Nr. 23.
Münchner kunsttechnische Blätter.
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aber bei Aikohoizusatz und auch bei Einwirkung
von Benzol zum Teil wenigstens unverändert. Es
sind also in der Farbschicht in diesem Falle weder
bedeutende Mengen von Harz noch insbesondere
Oel vorhanden. Bei anderen Italienern sind aber
die Harze vorwiegend verwendet worden.
In einem Gemälde nach Art des Perugino
besteht z. B. die rote Farbe eines Gewandes aus
einer mächtigen, dicken einzigen Lage von ganz
transparentem Gefüge, welches einen Bruch wie
rotes Glas besitzt. Diese Farbe, wahrscheinlich
ein roter Farblack, ist ganz in absolutem Alkohol
löslich, besteht also aus in Harz gelöstem roten
Farbstoff, vielleicht Schellack.
Ich komme nun zu den Niederländern. Ich
habe da ein Gemälde von Jan Both untersucht,
d. h. ein Bild, welches diesem Maler zugeschrieben
wird, jedenfalls stammt es aus seiner Zeit; es ist
ein Stückchen aus dem Himmel nahe dem Hori-
zont. Die Oberflächenfarbe, welche der Himmel
an dieser Stelle, wo das Stück herausgenommen
wurde, für das blosse Auge zeigt, ist blaugrün.
Der ganze Querschnitt des Gemäldes ist dünner,
die Leinwand ebenfalls, dabei aber straffer als
die italienische. Die Bündel sind dünner, nicht
gedreht, sondern fast ganz glattfaserig. Auch hier
ist die Leinwand durchtränkt; die Farbe der Durch-
tränkungsmasse, welche in den Fasern und Bündeln
steckt, ist aber ziemlich verschieden, mehr heller
gelb. Auch hier besteht die Durchtränkung nicht
aus Leim, sondern aus Harz. Sie löst sich in ab-
solutem Alkohol vollständig auf, so dass nur die
reinen Hanffasern noch übrig bleiben. Ein Stück-
chen der durchtränkten Leinwand wurde mit metal-
lischem Natrium im Glasröhrchen geglüht, die
Kohle wurde mit Wasser ausgezogen, etwas Eisen-
vitriol und Eisenchlorid zugesetzt und angesäuert;
es trat nicht die Spur einer blauen Färbung ein,
Stickstoff, also Eiweissstoffe oder Leim, ist daher
nicht in der Leinwand vorhanden.
Die Grundierung ist nicht so mächtig dick,
wie bei den Italienern und ist bunt. Ihre Grund-
farbe ist braun, darin sind aber hellgraue und rote
Punkte — Farbstoffteile oder rote Erden — deut-
lich zu unterscheiden. Beim Erhitzen mit Salz-
säure zerfällt die Grundierung unter Kohlensäure-
entwicklung, sie enthält also Kreide — es fallen
eine Menge klumpig geballter Harze aus, die sich
in absolutem Alkohol lösen und bei Verdunstung
desselben wieder ausfallen; ausserdem sind eine
Menge tafelförmige glasig helle Kristalle und Nadeln
ausgeschieden, welche letztere sich in heissem
Wasser lösen und nach dessen Verdunsten wieder
auskristallisieren (Bleichlorid). Das lässt auf die
Anwesenheit von Bleiweiss in der Grundierung
zurückschliessen.
Endlich finden sich eine Menge zusammen-
hängende braungelbe und rote Massen. Die ersteren
sind Tonerde und eisenhaltig; die roten Massen
enthalten Zinnober. Ausserdem finden sich aus-
geschiedene Stärkekörner vor.
In der Grundierung lässt sich also neben
Harzen Tonerde, Bleiweiss, Stärkemehl und Kreide
nachweisen. Die Farbenschicht besteht aus zwei
übereinandergeschichteten Lagen — die untere
liegt auf der beschriebenen Grundierung glatt und
durchaus eben auf und ist gegen dieselbe überall
scharf begrenzt. Sie ist verhältnismässig dünn
und hat eine intensive orangegelbe Färbung. Dar-
über liegt eine etwa drei- bis viermal so dicke
Schicht eines glashellen durchsichtigen Blau, wahr-
scheinlich Ultramarin. (Schluss folgt.)
Neue Malerfarben.
V. Die Temperafarben des Handels.
Von E. Berger. (Fortsetzung.)
Diese Eigenschaft war in der Werkstätten-
praxis der Dekorationsmaler nicht unbekannt;
dies beweist eine ganze Reihe von älteren Tem-
perarezepten, die ich aus Werkbüchern aller Art
entnommen habe (a. a. O., III. Folge, Mittelalter,
S. 258). Sie befremden zum grossen Teil durch
das Zusammenmischen von scheinbar miteinander
unverträglichen Substanzen; aber da dem Hand-
werker chemische Kenntnisse kaum zugemutet
werden können und er die Rezepte in altgewohnter
Weise weiter verarbeitet, wird dieser Umstand
kaum befremden.
Bei einigen dieser Rezepte wird die emul-
gierte Masse, bestehend aus dem ganzen Ei und
Leinölfirnis noch vermengt mit einer wässerigen
Seifenlösung, wodurch die Vermischung des Oeles
mit dem Ei erleichtert und gleichzeitig eine Ge-
schmeidigkeit erzielt wird, die für Malerei auf
dem an sich porösen und Feuchtigkeit ver-
schluckenden Wandverputz vorteilhaft sein mag.
Es ist ja bekannt, dass Oele durch Schütteln mit
einer Seifenlösung (d. i. durch Aetzalkali verseiftes
Fett oder Oel) sehr leicht emulgiert werden
können, ja es genügt eine ganz geringe Menge
einer Lösung von Aetzkali oder Aetznatron, um
ein fettes Oel in den Zustand der Emulsion zu
versetzen, es also wassermischbar zu machen.
Alle diese Umstände sind zu berücksichtigen,
wenn über die Systeme, nach welchen Tempera-
farben zusammengesetzt werden können, gehandelt
wird. Und da in dieser Hinsicht mancherlei Ver-
wirrung des Begriffes Tempera vorhanden ist,
muss es als besonderes Verdienst angerechnet
werden, das Thema von wissenschaftlichen Grund-
lagen aus behandelt zu haben, wie es Dr. Eibner
in den „Techn. Mitt. f. Malerei" (XXII. Jahrg., Nr.
14—iy) versucht hat.
Seinen Ausführungen zufolge hat man früher
und auch heute noch bei dem Begriffe Tempera
in Wasser lösliche und mit Wasser nur misch-
bare Stoffe zusammengeworfen; er befürwortet
Münchner kunsttechnische Blätter.
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aber bei Aikohoizusatz und auch bei Einwirkung
von Benzol zum Teil wenigstens unverändert. Es
sind also in der Farbschicht in diesem Falle weder
bedeutende Mengen von Harz noch insbesondere
Oel vorhanden. Bei anderen Italienern sind aber
die Harze vorwiegend verwendet worden.
In einem Gemälde nach Art des Perugino
besteht z. B. die rote Farbe eines Gewandes aus
einer mächtigen, dicken einzigen Lage von ganz
transparentem Gefüge, welches einen Bruch wie
rotes Glas besitzt. Diese Farbe, wahrscheinlich
ein roter Farblack, ist ganz in absolutem Alkohol
löslich, besteht also aus in Harz gelöstem roten
Farbstoff, vielleicht Schellack.
Ich komme nun zu den Niederländern. Ich
habe da ein Gemälde von Jan Both untersucht,
d. h. ein Bild, welches diesem Maler zugeschrieben
wird, jedenfalls stammt es aus seiner Zeit; es ist
ein Stückchen aus dem Himmel nahe dem Hori-
zont. Die Oberflächenfarbe, welche der Himmel
an dieser Stelle, wo das Stück herausgenommen
wurde, für das blosse Auge zeigt, ist blaugrün.
Der ganze Querschnitt des Gemäldes ist dünner,
die Leinwand ebenfalls, dabei aber straffer als
die italienische. Die Bündel sind dünner, nicht
gedreht, sondern fast ganz glattfaserig. Auch hier
ist die Leinwand durchtränkt; die Farbe der Durch-
tränkungsmasse, welche in den Fasern und Bündeln
steckt, ist aber ziemlich verschieden, mehr heller
gelb. Auch hier besteht die Durchtränkung nicht
aus Leim, sondern aus Harz. Sie löst sich in ab-
solutem Alkohol vollständig auf, so dass nur die
reinen Hanffasern noch übrig bleiben. Ein Stück-
chen der durchtränkten Leinwand wurde mit metal-
lischem Natrium im Glasröhrchen geglüht, die
Kohle wurde mit Wasser ausgezogen, etwas Eisen-
vitriol und Eisenchlorid zugesetzt und angesäuert;
es trat nicht die Spur einer blauen Färbung ein,
Stickstoff, also Eiweissstoffe oder Leim, ist daher
nicht in der Leinwand vorhanden.
Die Grundierung ist nicht so mächtig dick,
wie bei den Italienern und ist bunt. Ihre Grund-
farbe ist braun, darin sind aber hellgraue und rote
Punkte — Farbstoffteile oder rote Erden — deut-
lich zu unterscheiden. Beim Erhitzen mit Salz-
säure zerfällt die Grundierung unter Kohlensäure-
entwicklung, sie enthält also Kreide — es fallen
eine Menge klumpig geballter Harze aus, die sich
in absolutem Alkohol lösen und bei Verdunstung
desselben wieder ausfallen; ausserdem sind eine
Menge tafelförmige glasig helle Kristalle und Nadeln
ausgeschieden, welche letztere sich in heissem
Wasser lösen und nach dessen Verdunsten wieder
auskristallisieren (Bleichlorid). Das lässt auf die
Anwesenheit von Bleiweiss in der Grundierung
zurückschliessen.
Endlich finden sich eine Menge zusammen-
hängende braungelbe und rote Massen. Die ersteren
sind Tonerde und eisenhaltig; die roten Massen
enthalten Zinnober. Ausserdem finden sich aus-
geschiedene Stärkekörner vor.
In der Grundierung lässt sich also neben
Harzen Tonerde, Bleiweiss, Stärkemehl und Kreide
nachweisen. Die Farbenschicht besteht aus zwei
übereinandergeschichteten Lagen — die untere
liegt auf der beschriebenen Grundierung glatt und
durchaus eben auf und ist gegen dieselbe überall
scharf begrenzt. Sie ist verhältnismässig dünn
und hat eine intensive orangegelbe Färbung. Dar-
über liegt eine etwa drei- bis viermal so dicke
Schicht eines glashellen durchsichtigen Blau, wahr-
scheinlich Ultramarin. (Schluss folgt.)
Neue Malerfarben.
V. Die Temperafarben des Handels.
Von E. Berger. (Fortsetzung.)
Diese Eigenschaft war in der Werkstätten-
praxis der Dekorationsmaler nicht unbekannt;
dies beweist eine ganze Reihe von älteren Tem-
perarezepten, die ich aus Werkbüchern aller Art
entnommen habe (a. a. O., III. Folge, Mittelalter,
S. 258). Sie befremden zum grossen Teil durch
das Zusammenmischen von scheinbar miteinander
unverträglichen Substanzen; aber da dem Hand-
werker chemische Kenntnisse kaum zugemutet
werden können und er die Rezepte in altgewohnter
Weise weiter verarbeitet, wird dieser Umstand
kaum befremden.
Bei einigen dieser Rezepte wird die emul-
gierte Masse, bestehend aus dem ganzen Ei und
Leinölfirnis noch vermengt mit einer wässerigen
Seifenlösung, wodurch die Vermischung des Oeles
mit dem Ei erleichtert und gleichzeitig eine Ge-
schmeidigkeit erzielt wird, die für Malerei auf
dem an sich porösen und Feuchtigkeit ver-
schluckenden Wandverputz vorteilhaft sein mag.
Es ist ja bekannt, dass Oele durch Schütteln mit
einer Seifenlösung (d. i. durch Aetzalkali verseiftes
Fett oder Oel) sehr leicht emulgiert werden
können, ja es genügt eine ganz geringe Menge
einer Lösung von Aetzkali oder Aetznatron, um
ein fettes Oel in den Zustand der Emulsion zu
versetzen, es also wassermischbar zu machen.
Alle diese Umstände sind zu berücksichtigen,
wenn über die Systeme, nach welchen Tempera-
farben zusammengesetzt werden können, gehandelt
wird. Und da in dieser Hinsicht mancherlei Ver-
wirrung des Begriffes Tempera vorhanden ist,
muss es als besonderes Verdienst angerechnet
werden, das Thema von wissenschaftlichen Grund-
lagen aus behandelt zu haben, wie es Dr. Eibner
in den „Techn. Mitt. f. Malerei" (XXII. Jahrg., Nr.
14—iy) versucht hat.
Seinen Ausführungen zufolge hat man früher
und auch heute noch bei dem Begriffe Tempera
in Wasser lösliche und mit Wasser nur misch-
bare Stoffe zusammengeworfen; er befürwortet