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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 21
DOI Artikel:
Buchner, Georg: Ueber die Untersuchung der Oelfarben auf die Art und Menge der Bindemittel, [2]
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Neue Malerfarben, [9]: V. Die Temperafarben des Handels
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https://doi.org/10.11588/diglit.36595#0086

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82

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 2t.

um einige Prozente von der Wirkiichkeit differieren
können; zu ganz genauen Untersuchungen ist daher
die Trennung und Wägung der einzeinen Bestand-
teile uneriässiich.
Ein Beispiel sei folgendes: Aus einem Leinöl
mit der Verseifungszahl IQO und einem Bienen-
wachs mit der Säurezahl 20, der Aetherzahl 73,
der Verseifungszahl Q5 ist eine Mischung hergestellt
aus 8o% Leinöl und 20% Bienenwachs; erhält
man bei der Verseifung dieses Produktes eine
Säurezahl Aetherzahl 167, Verseifungszahl 1/1,
so kann man aus diesen Daten genau 80% Leinöl
und 20% Bienenwachs berechnen. Kennt man
die genauen Zahlen des verwendeten Oeles und
Wachses nicht, so muss man bei der Berechnung
die Mittelwerte zugrunde legen und erhält dann
nur annähernde Werte. (Schluss folgt.)
Neue Malerfarben.
V. Die Temperafarben des Handels.
Von E. Berger.
Auf keinem Gebiete werden von seiten der
Künstlerfarben-Fabrikation in jüngster Zeit so
viele Neuerungen auf den Markt gebracht, als
auf dem der sogen. Tempera. Man könnte daraus
den Schluss ziehen, einesteils, dass ein allgemeines
Bedürfnis für Temperafarben vorhanden ist, dem
die Fabrikanten nachzukommen das Bestreben
haben, andernteils, dass die vorhandenen Tem-
perafarben Mängel aufweisen, durch deren stete
Verbesserung den Wünschen der Malerwelt ent-
sprochen werden soll.
Was nun das „allgemeine" Bedürfnis betrifft,
so könnte man dieses wohl in Zweifel ziehen;
denn soviel wir in den Ausstellungen zu bemerken
Gelegenheit haben, ist weitaus die grösste Zahl
der Bilder mit der gewohnten Oelfarbe gemalt.
„Temperagemälde" werden nur von ganz wenigen
Künstlern ausgestellt. Es scheint die Zeit der
„Oelfurcht", die uns vor einigen Jahren der
Tempera in die Arme getrieben hat, bereits vor-
bei und die Rückkehr zur Oelfarbe event. unter
Zusatz firnisartiger Substanzen allgemein.
Wenn nun die Maler immer noch trotz der
allseits bekannten Schwierigkeiten und Enttäu-
schungen zur Tempera greifen, so muss das seine
bestimmten Gründe haben, über die Herr Kollege
Albert Lamm sich in einem Artikel „Warum
Tempera?" (s. M. kunsttechn. Bl., 11. Jahrg., Nr. 23
und 24) eingehender ausgesprochen hat. Auch
darüber besteht kaum ein Zweifel, dass unser
Arnold Böcklin auf die Verbreitung dieser Technik,
die er nicht nur mustergültig, sondern auch meister-
haft beherrschte und zu der er nach wiederholtem
Wechsel des Materials in den letzten Jahrzehnten
seiner Tätigkeit wieder zurückkehrte, ungeheuren
Einfluss genommen hat.

Die grossen Erfolge Böcklins mögen wohl
bei vielen Künstlern mit Ursache gewesen sein,
das Material zu verwenden, aber das allein ist
kaum ein Grund für die grosse Zahl der Tempera-
farben des Handels. Wenn diese Technik den
heutigen Malern nicht an sich Vorteile böte,
könnte man das erneute Angebot von Tempera-
farben kaum begreifen. Die Vorteile sind meines
Erachtens in der Vielseitigkeit der Anwendungs-
weise zu erblicken. Abgesehen von der Annehm-
lichkeit des schnellen Trocknens, durch die sich
die Farben für Untermalungen jeder Art eignen,
bietet die Tempera einen vollkommenen Ersatz in
der Anwendung von Gouache für alle Arten kunst-
gewerblicher Entwürfe, für Dekorationsmalereien,
für Plakate, Postkarten und das grosse Gebiet
der Illustration. Als technischer Vorzug könnte
noch das Haften auf jedem Grund, das schnelle
Fortschreiten der Arbeit und die Klarheit der
Farben in Anschlag gebracht werden. Auf einer
fixierten Zeichnung kann mit Hilfe der Tempera
mit Leichtigkeit das Gemälde fertig herausgebildet
werden, ohne die Gefahr des Nachdunkeins, wenn
die Tempera als Untertuschung benutzt und mit
Oelfarbe übermalt wird. Mit Wasser verdünnt
kann die Tempera auch die Aquarellfarben er-
setzen, was für Architekturentwürfe, beim Arbeiten
nach der Natur von Vorteil sein mag und wenn
die Zusammensetzung des Bindemittels eine richtige
ist, erhärten die Farben, so dass die Malereien
nach Ablauf einer gewissen Zeit das Abwaschen
mit Wasser gestatten.
Für den Maler kommt es selbstverständlich
darauf an, welche der ihm angebotenen Tempera-
farben des Handels seinen Zwecken am besten
entsprechen und dass unter den gegenwärtigen
Umständen nicht leicht ist, die richtige zu wählen,
mag aus der hier folgenden Liste der Tempera-
farben ersehen werden.

Im Handel befinden sich:
1. Wurmsche Tempera vonRich. Wurm, München;
2. v. Pereira-Tempera J von J. G. Müller & Co.,
3. Mediumfarbe J Stuttgart;
4. Tempera 1 von Herrn. Neisch
g. Oeltempera (MarkeSaxonia)J& Co., Dresden;
6. (Leim-, Kleister-lTempera ) ^ c- i . ,
„ L.. D J f vonH.Schmmcke
7. Ettempera-Bmdemtttel MK L, , ,
^ ^ TTT-J&Oo., Düsseldorf
8. Harz-Emulstons-lemperaHDJ
(laut Preisverzeichnis in „Monumentalmal.", S.28);
g. Verbesserte Eitempera 1 von Dr. Fr. Schönfeld
10. Lechners Oeltempera J & Co., Düsseldorf;
11. Boyers Oeltempera (auf flandrische Art) von
Stephan Schönfeld, Düsseldorf;
12. Tempera von Haase & Brandt, Berlin-Tegel;
13. Tempera von C. Bössenroth, Dachau;
14. Pelikan-Tempera v. Günther Wagner, Hannover;
15. Temperafarben von Dr. O. Buss & Co., Rüsch-
likon bei Zürich;
 
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