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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 18
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Zimmern, Helen: Hubert v. Herkomer über Radierkunst
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Bakenhus, Gerhard: Zur Frage des Wachszusatzes bei Oelfarben, [2]: II. Ist Wachs den Farben schädlich?
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0074

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7o

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. t8.

Zuversicht ermangeln und sich von dem Erfolg
seiner Bestrebungen in den meisten Fällen ent-
täuscht fühlen. Trotzdem wird er, seinem rast-
losen, inneren Trieb gehorchend, stets von neuem
versuchen, den rechten Ausdruck zu erzielen.
Ein Künstler, welcher kaufmännisch denkt, scheut
den Misserfolg, der echte Künstler bemüht sich
fast darum, denn er fürchtet nichts so sehr, als
ausgetretene Geleise zu wandeln. Aus dem, was
ich da sage, mag erhellen, wie Eigenart, Neigung
oder Temperament der Künstler sehr viel schuld
daran sind, dass bei jeder Methode, ob sie auch
noch so sinnreich erdacht sei, der Erfolg nur
unsicher sein kann."
Interessant ist der Umstand, dass Herkomer,
als er sich zuerst im Radieren versuchte, noch
nie ein Blatt von Rembrandt gesehen hatte. Seine
Spannung trieb ihn, die Arbeit zu überstürzen
und durch forciertes Aetzen auf einem Grunde
von geringer Festigkeit das Verfahren gewaltsam
zu beschleunigen. Dieses ungeduldige Verlangen,
das Resultat seiner Arbeit zu sehen, führte ihn
zu der Erfindung eines weissen Grundes, von
welchem die Linien schwärzlich abstechen. Frei-
lich wird hierdurch das Aetzen, worauf schliess-
lich der Erfolg beruht, nicht erleichtert. Indessen
hofft Herkomer durch seinen weissen Grund die
Maler zu bewegen, sich mehr der Radierkunst zu
widmen, weil bei Anwendung desselben manche
Schwierigkeiten der Technik vermieden werden.
„Es wird wohl kaum jemand wundern," sagt
er, „dass ich zwanzigmal zu radieren begonnen
habe, um es zwanzigmal aufzugeben und dann
doch wieder zu versuchen. Meine Haut und
meine Kleider habe ich mir beim Aetzen ver-
brannt, Teppiche verdorben und durch Einatmen
der Säuren Halsentzündungen bekommen. Ich
habe die ganze Nacht über einer Platte gesessen,
die schliesslich verworfen werden musste. Ich
nahm die Platten mit in mein Schlafzimmer und
arbeitete daran bis ich zu Bett ging, mich dann
noch in schweren Träumen ihretwegen ängstigend.
Die ganze Familie wurde von den Dämpfen be-
lästigt, mit welchen das Haus durchräuchert war.
Und trotz alledem sage ich heute, dass ich die
Kunst des Radierens von Grund meines Herzens
liebe und für alle guten Radierer gute Zeiten
kommen sehe. Wer es im Radieren aber zu
etwas bringen will, der muss sich mit Eifer darauf
werfen, denn diese Kunst kann weder lau be-
trieben, noch so erlernt werden."
Herkomer ist ein entschiedener Gegner des
neuerdings beliebten, übertriebenen grossen For-
mats für Radierungen. Er meint, dass die höchsten
Vorzüge dieser Kunst dabei nicht zur Entfaltung
gelangen können. Als den einzigen englischen
Radierer, der hinsichtlich des Formats nie ge-
sündigt habe, nennt er Whistler. Von sich
selbst sagt er, dass er dies recht oft getan hat.

Um einen Begriff zu gewinnen, wie eine gute
Radierung beschaffen sein muss, empfiehlt er die
Methode, neue und alte Blätter nebeneinander zu
studieren, welcher Zweck durch Ausstellung von
Werken der modernen Maler-Radierer und daneben
solcher von Rembrandt und anderen alten Meistern
zu fordern wäre. Er beklagt, dass so wenig
Maler bisher ihr Interesse der Radierkunst zuge-
wandt haben und führt dies zum Teil auf die
Schulung des Malers zurück, welche sich mit der
Art, wie der Radierer seine Aufgabe erfassen
muss, im Widerstreit befindet.
„Der radierende Künstler," sagt Herkomer,
„wird von seiner Tätigkeit bestrickt, sie bringt
seine Gefühle in Aufruhr; ein Maler dahingegen
darf nicht aus dem Gleichgewicht kommen. Der
Maler setzt sich seinem Darstellungsobjekt gegen-
über hin mit dem ruhigen Bewusstsein, dass es
ihm gelingen wird, etwas daraus zu machen.
Anders der Radierer; wenn er auch ganz von
seinem Gegenstände erfüllt ist, so kann er doch
nicht sagen, dass er nun auch zum Werke ge-
nügend vorbereitet sei." (Fortsetzung folgt.)
Zur Frage des Wachszusatzes
bei Oelfarben
II. Ist Wachs den Farben schädlich?
Von Maler G. Bakenhus-Kreyenbrück.
Die Verwendung von Wachs in der Malerei
war den Meistern der Renaissance und deren
Folgezeit bis ins 18. Jahrhundert unbekannt, erst
Graf Caylus scheint dasselbe in die Malerei ein-
geführt zu haben, ob mit besonderem Erfolge,
steht dahin.
Josua Reynolds hat bestimmt bei manchen
seiner Bilder Wachs verwandt, wie dieselben sich
gehalten, ist mir nicht bekannt, da ich nur ein
paar von denselben gesehen habe, die allerdings
sehr gerissen waren. Ob R. aber gerade bei diesen
Bildern Wachs verwandte, ist mir nicht bekannt.
Im grossen ganzen wurde von den Malern
aber auch im Anfang des IQ. Jahrhunderts noch
kein Wachs verwandt, wenigstens sprechen Bouvier
und andere nicht davon. Der allgemeine Gebrauch
scheint erst vom Ende des vorigen Jahrhunderts
zu datieren und zwar zu dem Zweck, die Farben
länger in den Tuben malfähig zu erhalten. Man
könnte hiergegen nichts einwenden, wenn das
Wachs nur den Farben zugesetzt würde, welche
sich leicht vom Oel absondern, und dieses sind
nur wenige, bei den meisten ist ein Zusatz unnötig.
Die Chemiker behaupten, Wachs wäre den
Farben nicht schädlich, gehen aber meines Er-
achtens von falschen Gesichtspunkten aus, denn
wenn Wachs auch der Farbe an und für sich
nicht schädlich ist, so fragt es sich doch, ob es
denselben als Beigabe zu andern Bindemitteln
nicht schadet, und da muss man denn antworten:
 
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