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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0027

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flucht und die Hoffnung hasst; sondern dieser Humor ist nur
der Ausdruck seiner frohen Natur, die ihn vor Verzweiflung
schützt. Und nun Voltaire! Wie kommt Voltaire, der kalte,
elegante Rococodichter, der so stolz war auf die allegorische,
geistreiche Mythologie, die er erfunden hatte, zu dem „unge-
schliffnen Sohn der Berge", der Alles personificirt, was ihm
in den Weg kommt, der Bäume und Fische reden macht und
Katzengedichte edirt? Was hat der Cyniker Arouet mit dem
höhnischen Lächeln auf den Lippen und seinem ewigen Ruf:
„rien n'est bon, tout est passable!" mit dem lebensfrohen Stu-
denten Scheffel gemein?
Indem Herr Fasanotto den Trompeter von diesem Stand-
punkte aus interpretirt, ist es natürlich, dass er manches falsch
wiedergiebt. In dem eigentlichen Epos tritt das weniger scharf
hervor, weil ihm die freie, durch keinen Reim gehemmte Form
erlaubt hat, wörtlich zu übersetzen. Aber in dem Büchlein der
Lieder wo ihn der Reim dazu zwang, sich von dem Ori-
ginal zu entfernen, und er sich nicht mehr an dem Wortlaut
halten konnte, tritt dieses deutlich hervor. Ich will hierbei
nur auf das jubelnde Frühlingslied Werners hinweisen, das
Herr Fasanotto in eine schmachtende Elegie, in „ein schnal-
zend Seufzerlein" umgewandelt hat:
„Lind duftig hält die Maiennacht
Jetzt Berg und Thal umfangen.
Da komm* ich durch die Büsche sacht
Zum Herrenschloß gegangen.
Im Garten rauscht der Lindenbaum,
Ich steig' in seine Aeste,
Und singe aus dem grünen Raum
Hinauf zur hohen Feste:
„Jung Werner ist der glückseligste Mann,
Im römischen Reich geworden,
Doch Wer das Glück ihm angethan,
Das sagt er nicht mit Worten.
Das sagt er nur mit Hei JuheÜ —
Wie wunderschön ist doch der Mai,
Feinslieb, ich thu dich grüßen!"
„Ora la valle e il monte di leggiero
Vapore tiene Maggio ancor coperti:
Io lentamente, e in aria di mistero,
Movo al castello per sentier deserti:
Ma giunto nel giardino al tiglio altero,
Aifretto i passi in pria timidi e incerti:
Io monto su pe' rami, e di lä mando
Questo canto al maniero sospirando.
„Werner e dei mortali il piü felice
Che viva entro il confin del Sacro Regno,
Ma con parole a lui narrar non lice,
Chi di fortuna tal Tha fatto degno:
Egli solo con gemiti lo dice,
Che van di lä d'ogni discreto segno!
A meraviglia tu se' hello, o Maggio!
Mio caro, ti saluto, e ti fo omaggio."
 
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