SS
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr 22.
traktionsapparaten vorzunehmen, da ein grosser Teii
des Wachses bei gewöhniicher Temperatur in der Ex-
traktionshülse zurückbleibe. Aus den vorliegenden
Behrendt-Farbenanalysen ist aber nicht ersichtlich,
in welcher Art die Wachsextrahierung vorgenommen
worden ist.
Neue Malerfarben.
V. Die Temperafarben des Handels.
Von E. Berger. (Fortsetzung.)
Auf die historische Entwicklung der Tempera
vor und während der Renaissance einzugehen,
kann hier verzichtet werden; darüber ist ausführ-
lich gehandelt in meiner „Entwicklungsgeschichte
der Maltechnik" (III. Folge: Mittelalter) und als
bekannt setze ich voraus, dass durch die allge-
meine Verbreitung der reinen Oeltechnik die
Tempera völlig in den Hintergrund getreten ist.
Vor etwa 30 Jahren war infolge der Neuausgabe
von Cenninis Traktat von der Malerei die Aufmerk-
samkeit auf die Eitempera gelenkt worden und
die „Präraffaeliten" in England griffen auf diese
alte Methode wieder zurück. In München machten
Mitte der 70 er Jahre Böcklin, Lenbach und andere
Versuche, worüber in meiner „Böcklins Technik"
Näheres zu finden ist. Man verwendete zunächst
nur das Eigelb, event. mit geringer Zugabe von
Leinölfirnis unter Zusatz von etwas Essig zur
Konservierung. Als ich vor Jahren nach München
kam, war die Wurmsche Tempera (unbekannter
Zusammensetzung) die einzige, die käuflich zu
haben war und für künstlerische Zwecke emp-
fohlen wurde.
Den Leim als Bindemittel zu verwenden,
war in der Theater-Dekorationsmalerei und bei
den gewöhnlichen Zimmermalern längst in Uebung.
Diese Methode für Tafelmalerei zu verwenden,
indem man die Farben mit einer wässerigen Lösung
von Leimen (Hausenblase, Pergamentleim u. a.)
anrieb und das Gemälde mit einem Harzfirnis
überzog, war nur wenigen bekannt. Die Brillanz
der damit erzielten Töne bewog später viele, die
auf diesem Prinzip beruhende Tempera des Baron
v. Pereira, der sich davon eine „Renaissance in
der Malerei" versprach, zu versuchen. Da dem
Oel die üble Eigenschaft des Nachdunkeins an-
haftet und das langsame Trocknen nur durch
schädliche Siccative zu verbessern möglich ist,
Uebelstände, die allgemein empfunden wurden,
war der Boden für die „öllose" Tempera Pereira,
durch eine wirksame Propaganda unterstützt, ge-
ebnet. Das war um l8$l. Wenn auch die Tem-
pera Pereira den an sie gestellten Erwartungen
nicht in dem gewünschten Grade entsprochen
hatte, so ist doch nicht zu leugnen, dass durch
sie die Aufmerksamkeit der Malerwelt wieder auf
Methoden gerichtet wurde, die mehr oder weniger
von der allgemeinen Oeltechnik abwichen.
Im Jahre 1893 hat E. Friedlein^), wie
v. Pereira nicht Künstler von Beruf, soviel mir
bekannt, zuerst auf eine neue Form der Tempera
aufmerksam gemacht, nämlich auf die sogen. Emul-
sionstempera, deren Prinzip darin besteht, dass
eine ölige oder harzige Flüssigkeit durch innige
Verrührung mit einem anderen Körper, wie Gummi,
Eigelb oder Casein, wassermischbar gemacht wird
und als Anreibemittel für Farben dienen kann.
Die so zubereiteten Farben erhielten durch das
Oel eine gewisse Geschmeidigkeit, sie trockneten
ungleich schneller als Oelfarben, bedurften keinerlei
Trockenmittel und sie erreichten nach einiger
Zeit eine gewisse innere Festigkeit, so dass Wasser
sie nicht wieder auflösen konnte. Das waren
nun freilich nicht zu bestreitende Vorzüge gegen-
über den früher bekannten Methoden, denn es
wurde damit ein Zwischenglied zwischen Tempera
und Oelmalerei geschaffen. Friedlein nannte die
Emulsionstempera die „neue" Tempera zum Unter-
schied von der „alten" Leim- und Eitempera.
Die Mehrzahl unserer heutigen Tem-
perafarben beruht auf dem Prinzip der
Emulsion von Oelen oder gelösten Harzen mit
Hilfe einer die Wassermischbarkeit der Masse
erleichternden Substanz, die als emulgierendes
Agens wirkt. Friedlein hat anfänglich den Gummi-
schleim als solches emulgierendes Agens verwendet,
wie es die Apotheker zumeist tun, wenn sie Oel
wassermischbar machen wollen; es gibt aber noch
andere ähnlich wirkende Substanzen, wie Ei und
Casein, also die Albuminate, die die gleiche
Eigenschaft in fast noch grösserem Grade besitzen.
(Fortsetzung folgt.)
Fixativ „Resinit".
Unter der Bezeichnung „Resinit" bringen die
Rhein. Gummiwerke A. - G. Antwerpen - Mainz ein
Fixativ für Kohte- und Kreidezeichnungen auf
Papier und Leinwand in den Handel, das, nach den
Gutachten einiger Kollegen zu schliessen, die an ein
gutes Fixiermittel gestellten Anforderungen in hohem
Masse zu erfüllen scheint. Versuche mit dem uns zur
Probe übersandten „Resinit" sind sehr zufriedenstellend
ausgefallen. Selbst mit weisser Kreide aufgehöhte
Zeichnungen auf Tonpapier haben sich gut fixieren
lassen, was bei der üblichen Schellacklösung nicht
immer gelingt. Um mit sehr weichem Bleistifte aus-
geführte Zeichnungen, die im Skizzenbuch stets die
Gegenseite beschmutzen und sich leicht verwischen,
zu fixieren, genügt einmaliges Bestäuben mit dem
Fixierrohr. Selbstredend empfehlt es sich, diese Fixage
sogleich nach Beendigung der Zeichnung vorzunehmen.
Dem neuen Fixiermittel wird überdies nach-
gerühmt, dass es für die Dauer weich und schmiegsam
bleibt — worüber wir bis jetzt keine eigenen Er-
fahrungen haben —, es kann auch, sparsame An-
wendung vorausgesetzt, auf jedem Grunde angebracht
werden. B.
') Verfasser der Schrift „Tempera und Tempera-
technik" (Sammlung maltechnischer Schriften, II. Bd.,
München [905).
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr 22.
traktionsapparaten vorzunehmen, da ein grosser Teii
des Wachses bei gewöhniicher Temperatur in der Ex-
traktionshülse zurückbleibe. Aus den vorliegenden
Behrendt-Farbenanalysen ist aber nicht ersichtlich,
in welcher Art die Wachsextrahierung vorgenommen
worden ist.
Neue Malerfarben.
V. Die Temperafarben des Handels.
Von E. Berger. (Fortsetzung.)
Auf die historische Entwicklung der Tempera
vor und während der Renaissance einzugehen,
kann hier verzichtet werden; darüber ist ausführ-
lich gehandelt in meiner „Entwicklungsgeschichte
der Maltechnik" (III. Folge: Mittelalter) und als
bekannt setze ich voraus, dass durch die allge-
meine Verbreitung der reinen Oeltechnik die
Tempera völlig in den Hintergrund getreten ist.
Vor etwa 30 Jahren war infolge der Neuausgabe
von Cenninis Traktat von der Malerei die Aufmerk-
samkeit auf die Eitempera gelenkt worden und
die „Präraffaeliten" in England griffen auf diese
alte Methode wieder zurück. In München machten
Mitte der 70 er Jahre Böcklin, Lenbach und andere
Versuche, worüber in meiner „Böcklins Technik"
Näheres zu finden ist. Man verwendete zunächst
nur das Eigelb, event. mit geringer Zugabe von
Leinölfirnis unter Zusatz von etwas Essig zur
Konservierung. Als ich vor Jahren nach München
kam, war die Wurmsche Tempera (unbekannter
Zusammensetzung) die einzige, die käuflich zu
haben war und für künstlerische Zwecke emp-
fohlen wurde.
Den Leim als Bindemittel zu verwenden,
war in der Theater-Dekorationsmalerei und bei
den gewöhnlichen Zimmermalern längst in Uebung.
Diese Methode für Tafelmalerei zu verwenden,
indem man die Farben mit einer wässerigen Lösung
von Leimen (Hausenblase, Pergamentleim u. a.)
anrieb und das Gemälde mit einem Harzfirnis
überzog, war nur wenigen bekannt. Die Brillanz
der damit erzielten Töne bewog später viele, die
auf diesem Prinzip beruhende Tempera des Baron
v. Pereira, der sich davon eine „Renaissance in
der Malerei" versprach, zu versuchen. Da dem
Oel die üble Eigenschaft des Nachdunkeins an-
haftet und das langsame Trocknen nur durch
schädliche Siccative zu verbessern möglich ist,
Uebelstände, die allgemein empfunden wurden,
war der Boden für die „öllose" Tempera Pereira,
durch eine wirksame Propaganda unterstützt, ge-
ebnet. Das war um l8$l. Wenn auch die Tem-
pera Pereira den an sie gestellten Erwartungen
nicht in dem gewünschten Grade entsprochen
hatte, so ist doch nicht zu leugnen, dass durch
sie die Aufmerksamkeit der Malerwelt wieder auf
Methoden gerichtet wurde, die mehr oder weniger
von der allgemeinen Oeltechnik abwichen.
Im Jahre 1893 hat E. Friedlein^), wie
v. Pereira nicht Künstler von Beruf, soviel mir
bekannt, zuerst auf eine neue Form der Tempera
aufmerksam gemacht, nämlich auf die sogen. Emul-
sionstempera, deren Prinzip darin besteht, dass
eine ölige oder harzige Flüssigkeit durch innige
Verrührung mit einem anderen Körper, wie Gummi,
Eigelb oder Casein, wassermischbar gemacht wird
und als Anreibemittel für Farben dienen kann.
Die so zubereiteten Farben erhielten durch das
Oel eine gewisse Geschmeidigkeit, sie trockneten
ungleich schneller als Oelfarben, bedurften keinerlei
Trockenmittel und sie erreichten nach einiger
Zeit eine gewisse innere Festigkeit, so dass Wasser
sie nicht wieder auflösen konnte. Das waren
nun freilich nicht zu bestreitende Vorzüge gegen-
über den früher bekannten Methoden, denn es
wurde damit ein Zwischenglied zwischen Tempera
und Oelmalerei geschaffen. Friedlein nannte die
Emulsionstempera die „neue" Tempera zum Unter-
schied von der „alten" Leim- und Eitempera.
Die Mehrzahl unserer heutigen Tem-
perafarben beruht auf dem Prinzip der
Emulsion von Oelen oder gelösten Harzen mit
Hilfe einer die Wassermischbarkeit der Masse
erleichternden Substanz, die als emulgierendes
Agens wirkt. Friedlein hat anfänglich den Gummi-
schleim als solches emulgierendes Agens verwendet,
wie es die Apotheker zumeist tun, wenn sie Oel
wassermischbar machen wollen; es gibt aber noch
andere ähnlich wirkende Substanzen, wie Ei und
Casein, also die Albuminate, die die gleiche
Eigenschaft in fast noch grösserem Grade besitzen.
(Fortsetzung folgt.)
Fixativ „Resinit".
Unter der Bezeichnung „Resinit" bringen die
Rhein. Gummiwerke A. - G. Antwerpen - Mainz ein
Fixativ für Kohte- und Kreidezeichnungen auf
Papier und Leinwand in den Handel, das, nach den
Gutachten einiger Kollegen zu schliessen, die an ein
gutes Fixiermittel gestellten Anforderungen in hohem
Masse zu erfüllen scheint. Versuche mit dem uns zur
Probe übersandten „Resinit" sind sehr zufriedenstellend
ausgefallen. Selbst mit weisser Kreide aufgehöhte
Zeichnungen auf Tonpapier haben sich gut fixieren
lassen, was bei der üblichen Schellacklösung nicht
immer gelingt. Um mit sehr weichem Bleistifte aus-
geführte Zeichnungen, die im Skizzenbuch stets die
Gegenseite beschmutzen und sich leicht verwischen,
zu fixieren, genügt einmaliges Bestäuben mit dem
Fixierrohr. Selbstredend empfehlt es sich, diese Fixage
sogleich nach Beendigung der Zeichnung vorzunehmen.
Dem neuen Fixiermittel wird überdies nach-
gerühmt, dass es für die Dauer weich und schmiegsam
bleibt — worüber wir bis jetzt keine eigenen Er-
fahrungen haben —, es kann auch, sparsame An-
wendung vorausgesetzt, auf jedem Grunde angebracht
werden. B.
') Verfasser der Schrift „Tempera und Tempera-
technik" (Sammlung maltechnischer Schriften, II. Bd.,
München [905).