Nr 20.
Münchner kunsttechnische Blätter.
79
zur Verseifung, d. i. zur Spaltung der vorhandenen
Aether oder Ester, weiche die Hauptbestandteil
der Oeie und Wachse sind, verbraucht wird.
(Fortsetzung foigt.)
Hubert v. Herkomer über Radierkunst.
Von Heien Zimmern.
(Schiuss.)
Auch Veiin ist brauchbar, gewährt aber in-
foige der verschiedenartigen Zurichtung der Häute
keine genügende Garantie für den Erfoig. Das
am meisten beliebte japanische Papier scheint dem
Professor nicht recht zu gefallen.
Ein Vortrag ist gänzlich der Schwarzkunst
(Mezzo tinto-Manier) gewidmet und mit Beschrei-
bungen der dazu erforderlichen Werkzeuge ver-
sehen, von denen einige durch schön radierte
Zeichnungen veranschaulicht sind. Der Professor
teilt keineswegs das Vorurteil vieler Künstler
gegen die Photogravüre. Andererseits sieht er
aber darin nicht das exakte Reproduktionsmittel
für Gemälde, als welches es von manchen erachtet
wird. Dass er die Massenproduktion radierter
Kopien von Gemälden ungemein schädlich für
die Radierkunst findet, ist bei seiner starken
Ueberzeugung von der Bedeutung der künstle-
rischen Individualität nicht mehr als natürlich.
Interessant ist auch, was Herkomer in diesem
Vortrag über die sogenannte Monotypie sagt,
welche eigentlich nicht mehr so genannt werden
sollte, weil er ein Verfahren erfunden hat, sie zu
vervielfältigen. Die Herstellung der Monotypie,
„eine Spielerei für einen Maler", geschieht wie
folgt: Man bedecke eine polierte Kupferplatte
vollständig mit Druckerschwärze vermittelst des
Ballens, ganz so, als wäre etwas zum Abdruck
darauf. Sodann wische man mit weichem oder
hartem Pinsel — auch den Fingern oder Lappen
— auf dem schwarzen Grunde die gewünschten
Formen des Bildes heraus. Man muss sorgsam
darauf achten, dass beim Druck nicht durch
starkes Pressen die Zeichnung verwischt wird,
die nur durch den mehr oder minder starken
Auftrag der Schwärze markiert ist, da die Platte
keinen Stich und keine Aetzung erhalten hat. Ist
aber der Druck zu schwach, so wird das Bild
ein wolliges Ansehen gewinnen. Herkomer hat
dem Text eine Monotypie-Illustration beigegeben,
die Figur eines alten Schäfers mit gefalteten
Händen. Ueber dieses Blatt, welches in der
Akademie ausgestellt war, haben sich Radierer,
Stecher und Zeichner nicht wenig den Kopf zer-
brochen. Keiner hatte eine Ahnung, wie es ge-
macht war. Herkomer fand es nun schade, dass
solche flotte, künstlerische Arbeit nur für den
einen Abdruck ausgeführt sein sollte. Er ging
also mit einem Assistenten,,Mr. Cox, ans Werk,
ein Verfahren zur Vervielfältigung der Monotypien
zu erfinden. Mr. Cox gelang es, diese Erfindung
noch zu vervollständigen, welche sodann patentiert
worden ist; jedoch nur, um das Verfahren gegen
Monopolisierung von anderer Seite zu schützen.
Die Anwendung ist jedermann freigestellt;
hier das Rezept:
Man mische zu gleichen Teilen Graphit mit
deutscher Druckerschwärze und Oel, streiche
diese Masse auf die Kupferplatte mit Hilfe einer
Auftragwalze und wische dann in der vorhin er-
wähnten Weise die Figuren heraus. Sodann
nehme man in gleichen Teilen gepulverten Putz-
stein, Bronzestaub und Asphalt, ebenfalls pulve-
risiert, tränke die beiden ersteren Stoffe mit
Terpentin, tue, wenn dieselben ganz trocken ge-
worden, das Asphaltpulver dazu und das Ganze
in einen kleinen Beutel von feinem Mull. Wenn
die Zeichnung fertig ist, bestäube man sie ver-
mittelst dieses Beutels so lange, bis die Platte
ganz mit Pulver bedeckt ist. Nun fahre man
äusserst behutsam mit einem weichen Kameel-
haarpinsel über die Pulverschicht hin und das
Bild wird alsbald wieder sichtbar, in den Ver-
tiefungen aber mehr oder weniger mit Pulver
gefüllt sein. Man lasse hierauf die Platte drei
Tage lang trocknen und gebe dann irgend einem
in Galvanotypie erfahrenen Elektrotechniker den
Auftrag, sie galvanisch mit Kupfer zu überziehen,
erteile ihm aber strenge Weisung, die Oberfläche
nicht anzurühren, da diese vollständig präpariert
ist, den Niederschlag aufzunehmen und in der Tat
zu einer richtigen Matrize geworden ist. Der
Kupferüberzug, welcher die Stärke der für Stecher
und Radierer gewöhnlich hergestellten Platten
erhält, wird das Bild in umgekehrter Form auf-
weisen. Die Stellen, wo die Lichter aus dem
Grunde herausgewischt sind, werden erhaben sein,
vertieft dahingegen die Partien, wo die Schwärze
als Schatten stehen geblieben ist. Es ist dies
ein ebenso anregendes, wie lohnendes Verfahren
und gibt dem Maler Gelegenheit, sein künstle-
risches Können in anderer Weise, als er es ge-
wohnt ist, zu üben.
Die Vorträge Herkomers werden, wie er
selber annimmt, zu vielen Kontroversen und Er-
örterungen unter Malern und Radierern Veran-
lassung geben. Er bespricht den Gegenstand
mit einer ausserordentlichen Wärme. Und viele
seiner Ansichten darüber stimmen nicht mit den
allgemein gehegten überein. In seiner Selbst-
biographie schreibt er: „Mit dem Radieren er-
öffnete sich mir ein neues interessantes Studium.
Dieser Kunst wandte ich mich mit Begeisterung
zu und zwar in derselben Weise wie es mir be-
stimmt schien, jede Kenntnis, die ich mir ange-
eignet habe, zu erwerben; nämlich, die zu er-
lernende Kunst sofort auszuüben und dann erst
herauszubekommen, wie das Ergebnis sich erzielen
lässt . . . Niemand zeigte sich bereitwillig, mir
Münchner kunsttechnische Blätter.
79
zur Verseifung, d. i. zur Spaltung der vorhandenen
Aether oder Ester, weiche die Hauptbestandteil
der Oeie und Wachse sind, verbraucht wird.
(Fortsetzung foigt.)
Hubert v. Herkomer über Radierkunst.
Von Heien Zimmern.
(Schiuss.)
Auch Veiin ist brauchbar, gewährt aber in-
foige der verschiedenartigen Zurichtung der Häute
keine genügende Garantie für den Erfoig. Das
am meisten beliebte japanische Papier scheint dem
Professor nicht recht zu gefallen.
Ein Vortrag ist gänzlich der Schwarzkunst
(Mezzo tinto-Manier) gewidmet und mit Beschrei-
bungen der dazu erforderlichen Werkzeuge ver-
sehen, von denen einige durch schön radierte
Zeichnungen veranschaulicht sind. Der Professor
teilt keineswegs das Vorurteil vieler Künstler
gegen die Photogravüre. Andererseits sieht er
aber darin nicht das exakte Reproduktionsmittel
für Gemälde, als welches es von manchen erachtet
wird. Dass er die Massenproduktion radierter
Kopien von Gemälden ungemein schädlich für
die Radierkunst findet, ist bei seiner starken
Ueberzeugung von der Bedeutung der künstle-
rischen Individualität nicht mehr als natürlich.
Interessant ist auch, was Herkomer in diesem
Vortrag über die sogenannte Monotypie sagt,
welche eigentlich nicht mehr so genannt werden
sollte, weil er ein Verfahren erfunden hat, sie zu
vervielfältigen. Die Herstellung der Monotypie,
„eine Spielerei für einen Maler", geschieht wie
folgt: Man bedecke eine polierte Kupferplatte
vollständig mit Druckerschwärze vermittelst des
Ballens, ganz so, als wäre etwas zum Abdruck
darauf. Sodann wische man mit weichem oder
hartem Pinsel — auch den Fingern oder Lappen
— auf dem schwarzen Grunde die gewünschten
Formen des Bildes heraus. Man muss sorgsam
darauf achten, dass beim Druck nicht durch
starkes Pressen die Zeichnung verwischt wird,
die nur durch den mehr oder minder starken
Auftrag der Schwärze markiert ist, da die Platte
keinen Stich und keine Aetzung erhalten hat. Ist
aber der Druck zu schwach, so wird das Bild
ein wolliges Ansehen gewinnen. Herkomer hat
dem Text eine Monotypie-Illustration beigegeben,
die Figur eines alten Schäfers mit gefalteten
Händen. Ueber dieses Blatt, welches in der
Akademie ausgestellt war, haben sich Radierer,
Stecher und Zeichner nicht wenig den Kopf zer-
brochen. Keiner hatte eine Ahnung, wie es ge-
macht war. Herkomer fand es nun schade, dass
solche flotte, künstlerische Arbeit nur für den
einen Abdruck ausgeführt sein sollte. Er ging
also mit einem Assistenten,,Mr. Cox, ans Werk,
ein Verfahren zur Vervielfältigung der Monotypien
zu erfinden. Mr. Cox gelang es, diese Erfindung
noch zu vervollständigen, welche sodann patentiert
worden ist; jedoch nur, um das Verfahren gegen
Monopolisierung von anderer Seite zu schützen.
Die Anwendung ist jedermann freigestellt;
hier das Rezept:
Man mische zu gleichen Teilen Graphit mit
deutscher Druckerschwärze und Oel, streiche
diese Masse auf die Kupferplatte mit Hilfe einer
Auftragwalze und wische dann in der vorhin er-
wähnten Weise die Figuren heraus. Sodann
nehme man in gleichen Teilen gepulverten Putz-
stein, Bronzestaub und Asphalt, ebenfalls pulve-
risiert, tränke die beiden ersteren Stoffe mit
Terpentin, tue, wenn dieselben ganz trocken ge-
worden, das Asphaltpulver dazu und das Ganze
in einen kleinen Beutel von feinem Mull. Wenn
die Zeichnung fertig ist, bestäube man sie ver-
mittelst dieses Beutels so lange, bis die Platte
ganz mit Pulver bedeckt ist. Nun fahre man
äusserst behutsam mit einem weichen Kameel-
haarpinsel über die Pulverschicht hin und das
Bild wird alsbald wieder sichtbar, in den Ver-
tiefungen aber mehr oder weniger mit Pulver
gefüllt sein. Man lasse hierauf die Platte drei
Tage lang trocknen und gebe dann irgend einem
in Galvanotypie erfahrenen Elektrotechniker den
Auftrag, sie galvanisch mit Kupfer zu überziehen,
erteile ihm aber strenge Weisung, die Oberfläche
nicht anzurühren, da diese vollständig präpariert
ist, den Niederschlag aufzunehmen und in der Tat
zu einer richtigen Matrize geworden ist. Der
Kupferüberzug, welcher die Stärke der für Stecher
und Radierer gewöhnlich hergestellten Platten
erhält, wird das Bild in umgekehrter Form auf-
weisen. Die Stellen, wo die Lichter aus dem
Grunde herausgewischt sind, werden erhaben sein,
vertieft dahingegen die Partien, wo die Schwärze
als Schatten stehen geblieben ist. Es ist dies
ein ebenso anregendes, wie lohnendes Verfahren
und gibt dem Maler Gelegenheit, sein künstle-
risches Können in anderer Weise, als er es ge-
wohnt ist, zu üben.
Die Vorträge Herkomers werden, wie er
selber annimmt, zu vielen Kontroversen und Er-
örterungen unter Malern und Radierern Veran-
lassung geben. Er bespricht den Gegenstand
mit einer ausserordentlichen Wärme. Und viele
seiner Ansichten darüber stimmen nicht mit den
allgemein gehegten überein. In seiner Selbst-
biographie schreibt er: „Mit dem Radieren er-
öffnete sich mir ein neues interessantes Studium.
Dieser Kunst wandte ich mich mit Begeisterung
zu und zwar in derselben Weise wie es mir be-
stimmt schien, jede Kenntnis, die ich mir ange-
eignet habe, zu erwerben; nämlich, die zu er-
lernende Kunst sofort auszuüben und dann erst
herauszubekommen, wie das Ergebnis sich erzielen
lässt . . . Niemand zeigte sich bereitwillig, mir