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Münchner kunsttechnische Blätter — 3.1906/​1907

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Nr. 4
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Ein neues Druckverfahren für Künstler
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Nr. 4.

Münchner kunsttechnische Blätter.

iS

ersetzt. Nachdem die Zeichnung fertiggestelit ist,
wird die Piatte mit nassem Löschpapier oder einem
Stück Leinwand glatt belegt, sodann soviel Wasser
nachgegossen, dass dasselbe dick auf der Platte
steht. Nimmt man nach einigen Minuten die Lein-
wand ab, so bleibt der aufgeweichte Plattengrund
an der Leinwand hängen. Die Zeichnung jedoch,
die in wasserunlöslicher Farbe hergestellt wurde,
schützt den Plattengrund vor dem Aufweichen und
bleibt erhaben auf der Platte stehen. Die Piatte
wird nun ausgetrocknet und man kann schon einen
Probedruck davon machen. Hierbei sieht man, welche
Stellen noch nicht tief genug ausgearbeitet sind.
Diese legt man durch Auskratzen mit dem Stichel
oder Schabmesser tiefer. Man erleichtert sich diese
Arbeit, wenn man die noch zu Hachen Stellen mit
einem Pinsel und Wasser einnässt. Natürlich be-
kommt man auf diese Weise keine stahlstichscharfen
Konturen, sondern die Abzüge sehen etwa aus wie
Holzschnitt, was bei unserer modernen Geschmacks-
richtung aber kaum als Nachteil aufzufassen sein
wird. Wer jedoch scharfe Konturen liebt, kann die
Platte auch genau so behandeln wie Holzschnitt:
Man zeichnet mit irgend einer Oelfarbe, oder auch
nur mit Bleistift, auf die Platte und sticht alle weissen
Stellen mit einem Stichel heraus. Gegenüber dem
Holzschnitt kann man sich diese Arbeit aber be-
deutend erleichtern, indem man rechts und links
eines jeden Striches nur etwa i mm wegsticht, dann
die Zeichnung mit wasserunlöslicher Farbe deckt
und nun die Platte genau so mit Wasser behandelt
wie vorher beschrieben.


Ferner kann man die Zeichnung mit „Raster"
belegen. (Unter „Raster" versteht man das Ueber-
decken einzelner Stellen oder der ganzen Zeichnung
mit Strichen oder Punkten.) Wenn die Zeichnung'
in wasserunlöslicher Farbe fertiggestellt ist, feuchtet
man ein beliebig gewebtes Tuch mit Wasser an,
drückt es mit der Hand glatt auf die Platte und
reibt es mit dem Fingernagel oder einem harten
Gegenstand gut ab. Wenn man das Tuch nun ab-
nimmt, bleibt an jeder Rauhigkeit des Tuches ein
Teil des aufgeweichten Plattengrundes hängen und

stellt im Druck einen weissen Strich oder Punkt
dar. Derartige „Raster" sind in der beigegebenen
Abbildung „Vogel" zu sehen. Die geraden Striche
im Vogel sind mit einem seidenen, sogen. Rips-
band, wie es an jedem steifen Filzhut zu finden
ist, hergestellt. Die unregelmässigen Punkte im
Hintergrund sind mit irgend einem alten Stück Stoff
gemacht.


Alle drei Arten der Bearbeitung, Aufweichen,
Stechen und Rasterlegen lassen sich auf ein und
derselben Platte anwenden, nur muss natürlich der
jeweils fertiggestellte Teil der Platte mit unlöslicher
Farbe gedeckt werden, ehe man Wasser darauf
bringt. Zum Beispiel wurde bei der Abbildung
„Vogel" die ganze Zeichnung zuerst fertiggestellt,
dann die beiden Raster aufgebracht, diese mit un-
löslicher Farbe gedeckt und nun erst das übrige
weggelöst.
Endlich lassen sich mit Stichel und Schab-
messer noch die mannigfachsten Korrekturen an-
bringen. Eine Platte für ein Exlibris etwa ist nach
Aufbringung der Zeichnung in ungefähr einer Stunde
druckfertig, einfachere Zeichnungen bedeutend schnel-
ler. Um Abzüge zu machen, walzt man die Piatte
mit gewöhnlicher Buchdruckfarbe ein, legt das zum
Druck bestimmte Papier auf, drückt dieses mit der
Hand fest an und reibt es mit einem harten, glatten
Gegenstand ab. Als Druckwalze benützt man eine
Gummi walze, wie sie zum Aufziehen von Photo-
graphien benützt wird, einen sogen. „Rollquetscher".
Die Platten halten reichlich goo—1000 Abzüge aus,
ohne sich im mindesten zu verändern.
Zum ganzen Druckverfahren benötigt man fol-
gendes:
 
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