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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 5
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Volkert, Hans: Vom Lithographieren auf Papier
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Berger, Ernst: Neue Malerfarben, [2]: I. Professor Ph. Fleischers Meisterfarben der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0022

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 5.

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dem Umdruck mit schwach gesäuertem Gummi arabi-
cum präpariert und getrocknet, um für den Aufiage-
druck in der übiichen Weise, wie ein „Originaistein",
zugerichtet zu werden.
Aenderungen können durch Schaben oder mit
der Fettusche mittels Pinsel oder Feder, auf vor-
her durch Holzessig- oder Alaunlösung entsäuertem
Steine, vorgenommen werden.
In gleicher Weise, wie das besprochene Ver-
fahren, sind auch die Farbplatten mit Zuhilfenahme
sogen. „Klatsche" oder durch Konturzeichnungen
herzustellen. Hans Volkert, Maler-Graphiker.
Neue Malerfarben:
I. Professor Ph. Fleischers Meisterfarben
der Renaissance.
(Fortsetzung.)
„Wir (die heutigen Maler) — äusserte Böcklin einmal —
sind ja alle Abenteuerer ohne Halt, Steuer und Kompass. Jeder
in seiner Nusschale. Keiner hat einen Halt am Früheren. Er
weiss nichts, glaubt nichts, schaut nach und versuchts." Aus
dieser Haltlosigkeit entsprangen auch die ungezählten vermeint-
lichen Erfindungen auf dem Gebiete der Maltechnik. Erfin-
dungen, die noch stets mit Enttäuschungen endigten. Ich er-
innere nur an die Pereira-Tempera, an Ludwigs Petroleum-
malerei, die Kase'infarben, Bergers Ei-Oel-Tempera,*) an die
Synthonos- und Petersens Saxonia-Farben, an Raffaeilis Oel-
farbstifte, Schudts Kasein-Kalk-Malgrund etc. etc. Alle diese
Erscheinungen haben aber statt Besserung zu bringen, die Ver-
worrenheit nur noch erhöht. Man ist nun auch gegen alle
Neuheiten auf maltechnischem Gebiet misstrauisch geworden
und fürchtet sich vor Zeit und Geld verschlingenden Experi-
menten, denen meist schon von vornherein jeder Erfolg ab-
gesprochen werden muss.
Es gehört nicht wenig Mut dazu, um trotzdem schon
wieder mit einer neuen Sache an die Oeffentlichkeit zu
treten und gross muss das Gefühl der Sicherheit sein, wenn
es gewagt wird.
Vor uns stehen zwei von Professor Fleischer nach Rubens-
schen Originalen gefertigten Kopien, die völiig aus dem Rahmen
des bisher nicht Gewohnten heraustreten und die zu den mannig-
fachsten Betrachtungen Anlass geben.
Professor Fleischer hat mit diesen Kopien vor allem
einmal den Beweiss geliefert, dass Rubens, ebensowenig wie
die Meister seiner Zeit, mit einem unserem heutigen Material
ähnlichen gearbeitet haben. Man vergleiche seine Kopien mit
denen, die von Lenbach, WoH Liphart u. a. in der Schack-
Galerie hängen. Während hier konstatiert werden muss, dass
sie infolge des verwendeten, unhaltbaren und trüben Materials
in keiner Weise mehr als getreue Kopien angesprochen wer-
den können, da die Farben, im Gegensatz zu denen der Ori-
ginale, bereits gänzlich nachgedunkelt, zerrissen und abge-
storben sind, so muss hier bei Professor Fleischers Kopien
anerkannt werden, dass diese sowohl hinsichtlich des Mate-

*) In diesem Zusammenhänge hat es den Anschein, als
ob ich die Ei-Oel-Tempera als Ersatz für die moderne Oel-
technik empfohlen hätte. Dies beruht jedoch auf irriger An-
nahme. Ich habe die Oeltempera in meinem Buche (Quellen
und Technik der Fresko-, Oel- und Tempera-Malerei des
Mittelalters) mit der Erfindung des Van Eyck in Beziehung
gebracht, dabei aber ausdrücklich S. 255/6 betont, dass die-
selben Gründe, welche damals zum Aufgeben einer Technik
Veranlassung gaben, meiner Meinung nach auch heute mass-
gebend sein dürften und „nur derjenige, welcher in der Art
des XVI. Jahrhunderts arbeiten will", die Reize dieser
Technik schätzen lernen wird. E. B.

rials, der Durchsichtigkeit und Leuchtkraft der Farben wie
auch in Bezug auf die Leichtigkeit und Freiheit in der tech-
nischen Behandlung jedem Vergleich mit den Originalen stand-
halten. Man könnte hier einwenden, dass die Kopien in der
Schack-Galerie vor vielen Jahren angefertigt wurden und dass
die Zeit ihren Tribut geltend gemacht hat, während Fleischers
Kopien soeben erst die Staffelei verlassen haben und daher
mit jenen nicht verglichen werden können. Ein solcher Ein-
wand scheint mir aber hier nicht stichhaltig. Professor Flei-
schers Verfahren beruht auf langjährigen praktischen Versuchen
und Studien, besonders hinsichtlich der Haltbarkeit und Leucht-
kraft der Farben. Bei der Herstellung und Verwendung seines
Materials wurde die denkbar grösste Sorgsamkeit beobachtet,
so dass grosse Garantie für die Unveränderlichkeit dieser Ko-
pien gegeben ist. An denselben ist die technische Entwick-
lung klar erkenntlich. Man sieht die Reinheit der Lasuren,
die Untermalung und die Mitwirkung der Untergründe. Ganz
ausserordentlich ist die Wiedergabe der ureigensten Handschrift
und Pinseltechnik des Meisters, so dass durch Kontrolle mit
dem Vergrösserungsglas jeder auch noch so diskrete Pinsel-
strich nachweisbar ist — eine Exaktheit der Wiedergabe, auf
die Fleischer ganz besonderen Wert gelegt hat, da sie mit
unseren Oelfarben niemals erreicht werden kann. So ist es
auch z. B. unmöglich, mit Oelfarben die Charakteristik der
Primamalerei auch nur annähernd zum Ausdruck zu bringen. —
Sein Malverfahren hat Professor Fleischer folgendermassen
geschildert:
Es umfasst:
1. Malgrund unveränderlich durchlassend auf Holz und
Leinwand.
2. Malgrund wenig durchlassend.
3. Einfach oder doppelt hart; die Farbe schlägt darauf
nicht ein. Dazu ein Grundiermittel für die Konservierung.
Schutz gegen Pilze und Nässe.
Dann:
a) Die Tempera-Farben bisher unbekannter Zusammen-
setzung; dazu zwei Bindmittel nach Belieben zu gebrauchen,
eines oder das andere langsam oder sehr schnell trocknend.
b) Die Farbe zur Prima-Malerei, dazu das Bindemittel
aus gleichem Stoff hergestellt.
c) Die Farben zum Uebermalen oder Lasieren; dazu
das Bindemittel schnell oder langsam auftrocknend.
d) Der Retuschierfirnis, aus den gleichen Stoffen her-
gestellt.
Nach Fleischer haben die alten Maler nur mit runden,
spitzen, elastischen Pinseln gearbeitet. Die gegenwärtig in
der Oelmalerei verwendeten Pinsel erklärt er für zu flach, zu
steif und zu hart.
Ueber sein Farbenbindemittel speziell spricht sich Pro-
fessor Fleischer selbst in folgender Weise aus:
„Die wesentliche verschiedene Beschaffenheit und Zube-
reitung des Bindemittels ist bekanntlich die Ursache der Ein-
teilung der Malerei in ebenso verschiedene Hauptgattungen,
insbesondere trägt es zur Farbenwirkung und Dauerhaftigkeit
der Gemälde bei.
Möge man bedenken, dass es in der Kunst kein grösseres
Verdienst gibt, als Mittel und Wege zu finden, durch welche
ein schöpferischer Geist die Technik der Malerei ungezwungen
zu beherrschen imstande ist. Die Technik ist nicht bloss eine
äussere Bedingung der Kunst, sondern ein Teil des inneren
Wesens.
Um in der Malerei dauerhafte und wertvolle Werke
schaffen zu können, ist es unumgänglich wichtig, sich zuvor
aller Erfordernisse zu ihrer Ausübung zu versichern und auf
die möglichst höchste Vollkommenheit des Materials, der Un-
veränderlichkeit der Farbe und der Bindemittel Gewicht zu
legen. Von dem Farbenbindemittel ist die ganze Ausführung
und der technische Wert eines Bildes abhängig, da auch nach
ihm die Art der Malerei selbst benannt wird und somit das
Fundament der Malkunst bedeutet.
Wenn leider zu wenig Wert auf die Wahl des Mal-
mittels gelegt wird, so sind die Folgen davon ersichtlich, in-
dem viele Gemälde der neuen Zeit schon ruiniert sind und
 
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