München, 24. Dez. 19Q6.
Beitage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14tägig unter Leitung von Mater Ernst Berger.
HL Jahrg. Nr. 7.
Inhalt: Bericht über die Tätigkeit im chemischen Laboratorium der Kgl. akademischen Hochschule für die bildenden Künste.
Von Regierungsrat Prof. Dr. E. Täuber, Berlin. — In Angelegenheit der Behrendt-Farben. — Künstlicher Marmor.
Bericht über die Tätigkeit im chemischen Laboratorium der Königl.
akademischen Hochschule für die bildenden Künste.*)
Von Regierungsrat Prof. Dr. E. Täuber.
Anknüpfend an den früher erstatteten ersten
Bericht**) sei zunächst angeführt, dass der Unter-
richt in der bisherigen Weise fortgesetzt wurde,
immer unter Verwertung der im Laboratorium ge-
machten Beobachtungen über Farben und Maimittel.
Durch Vorführung der bei den Laboratoriumsver-
suchen gewonnenen Resultate, deren praktische Be-
deutung für den Künstler ohne weiteres einleuch-
tet, schien das Interesse der Schüler wesentlich an-
geregt zu werden.
Von den Ergebnissen der Laboratoriumsarbeit
sei zuerst erwähnt, dass die früher mitgeteilten Be-
obachtungen über die Mischbarkeit des Bleiweiss
mit Kadmium und Zinnober, sowie über die Licht-
echtheit von natürlichem und künstlichem Alizarin
sich weiter bestätigt haben. Was die letztere Frage
anlangt, so haben die nunmehr vierjährigen Beobach-
tungen in ihrer Gesamtheit eine Ueberlegenheit des
künstlichen Alizarins festgestellt, wenn auch im ein-
zelnen der Vergleich bisweilen zu Gunsten des natür-
lichen Farbstoffs ausgefallen ist. Es ist eine bekannte
Tatsache, dass die technischen Produkte, die ja hier
einzig und allein in Betracht kommen, in beiden
Fällen niemals chemisch einheitlich sind, dass sie
vielmehr neben dem eigentlichen Alizarin noch ver-
wandte Farbstoffe von zum Teil geringerer Licht-
echtheit enthalten. Von der Menge und der Licht-
echtheit dieser Beimengungen hängt naturgemäss die
Widerstandsfähigkeit des Gesamtgemisches gegen das
Licht zum Teil ab. Da nun heute der künstliche
*) Aus dem Jahresbericht der Hochschule für die bil-
denden Künste zu Berlin 1905/06.
**) Jahresbericht 190.3/04. (Vergl. „Münchn. kunsttechn.
Blätter" I. Nr. io und n.)
Farbstoff in ausserordentlich grosser, der natürliche
Krappfarbstoff dagegen nur in sehr kleiner Menge
hergestellt wird, und da die Reinigung beider Pro-
dukte im grossen sich leichter durchführen lässt
als im Kleinbetriebe, so ist es verständlich, dass
der künstliche Farbstoff durchschnittlich reiner und
darum auch lichtechter ist als der natürliche.
Was die Mischbarkeit von Bleiweiss mit künst-
lichem Ultramarin anlangt, so bin ich noch mit Ver-
suchen darüber beschäftigt, ob die früher festge-
stellte Veränderung des Gemisches nach Grau hin
sich auch unter einer schützenden Lackschicht voll-
zieht. Ich bin nämlich auf den Gedanken gekom-
men, dass vielleicht Spuren von Säure, die ja ge-
rade in der Nähe des chemischen Laboratoriums
öfter Vorkommen, eine partielle Zersetzung des Ultra-
marins und Bildung kleiner Mengen Schwefelbleis
herbeigeführt haben. Dieser schädliche Einfluss
würde sich durch die Lackschicht, mit der ja jedes
Oelbild schliesslich überzogen wird, eliminieren las-
sen. Es dürften wohl noch einige Jahre dahingehen,
bis diese elementare Frage endlich nach jeder Rich-
tung geprüft und sicher entschieden ist.
Die Emphndlichkeit des Bleiweiss gegen Schwe-
felwasserstoff, der sich sehr oft, wenn auch nur in
minimalen Mengen, in der Luft vorfindet, veran-
lasst namentlich den Chemiker häufig, vor der Ver-
wendung des Bleiweiss und anderer bleihaltiger
Farben in der Kunstmalerei zu warnen. Ich hielt
es daher für angezeigt, festzustellen, ob der eben
schon erwähnte Gemäldelack — in der Regel un-
zutreffend Gemäldefirnis genannt — einen wirksamen
Schutz gegen das gefährliche Gas üben könne. Diese
Frage ist mit aller Bestimmtheit zu bejahen. Es