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Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 8.
Als aufgelegte Farbe erwies sich das Zink-
weiss am ungünstigsten, es zeigte in 34 Fällen
Risse. Dann folgte Chromgelb mit 25, Karmin
mit 22, Alizarinorange mit 20, die beiden Kobalt-
blau mit 18, Blaugrünes Oxyd und Dunkles Kad-
mium mit Iß, Lichter Ocker, Grüne Erde, Helles
Neapelgelb mit 12, Gebrannter Ocker mit 11.
Am günstigsten und in keinem Falle Risse
zeigend erwiesen sich als aufgelegte Farben
Asphalt, Lithopon, Mennige und die beiden
Kobaltgrün, mit Ausnahme des Asphalt also ge-
rade solche, welche als Untergrund besonders
gefährlich sind. Es folgten dann Ultramarin
dunkel, das nur einmal, Mumie, Siena, Bleiweiss,
Chromoxyd feurig, die zweimal, Kadmium hell,
Pariser Blau, die dreimal, Krapp, Cörule'in, Indigo,
Engl. Rot, Preussisch Braun, Gebrannte Umbra,
die je viermal Risse zeigten.
Auf Aufzählung der übrigen sei an dieser
Stelle verzichtet, um den Ueberblick nicht zu
stören.
Irgend welche Gesetzmässigkeiten lassen
sich aus diesen Beobachtungen nicht ableiten.
Man trifft sowohl bei den gefährlichen wie bei
den ungefährlichen solche Farben an, die gemein-
hin als gut trocknend gelten, die also sehr bald
so weit erhärten, dass sie nichts mehr an den
aufgelegten Finger abgeben, und solche, die sehr
lange verwischbar bleiben; man findet ferner in
beiden Gruppen ölreiche und ölarme, glänzend
trocknende und matt trocknende und in beiden
Gruppen Farben, die chemisch nahe verwandt
sind. Man muss also aus den Einzelbeobach-
tungen praktischen Nutzen zu ziehen suchen. In
dieser Hinsicht ist folgendes anzuführen:
Zinkweiss unvermischt ist überhaupt zu ver-
meiden, es ist nicht nur selbst in hohem Grade
geneigt, zu reissen, sondern veranlasst auch in
den darüber gelegten Farben die Entstehung von
Rissen in ausgesprochenstem Masse.
Mennige ist als Untergrund ganz entschieden
zu vermeiden, dagegen liegt kein Bedenken vor,
es zur Erzeugung besonderer Farbeffekte auf
irgend eine andere Farbe aufzusetzen. Das
gleiche gilt vom Kobaltgrün. Umgekehrt wird
man Chromgelb als Grundfarbe nicht zu fürchten
haben, dagegen wird man es nicht auf andere
Farben aufsetzen dürfen. Dasselbe ist von Karmin
zu sagen, das aber wegen seiner geringen Licht-
echtheit für die Kunstmalerei überhaupt nicht
mehr ernstlich in Betracht kommt.
Wie die Versuche ferner gezeigt haben und
wie dem praktischen Maler hinlänglich bekannt
ist, ist auch das Bleiweiss eine gefährliche Grund-
farbe, und andererseits besitzen eine Anzahl dem
Künstler unentbehrlicher Farben, nämlich Kobalt-
blau, Blaugrünes Oxyd, Kadmium, Ocker, Grüne
Erde, Neapelgelb und auch das schöne und sehr
lichtechte Alizarinorange noch eine recht unan-
genehme Neigung, auf anderen Farben rissig zu
werden. Um dieser Erscheinung vorzubeugen,
dürfte es zurzeit kein anderes Mittel geben, als
ein möglichst vollständiges Trocknen des Unter-
grundes, was wieder durch eine sehr sparsame
Anwendung der Grundfarbe wesentlich unter-
stützt wird.
Es wurde ferner festgestellt, dass ein dünner
Untergrund überhaupt viel weniger gefährlich ist
als ein dicker, und dass die Gefahr des Reissens
desto geringer ist, je dicker die aufgelegte Schicht
im Verhältnis zu der darunter befindlichen ist,
selbst wenn die letztere nicht vollständig durch-
getrocknet ist, wenn sie bedeckt wird. Hierin
liegt wohl auch eine Erklärung dafür, dass man
Mennige, trotzdem sie in Oel als Untergrund so
sehr gefährlich ist, gleichwohl zum Grundieren
von Eisengegenständen anwenden kann und viel-
fach benutzt. Man wendet die Mennige in diesen
Fällen sehr sparsam an und übergeht sie dann
mit einer wesentlich dickeren Schicht einer
anderen Farbe.
Es sind natürlich viele Versuche angestellt
worden, um ein Radikalmittel gegen die Bildung
der Risse zu finden, aber vergeblich. Das An-
feuchten der getrockneten Grundfarbe mit Ter-
pentinöl, mit einem Gemisch von Terpentinöl und
Alkohol, mit Copaivaöl, mit Spiköl, mit Copaiva-
balsam, ebenso das Schleifen mit dem Gemisch
aus Terpentinöl und Alkohol hatten keinerlei
Einfluss; auch ein Lasieren mit Kopal in Oel
zeigte sich wirkungslos. Eine Beimischung von
Copaivabalsam und eine solche von Harzen bis
zu 20°^ zu der Grundfarbe Hessen ebenfalls
keinen wesentlichen Einfluss erkennen, wiewohl
ölfreie Harzfarben, die mit Hilfe der Lösungen
von Damar und von geschmolzenem Kopal in
Terpentinöl eigens für die vorliegenden Versuche
bereitet wurden, die Eigenschaft Risse zu erhalten
oder in den darüber liegenden Farbschichten zu
erzeugen, gar nicht aufwiesen.
(Schluss fofgt.)
Neue Malerfarben:
II. Bössenroths Tempera.
Im folgenden teilen wir die auf unsere Auf-
forderung in Nr. 19 des vorigen und in Nr. 4 des
laufenden Jahrganges eingelangten Zuschriften und
gutachtliche Besprechungen über neues Mal-
material mit, u. zw. in der Reihenfolge des Ein-
treffens. Daranschliessend werden wir einen
Artikel über ,,Tempera", die immer noch Gegen-
stand lebhaften Interesses in Malerkreisen ist,
veröffentlichen, um einen Ueberblick über das
ganze Gebiet zu ermöglichen.
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 8.
Als aufgelegte Farbe erwies sich das Zink-
weiss am ungünstigsten, es zeigte in 34 Fällen
Risse. Dann folgte Chromgelb mit 25, Karmin
mit 22, Alizarinorange mit 20, die beiden Kobalt-
blau mit 18, Blaugrünes Oxyd und Dunkles Kad-
mium mit Iß, Lichter Ocker, Grüne Erde, Helles
Neapelgelb mit 12, Gebrannter Ocker mit 11.
Am günstigsten und in keinem Falle Risse
zeigend erwiesen sich als aufgelegte Farben
Asphalt, Lithopon, Mennige und die beiden
Kobaltgrün, mit Ausnahme des Asphalt also ge-
rade solche, welche als Untergrund besonders
gefährlich sind. Es folgten dann Ultramarin
dunkel, das nur einmal, Mumie, Siena, Bleiweiss,
Chromoxyd feurig, die zweimal, Kadmium hell,
Pariser Blau, die dreimal, Krapp, Cörule'in, Indigo,
Engl. Rot, Preussisch Braun, Gebrannte Umbra,
die je viermal Risse zeigten.
Auf Aufzählung der übrigen sei an dieser
Stelle verzichtet, um den Ueberblick nicht zu
stören.
Irgend welche Gesetzmässigkeiten lassen
sich aus diesen Beobachtungen nicht ableiten.
Man trifft sowohl bei den gefährlichen wie bei
den ungefährlichen solche Farben an, die gemein-
hin als gut trocknend gelten, die also sehr bald
so weit erhärten, dass sie nichts mehr an den
aufgelegten Finger abgeben, und solche, die sehr
lange verwischbar bleiben; man findet ferner in
beiden Gruppen ölreiche und ölarme, glänzend
trocknende und matt trocknende und in beiden
Gruppen Farben, die chemisch nahe verwandt
sind. Man muss also aus den Einzelbeobach-
tungen praktischen Nutzen zu ziehen suchen. In
dieser Hinsicht ist folgendes anzuführen:
Zinkweiss unvermischt ist überhaupt zu ver-
meiden, es ist nicht nur selbst in hohem Grade
geneigt, zu reissen, sondern veranlasst auch in
den darüber gelegten Farben die Entstehung von
Rissen in ausgesprochenstem Masse.
Mennige ist als Untergrund ganz entschieden
zu vermeiden, dagegen liegt kein Bedenken vor,
es zur Erzeugung besonderer Farbeffekte auf
irgend eine andere Farbe aufzusetzen. Das
gleiche gilt vom Kobaltgrün. Umgekehrt wird
man Chromgelb als Grundfarbe nicht zu fürchten
haben, dagegen wird man es nicht auf andere
Farben aufsetzen dürfen. Dasselbe ist von Karmin
zu sagen, das aber wegen seiner geringen Licht-
echtheit für die Kunstmalerei überhaupt nicht
mehr ernstlich in Betracht kommt.
Wie die Versuche ferner gezeigt haben und
wie dem praktischen Maler hinlänglich bekannt
ist, ist auch das Bleiweiss eine gefährliche Grund-
farbe, und andererseits besitzen eine Anzahl dem
Künstler unentbehrlicher Farben, nämlich Kobalt-
blau, Blaugrünes Oxyd, Kadmium, Ocker, Grüne
Erde, Neapelgelb und auch das schöne und sehr
lichtechte Alizarinorange noch eine recht unan-
genehme Neigung, auf anderen Farben rissig zu
werden. Um dieser Erscheinung vorzubeugen,
dürfte es zurzeit kein anderes Mittel geben, als
ein möglichst vollständiges Trocknen des Unter-
grundes, was wieder durch eine sehr sparsame
Anwendung der Grundfarbe wesentlich unter-
stützt wird.
Es wurde ferner festgestellt, dass ein dünner
Untergrund überhaupt viel weniger gefährlich ist
als ein dicker, und dass die Gefahr des Reissens
desto geringer ist, je dicker die aufgelegte Schicht
im Verhältnis zu der darunter befindlichen ist,
selbst wenn die letztere nicht vollständig durch-
getrocknet ist, wenn sie bedeckt wird. Hierin
liegt wohl auch eine Erklärung dafür, dass man
Mennige, trotzdem sie in Oel als Untergrund so
sehr gefährlich ist, gleichwohl zum Grundieren
von Eisengegenständen anwenden kann und viel-
fach benutzt. Man wendet die Mennige in diesen
Fällen sehr sparsam an und übergeht sie dann
mit einer wesentlich dickeren Schicht einer
anderen Farbe.
Es sind natürlich viele Versuche angestellt
worden, um ein Radikalmittel gegen die Bildung
der Risse zu finden, aber vergeblich. Das An-
feuchten der getrockneten Grundfarbe mit Ter-
pentinöl, mit einem Gemisch von Terpentinöl und
Alkohol, mit Copaivaöl, mit Spiköl, mit Copaiva-
balsam, ebenso das Schleifen mit dem Gemisch
aus Terpentinöl und Alkohol hatten keinerlei
Einfluss; auch ein Lasieren mit Kopal in Oel
zeigte sich wirkungslos. Eine Beimischung von
Copaivabalsam und eine solche von Harzen bis
zu 20°^ zu der Grundfarbe Hessen ebenfalls
keinen wesentlichen Einfluss erkennen, wiewohl
ölfreie Harzfarben, die mit Hilfe der Lösungen
von Damar und von geschmolzenem Kopal in
Terpentinöl eigens für die vorliegenden Versuche
bereitet wurden, die Eigenschaft Risse zu erhalten
oder in den darüber liegenden Farbschichten zu
erzeugen, gar nicht aufwiesen.
(Schluss fofgt.)
Neue Malerfarben:
II. Bössenroths Tempera.
Im folgenden teilen wir die auf unsere Auf-
forderung in Nr. 19 des vorigen und in Nr. 4 des
laufenden Jahrganges eingelangten Zuschriften und
gutachtliche Besprechungen über neues Mal-
material mit, u. zw. in der Reihenfolge des Ein-
treffens. Daranschliessend werden wir einen
Artikel über ,,Tempera", die immer noch Gegen-
stand lebhaften Interesses in Malerkreisen ist,
veröffentlichen, um einen Ueberblick über das
ganze Gebiet zu ermöglichen.