglmaier, Oelfabrik, Landsberger-
strasse 180, hier.
Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).