Nr. 24. Münchner kunsttechnische Blätter.
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tage die Oeimaierei auffasst und ausübt. Aus der
Untersuchung dieser aiten Gemälde mit dem Mi-
kroskop nach der beschriebenen Methode geht
ferner eine wichtige Tatsache klar hervor, nämlich
die, dass die Maler der deutschen und niederlän-
dischen Blütezeit der Kunst ihre Farben in deut-
lich getrennten Schichten aufgetragen und deren
Transparenz und Lasurwirkung für den Effekt der
Mischung benützt haben und dass sie dadurch,
insbesondere die Niederländer, eine chemische
Zersetzung und Veränderung der benachbarten
Schichten zu vermeiden wussten, dass sie trennende
homogone, gewissermassen indifferente Schichten
zwischenlegten.
Das ist alles, was ich über diese Unter-
suchungen mitteilen möchte. Ich hoffe, dass diese
Methode einer grossen Vervollkommnung fähig
ist, und dann noch weitere Aufschlüsse über die
Technik namentlich der alten Meister geben wird.
Neue Malerfarben.
V. Die Tetpperafarben des Handels.
Von E. Berger. (Fortsetzung.)
Bei dieser Art von Emulsionen treten also zu
dem physikalischen Momente der Hemmung des
Auftriebes noch die Erscheinungen der Ober-
flächenspannung und Kapillarität hinzu. Wie Dr.
Eibner zugleich bemerkt, sind bei dem Zustande-
kommen der Emulsion in der Milch (und ebenso
auch beim Hühnerei) offenbar andere Verhältnisse
im Spiel, da die genannten Lufteinschlüsse fehlen
und die Darstellung mit jenen durch blosses
Schütteln erhaltenen Emulsionen nicht vergleich-
bar ist.
Eine von beiden Emulsionsarten verschiedene
haben wir zu erkennen, bei der Bildung der sogen.
Wachstemperai), die Dr. Eibner „als instruk-
tivstes, weil einfachstes Beispiel von Tempera"
bezeichnet. Wird nämlich natürliches Bienen-
wachs mit einer wässerigen Lösung von Pottasche
gekocht, so tritt starkes Aufwallen ein, wobei
sich das geschmolzene, vorher auf dem Wasser
schwimmende Wachs fast sofort in der ganzen
Flüssigkeit verteilt. Hier haben wir es aber
nicht nur mit einer physikalischen Mischung zu
tun, wie bei den Gummi-Emulsionen, sondern die
Erscheinung ist mit einem chemischen Vorgang
ursächlich im Zusammenhang, indem ein geringer
Teil des durch die Kochung gebildeten fettsauren
Salzes (aus der Cerotinsäure des Wachses und
dem Kali der Pottasche) zu einer schleimigen
') Die Kenntnis dieser Tempera im Altertum ist
durch Qu. Serenus Sammonicus (2. Jahrh. n. Chr.)
überliefert. Dr. Eibner meint (a. a. O. S. 232), solche
Wachsemulsionen könnten nur in der Wandmalerei
Anwendung finden, gibt aber die Gründe dafür nicht
an. Nach meinen Erfahrungen ist auch bei Tafelmalerei
deren Gebrauch wohl möglich, wenn man Gummi, Ei
oder Leim zur Bindung hinzufügt.
Flüssigkeit gelöst wird, die als emulgierendes
Agens das geschmolzene Wachs verteilt und
umhüllt.
Das nämliche tritt ein, wenn man Oel oder
Wachs mit einer ganz geringen Menge einer
neutralen Seifenlösung kocht oder nur schüttelt,
so dass wir hier auch eine Art der Emulsions-
bildung vor uns haben.
Nachdem wir uns über die Einzelheiten hei
der Emulsionsbildung einigermassen klar geworden
sind, mag es zweckmässig sein, eine übersicht-
liche Einteilung der Temperaarten nach ihrer
Herkunft und Darstellungsweise aufzustellen. Die
Unterscheidung zwischen „alter" und „neuer"
Tempera ist zu ungenau und nicht präzis genug;
gegen die in der Werkstättenpraxis üblichen
Bezeichnungen „magere" und „fette", wobei unter
magerer Tempera jene gemeint sind, denen nicht
noch weitere Anteile von fetten Substanzen bei-
gegeben werden, wird eingewendet, dass z. B.
die Eitempera als „Schulbeispiel" einer fetten
oder Emulsionstempera zu gelten habe. Es bleibt
demnach als einfachste Unterscheidung die in
„natürliche" und „künstliche" übrig, wobei
die alte Eitempera und die Milch als Repräsen-
tanten der ersten Art, alle übrigen Arten der
Tempera, bei welchen, gleichviel welche, emul-
gierende Agentien zur Mischung mit Oelen, Harzen,
Wachs oder Lösungen von solchen Substanzen unter
die zweite Art einbezogen werden.
Ich füge hier die Einteilung von Dr. Eibner an,
die die bekannterenOeltemperaarten zusammenfasst:
A. Natürliche Emulsionen.
1. Eidotter.
Bestandteile: Wasser und Dotteröl.
Emulgierendes Agens: Vitellinlösung.
2. Milch.
Bestandteile: Wasser und Butterfett.
Emulgierendes Agens: Caseinlösung.
B. Künstliche Emulsionen.
(Bezeichnung nach dem emulgierenden Agens.)
f. Ei-Oeltempera.
Bestandteile: Trockenöl und Wasser.
Emulgierendes Agens: Eidotter.
2. Casein-Oeltempera.
Bestandteile: Trockenöl und Wasser.
Emulgierendes Agens: Caseinlösung.
3. Gummi-Oeltempera.
Bestandteile: Trockenöl und Wasser.
Emulgierendes Agens: Gummilösung.
4. Seifentempera (alte Wachstempera).
Bestandteile: Wachs und Wasser.
Emulgierendes Agens: Salze der Wachs-
säuren (Seifenlösung).
Aus dieser Uebersicht ist zunächst zu (olgern,
dass stets nur eine ölige Substanz mit einem
emulgierenden Agens vereinigt zu werden braucht,