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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0168

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- 143 —

Kaisers Josephs,, der Freund und Schwager des berühmten
Sonnenfels, der Reformator des österreichischen Schulwesens,
der Förderer aller liberalen Ideen. Er hatte, wie Goethe in
einem Briefe an Schlichtegroll schreibt, das angeborene
Talent, im Lapidarstil zu denken, und verfaßte Gedichte in
Inschriftenform, die von seinen Zeitgenossen sehr bewundert
wurden. Sein Haus in Wien war mit antiquarischen, künstleri-
schen und wissenschaftlichen Sammlungen angefüllt, welche
Bettina von Arnim im „Briefwechsel mit einem Kinde'* in
ihrer übersprudelnden Weise aufgezählt hat. Birkenstock stand
mit den besten Männern seiner Zeit in brieflichem Verkehr;
die Brenfano'sche Sammlung enthält nur Weniges von dieser
umfangreichen Correspondenz, aber dieses Wenige genügt, um
das große Feld anzudeuten, welches dieser Briefwechsel um-
faßte; Vater Gleim, der Historiker Joh. von Müller, Dal-
berg, Benjamin Franklin sind darin vertreten; der Anatom
Sömmerring berichtet Birkenstock im Jahre 1792 über die
Mainzer Zustände unter französischer Herrschaft; Canova
correspondirt mit ihm über das Grabmal der Erzherzogin Maria
Christine, der Maler Morgenstern erzählt vom Kunstleben
in Frankfurt. „Mit der Kunst und den H. Liebhabern davon",
klagt dieser im Jahre 1782, „gehet es in unserer Stadt so so.
Die alten Sammler folgen sich einer dem andern ins Elisium.
Neue wollen zwar hie und dort wieder aufkeimen, allein der
täglich mehr und mehr um sich greifende Luxus ersticket den
guten Samen, und so dürfte mit der Zeit noch das Feld der
Kunst in unserem Frankfurt ziemlich brach werden."
Bedeutender und zahlreicher sind die Briefe an das Ehe-
paar Brentano. Birkenstock's Tochter Antonia hatte im
Jahre 1798 den Frankfurter Franz Brentano geheirathet, „den
bravsten Mann von ganz Europa," wie der alte Buchhalter
Schwaab erklärte, den Clemens im Märchen von Gockel, Hin-
kel und Gackeleia verewigt hat. Franz Brentano, der später
Schöff und Senator der freien Stadt Frankfurt wurde, lebte
mehrere Jahre mit seiner Frau in Wien im Birkenstock'schen
Hause, wo auch Beethoven als ein willkommener Gast ver-
kehrte. Die zarte Freundschaft, welche den großen Musiker
mit Antonia Brentano verband, ist aus der Erzählung Otto Jahns
bekannt. Seiner Freundin Antonia hat er die Variationen über
den Diabellischen Walzer gewidmet. Bei Franz Brentano fand
Beethoven, der stets in Geldverlegenheiten steckte, immer eine
offene Börse, Darlehen, welche mit edler Einfachheit angeboten
und angenommen wurden.
Als das Ehepaar Brentano nach Frankfurt übersiedelte,
entstand zwischen den Freunden eine Korrespondenz, von der
zwölf Briefe Beethovens erhalten sind. Sie sind theils an An-'
tonia, „die ausgezeichnete, einzig herrliche Toni", theils an
Franz gerichtet und wurden 1815—23 geschrieben. Sechs von
 
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