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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0107

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der Menschheit und gegenseitiges Wohlwollen." Und wenn
ihm dies gelungen, bleibt ihm die schwierigste Aufgabe, das
gewonnene Material im angenommenen Rahmen harmonisch
zu gruppiren, damit das Wichtigste in die ersten Reihen komme,
minder Bedeutendes zurücktrete, Unerhebliches im Hinter-
gründe bleibe, alle Glieder aber sich gegenseitig zur Geltung
bringen. Diese beiden Hauptbedingungen sind in der vorlie-
genden Encyclopädie in schönster Weise erfüllt. Die Initialen,
mit denen die einzelnen Artikel gezeichnet sind, ergänzen
sich zu den besten Namen Frankreichs: G. A. Thierry, G.
Duruy, A. Rambaud, Petit de Julleville, A. Scheler, A. Me-
zieres, Blaze de Bury, C. Richet, A. Guerin, C. Sainf-Saens,
P. Mantz, F. Godefroy, etc. Und der Plan, wie er in der Ein-<
leitung von F. Loliee ausführlich dargelegt wird, ist ganz vor-
trefflich: in wissenschaftlicher Hinsicht gedrängte und unpar-
teiische Darstellung aller Geistesschöpfungen und Entdeckungen
aller Zeiten; in historischer Hinsicht ein Abriß aller Geschichts-
perioden, aller bedeutenden Ereignisse, aller hervorragenden
Individualitäten an dem ihnen zukommenden Platze; in philo-
logischer Hinsicht — und dies ist der Punkt, in welchem
diese Publikation sich vor allen anderen auszeichnet — der
vollständigste Sprachsatz, der je in Frankreich erschienen ist.
Hier hat Littre gründlich vorgearbeitet. Seine mustergiltige
Methode wird beibehalten und auf seinem Werke fußend wird
zur Ausführung gebracht, was er, der Pionier, resignirt seinen
Nachfolgern überlassen mußte. Es wird ein allgemeiner Index
geschaffen, nicht nur aller Wörter, deren sich die französischen
Schriftsteller aller Zeiten bedient, sondern auch der unzähligen
bildlichen oder unregelmäßigen Bedeutungen, in welchen sie
dieselben gebraucht haben; die mittelalterlichen Glossarien, die
Provinzialdialekte, Volks- und Umgangssprache wurden be-
rücksichtigt; Aussprache, Etymologie, geschichtliche Entwicke-
lung, Orthographie, Formenlehre und Syntax werden ausführlich
behandelt und die verschiedenen Bedeutungen durch Beispiele
erläutert. Dieser sollen nicht mehr genommen werden, wie
sie der Zufall dem Compilator zuführt; bedeutenden Inhalt
bergende Form erhält den Vorzug. Und während Littre beim
Anfänge unseres Zeitalters stehen bleibend, Hugo, Lamartine,
Müsset kaum beachtet, den schillernden Wortschatz Th. Gau-
tier's, die klassisch vollendete Redeweise Merimee's, die kräf-
tige Sprache Balzac's und Flaubert's ignorirt, sollen alle Meister
des 19. Jahrhunderts, die auf die Sprache ihr mächtiges Ge-
präge gedrückt haben, hier zur Geltung kommen. Die ausführ-
liche Behandlung des philologischen Theiles ist es, welche
dieser Encyclopädie ihren Werth für das Ausland verleiht.
Auf dem Bogen 62 allein zählten wir 10 Wörter, die bei Littre
fehlen. Die schöne Publikation sei daher auf das Wärmste
empfohlen.
 
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