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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 10
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Zwei Zuschriften in Angelegenheit der Behrendtfarben
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0041

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Inhalt: Zwei Zuschriften in Angelegenheit der Behrendtfarben. — Neue Malerfarben. II. Bössenroths Tempera.
Von E. B. (Schluss.) — Anfragen und Beantwortungen.

Zwei Zuschriften in Angelegenheit der Behrendtfarben.

i. Zuschrift die Analysen der Behrendtfarben
betreffend.
Die chemische Untersuchung der Behrendt-
farben in drei verschiedenen Laboratorien ergab
dreierlei Resultate.
In einem Falle wurde Palmin, im anderen
Wachs, im dritten Paraffin konstatiert.
Ich glaube nicht, dass ich fehlgehe, wenn
ich behaupte, dass durch so gegensätzliche Ur-
teile von geprüften Fachleuten schweres Miss-
trauen unter uns Künstlern gegen weitere Binde-
mittelanalysen entstehen muss.
Dass die Chemie heute noch nicht die Mittel
an der Hand hat, apodiktische Urteile in allen
Fällen abzugeben, was Oel- und Fettanalysen
anbelangt, haben die drei Resultate klar bewiesen.
Es gäbe nur eine Möglichkeit, dass sie
richtig wären, wenn Herr Behrendt verschieden
gebundene Farben in den Handel brächte
entweder aus experimentatorischen Gründen oder
Verwechslungen — möchte jedoch dahinter ein
grosses Fragezeichen setzen.
Ich habe einmal Proben und Versuche mit
Behrendtfarben vorgenommen, nach einer mir
eigenen Untersuchungsmethode. Ich behauptete,
dass das Bindemittel in der Hauptsache aus
Elemiharz bestände. Das Harz gibt ja Farben
die Eigenschaft, welche Behrendtfarben auch
haben, langsam zu trocknen, aber dann zu grosser
Härte zu erstarren.
Mein Resultat möchte ich, wenn sogar Fach-
leute so ungleiche Urteile fällen, nicht aufrecht
erhalten; da ich mir heute ebensogut denken
kann, was ich damals für Elemi hielt, kann Pal-
min, Wachs oder Paraffin gewesen sein.
Ich will damit den gefährlichen Punkt an-
deuten, auf welchem wir durch obige Analysen
angelangt sind.

Gewissenlose Fabrikanten werden durch die ge-
fällten Urteile riesiges Kapital schlagen — man lässt
elneFarbeeinfach in 3—6Laboratorien untersuchen,
je mehr desto besser, und sie können mit Sicherheit
rechnen, dass sich zwei Urteile gegenüberstehen,
was vollständig zur Ohnmacht des Klägers führt.
Die weitere Folge davon muss sein, dass
der Künstler aus Misstrauen gewissenhafte und ge-
wissenlose Fabrikanten mehr denn je in einen
Topf werfen wird. Da in den Analysen auch das
Wachs genannt wurde, möchte ich die Gelegenheit
nicht vorübergehen lassen, einige Worte darüber
zu bemerken. Es ist merkwürdig, wie feindselig
Maler dem Wachse gegenüberstehen. Ich, der
ich nun seit 1$ Jahren eingehende Experimente
über Wachstempera und Wachsenkaustik ange-
stcllt, kann ihm durchaus nicht jene Fehler zu-
schreiben, die ihm beigemessen werden.
Was die Stabilität der Farbpigmente, ein-
gebettet in Wachslösungen, anbelangt, kenne ich
überhaupt kein anderes Material, ausser unver-
seifte Tempera. Die Abstrahl- und Durchstrahl-
kraft, wenn einmal eingebrannt und ineinander-
geschmolzen, übertrifft die letztere bei weitem.
Ich halte es daher für ganz gefahrlos, Wachs
den Tubenfarben beizumischen, um die Spannung
der Farbe aufrecht zu erhalten.
Da chemisch reines Bienenwachs ziemlich
teuer ist, wird es natürlich häufig durch Talg,
Ceresinarten, Hammelfett usw. ersetzt.
Die Vorgänge im Falle Behrendt lehren, wie
notwendig es wäre, wenn Farbfabrikanten „ge-
setzlich gezwungen" wären, anzugeben, welche
Bindemittel ihre Farben enthalten.
Das Rätsel einer Farbe liegt nicht darin, durch
„was" sie gebunden ist, sondern in welchem
Verhältnis die Bindemittel zueinander stehen.
München, Januar 190/. Hermann Urban.
 
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