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Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. io.
verliert die Hauptschönheit der Tempera, ihre
klare und leuchtende Erscheinung." Meiner An
sicht nach ist der magere Kreidegrund schon
deshalb für Tempera ungeeignet, weil er gar
keine Lichtreflexion ausüben kann. Nur
wenn der Kreidegrund sehr dick und gut geleimt
ist, wird diese möglich.
Bössenroths Emulsion sgrund will die
Uebelstände des Kreidegrundes auf Leinwand
vermeiden, indem als lichtreflektierende Substanz
das Zinkweiss dient, und dieses mit einem aus
emulgiertem Harzfirnis bestehenden Bindemittel
auf einer mit Harz gefestigten Leinwand aufge-
strichen wird. Nach der Anleitung wird die Lein-
wand zuerst mit „Mastix in Terpentin verdünnt
nebst einigen Tropfen Copaivaöl Para" getränkt
und nach dem erfolgten Trocknen mit dem ge-
nannten Grund überzogen. Der Grundaufstrich
muss zur Sicherheit 8 Tage trocknen und kann
dann wiederholt werden. In diesem zweiten
Grundaufstrich kann eventuell mit Tempera ins
Nasse hineingearbeitet und so eine matte Tempera-
untermalung erzielt werden.
Die Firma A. Schutzmann, Maler-Leinwand
und Malutensilienfabrik in München, hat die Her-
stellung dieser Leinwand übernommen und führt
sie auf Lager.
Ueber die Technik der Temperamalerei
und die Vorteile der Bössenrothschen Farben
sagt Dr. H. Wagner:
„Ein grosser Vorzug der Tempera besteht
darin, dass man trotz verhältnismässig schnellen
Trocknens durch reichliche Verwendung von
Wasser, leichtflüssig immer nass in nass arbeiten
kann. Es ist ratsam, schon vor Beginn der Arbeit
die Bildfläche stark zu nässen (bei dem Emulsions-
grund auch von rückwärts). Die Vorteile bei
Benutzung des T e m p e r a m a 1 m i 11 e 1 s sind folgende:
I. das Verlangsamen des Trockenprozesses; 2. ein
geschmeidiges Arbeiten, besonders bei pastosem
Malen; ß. der Ton bleibt absolut unverändert
stehen. In die halbgetrocknete Farbschicht soll
nicht weitergemalt werden. Die einmal getrock-
nete Untermalung kann wie anfangs wieder
in ausgiebigster Weise mit Wasser oder ver-
dünntem Malmittel befeuchtet werden, sofern nicht
die Fortführung der Arbeit aufs Trockene bevor-
zugt wird. Ein leichtes Firnissen (I Teil Mastix,
4 Teile Terpentin) während der Arbeit ist nur
dann empfehlenswert, wenn eine bestimmte Technik
das Festhalten der zeichnerischen Unter-
malung für jede Eventualität verlangt."
Das fertige Bild kann entweder ungefirnisst
bleiben (die Farbe wird mit der Zeit von selbst
fest, in Wasser unlöslich) oder aber gefirnisst
werden, wodurch es gegen atmosphärische Ein-
flüsse viel geschützter ist.
„Beim Firnissen bleiben die Farben unver-
ändert," heisst es weiter, „nur die satte Schön-
heit, der weiche Schmelz der Tempera kommen
in erhöhtem Masse zur Geltung." Auf dem
trockenen Firnis kann man ohne weiteres in
Tempera oder Oelfarbe weitermalen. Als Firnis
wird Mastix in rektifiz. Terpentin, dem durch
einen geringen Zusatz von Copaivaöl (nicht
Balsam), 2 Tropfen auf ioo g, die Sprödigkeit
genommen ist, verwendet.
Soweit es tunlich war, sind wir den Aus-
führungen über die Bössenroth-Tempera nach den
Prospekten und Gutachten gefolgt. Wir erachten
es als wichtig, darauf hinzuweisen, dass Herr
Bössenroth aus der Zusammensetzung sowohl des
Bindemittels der Farben als auch der Leinwand-
Präparation kein Geheimnis macht und, wie es
scheint, verdankt er nicht zum mindesten diesem
Umstande einen Teil des Erfolges. Der Maler,
insbesondere der Temperamaler, muss wissen,
womit er malt, dann kann er auch nach eigenem
Ermessen seine Technik seinen speziellen Zwecken
entsprechend einrichten. E. B.
Anfragen und Beantwortungen.
H. H. in München — Es ist nicht möglich, aus
Ihrer Anfrage zu ersehen, was die Ursache des Milchig-
werdens und Einschlagens der dunklen Töne
Ihres Bildes infolge des Firnissens gewesen ist. Vielleicht
war die Oelfarbe noch nicht trocken genug, oder Sie
haben an Stelle eines Terpentinfirnisses einen Spiritus-
firnis verwendet; auch Damarhrnis wird leicht trüb
und milchig. Versuchen Sie durch Reiben mit einem
Seidentuch die Trübung zu beseitigen; wenn dies nicht
hilft, wenden Sie das sog. Pettenkofersche Verfahren
an, indem das Bild, am Deckel einer flachen Kiste
befestigt, kurze Zeit Alkoholdämpfen ausgesetzt wird.
A. N. E. in Kärnten. — i. „Auf welche Art
schütze ich ein Aquarell am besten, wenn ich
dasselbe nicht unter Glas geben will?" Als Er-
satz für Glas käme eventuell nur ein Firnisüberzug in
Betracht, wenn dieser wasserklar ist, matt auftrocknet
und überdies keine Ton Veränderung verursacht.
Versuche mit Zaponlack (mit 3—4 Teilen absol. Wein-
geist verdünnt) haben auf reiner, d. h. ohne jede
Deckfarbe gemalter Aquarellmalerei, kaum eine nennens-
werte Tonveränderung bewirkt. Die Widerstandskraft
gegen Erweichen in Wasser stand im Verhältnis zur
Auftragsmenge. Für Deckfarbenmalerei würde es sich
empfehlen, zuerst eine Lage von Hausenblasenleim
oder Gelatine (in Wasser gelöst und mit gleichen Teilen
Weingeist vermischt) mittels Zerstäubers aufzutragen,
trocknen zu lassen und dann obigen Zaponlack zu ver-
wenden. Die sonst unausbleibliche Tonveränderung
wird dadurch fast ganz aufgehoben. Sie können an
wertlosen Farbenaufstrichen erst probieren, ob Ihnen
das Mittel entspricht.
Die 2. Frage: „Ist ,Sti! de grain' eine ver-
lässliche Farbe?" muss mit „Nein" beantwortet
werden. Sie ist identisch mit gelbem Lack, und wird
aus Ouerzitronrinde, aus Beeren von Kreuzdorn oder
aus Wau bereitet. Die „gelben Lacke" gehören zu
den unhaltbarsten Farben, blassen im Lichte in kurzer
Zeit aus und sollten für künstlerische Zwecke nicht
verwendet werden. Ersatz dafür wäre im „Indischgelb"
zu suchen, das zu den permanenten Farben gehört.
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. io.
verliert die Hauptschönheit der Tempera, ihre
klare und leuchtende Erscheinung." Meiner An
sicht nach ist der magere Kreidegrund schon
deshalb für Tempera ungeeignet, weil er gar
keine Lichtreflexion ausüben kann. Nur
wenn der Kreidegrund sehr dick und gut geleimt
ist, wird diese möglich.
Bössenroths Emulsion sgrund will die
Uebelstände des Kreidegrundes auf Leinwand
vermeiden, indem als lichtreflektierende Substanz
das Zinkweiss dient, und dieses mit einem aus
emulgiertem Harzfirnis bestehenden Bindemittel
auf einer mit Harz gefestigten Leinwand aufge-
strichen wird. Nach der Anleitung wird die Lein-
wand zuerst mit „Mastix in Terpentin verdünnt
nebst einigen Tropfen Copaivaöl Para" getränkt
und nach dem erfolgten Trocknen mit dem ge-
nannten Grund überzogen. Der Grundaufstrich
muss zur Sicherheit 8 Tage trocknen und kann
dann wiederholt werden. In diesem zweiten
Grundaufstrich kann eventuell mit Tempera ins
Nasse hineingearbeitet und so eine matte Tempera-
untermalung erzielt werden.
Die Firma A. Schutzmann, Maler-Leinwand
und Malutensilienfabrik in München, hat die Her-
stellung dieser Leinwand übernommen und führt
sie auf Lager.
Ueber die Technik der Temperamalerei
und die Vorteile der Bössenrothschen Farben
sagt Dr. H. Wagner:
„Ein grosser Vorzug der Tempera besteht
darin, dass man trotz verhältnismässig schnellen
Trocknens durch reichliche Verwendung von
Wasser, leichtflüssig immer nass in nass arbeiten
kann. Es ist ratsam, schon vor Beginn der Arbeit
die Bildfläche stark zu nässen (bei dem Emulsions-
grund auch von rückwärts). Die Vorteile bei
Benutzung des T e m p e r a m a 1 m i 11 e 1 s sind folgende:
I. das Verlangsamen des Trockenprozesses; 2. ein
geschmeidiges Arbeiten, besonders bei pastosem
Malen; ß. der Ton bleibt absolut unverändert
stehen. In die halbgetrocknete Farbschicht soll
nicht weitergemalt werden. Die einmal getrock-
nete Untermalung kann wie anfangs wieder
in ausgiebigster Weise mit Wasser oder ver-
dünntem Malmittel befeuchtet werden, sofern nicht
die Fortführung der Arbeit aufs Trockene bevor-
zugt wird. Ein leichtes Firnissen (I Teil Mastix,
4 Teile Terpentin) während der Arbeit ist nur
dann empfehlenswert, wenn eine bestimmte Technik
das Festhalten der zeichnerischen Unter-
malung für jede Eventualität verlangt."
Das fertige Bild kann entweder ungefirnisst
bleiben (die Farbe wird mit der Zeit von selbst
fest, in Wasser unlöslich) oder aber gefirnisst
werden, wodurch es gegen atmosphärische Ein-
flüsse viel geschützter ist.
„Beim Firnissen bleiben die Farben unver-
ändert," heisst es weiter, „nur die satte Schön-
heit, der weiche Schmelz der Tempera kommen
in erhöhtem Masse zur Geltung." Auf dem
trockenen Firnis kann man ohne weiteres in
Tempera oder Oelfarbe weitermalen. Als Firnis
wird Mastix in rektifiz. Terpentin, dem durch
einen geringen Zusatz von Copaivaöl (nicht
Balsam), 2 Tropfen auf ioo g, die Sprödigkeit
genommen ist, verwendet.
Soweit es tunlich war, sind wir den Aus-
führungen über die Bössenroth-Tempera nach den
Prospekten und Gutachten gefolgt. Wir erachten
es als wichtig, darauf hinzuweisen, dass Herr
Bössenroth aus der Zusammensetzung sowohl des
Bindemittels der Farben als auch der Leinwand-
Präparation kein Geheimnis macht und, wie es
scheint, verdankt er nicht zum mindesten diesem
Umstande einen Teil des Erfolges. Der Maler,
insbesondere der Temperamaler, muss wissen,
womit er malt, dann kann er auch nach eigenem
Ermessen seine Technik seinen speziellen Zwecken
entsprechend einrichten. E. B.
Anfragen und Beantwortungen.
H. H. in München — Es ist nicht möglich, aus
Ihrer Anfrage zu ersehen, was die Ursache des Milchig-
werdens und Einschlagens der dunklen Töne
Ihres Bildes infolge des Firnissens gewesen ist. Vielleicht
war die Oelfarbe noch nicht trocken genug, oder Sie
haben an Stelle eines Terpentinfirnisses einen Spiritus-
firnis verwendet; auch Damarhrnis wird leicht trüb
und milchig. Versuchen Sie durch Reiben mit einem
Seidentuch die Trübung zu beseitigen; wenn dies nicht
hilft, wenden Sie das sog. Pettenkofersche Verfahren
an, indem das Bild, am Deckel einer flachen Kiste
befestigt, kurze Zeit Alkoholdämpfen ausgesetzt wird.
A. N. E. in Kärnten. — i. „Auf welche Art
schütze ich ein Aquarell am besten, wenn ich
dasselbe nicht unter Glas geben will?" Als Er-
satz für Glas käme eventuell nur ein Firnisüberzug in
Betracht, wenn dieser wasserklar ist, matt auftrocknet
und überdies keine Ton Veränderung verursacht.
Versuche mit Zaponlack (mit 3—4 Teilen absol. Wein-
geist verdünnt) haben auf reiner, d. h. ohne jede
Deckfarbe gemalter Aquarellmalerei, kaum eine nennens-
werte Tonveränderung bewirkt. Die Widerstandskraft
gegen Erweichen in Wasser stand im Verhältnis zur
Auftragsmenge. Für Deckfarbenmalerei würde es sich
empfehlen, zuerst eine Lage von Hausenblasenleim
oder Gelatine (in Wasser gelöst und mit gleichen Teilen
Weingeist vermischt) mittels Zerstäubers aufzutragen,
trocknen zu lassen und dann obigen Zaponlack zu ver-
wenden. Die sonst unausbleibliche Tonveränderung
wird dadurch fast ganz aufgehoben. Sie können an
wertlosen Farbenaufstrichen erst probieren, ob Ihnen
das Mittel entspricht.
Die 2. Frage: „Ist ,Sti! de grain' eine ver-
lässliche Farbe?" muss mit „Nein" beantwortet
werden. Sie ist identisch mit gelbem Lack, und wird
aus Ouerzitronrinde, aus Beeren von Kreuzdorn oder
aus Wau bereitet. Die „gelben Lacke" gehören zu
den unhaltbarsten Farben, blassen im Lichte in kurzer
Zeit aus und sollten für künstlerische Zwecke nicht
verwendet werden. Ersatz dafür wäre im „Indischgelb"
zu suchen, das zu den permanenten Farben gehört.