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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0182

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157 —

ihres Frühstückes im Buche. Sie stützen ihren Ellenbogen da-
rauf, und, um die Falten, die sie hierdurch machen, zu ent-
fernen, rollen sie die Blätter zum großen Schaden der Bücher.
Und im Sommer pressen sie Blumen darin! Vor allem sind
von den Büchern jene unverschämten Burschen fernzuhalten,
die, sobald sie ein Initial malen können, den herrlichen Raum
auf den breiten Rändern mit scheußlichen Alphabeten oder
einem andern Untier beschmieren. Dann giebt es Diebe, welche
fürchterlichen Schaden anrichten, indem sie die Ränder knapp
abschneiden, um Briefe darauf zu schreiben, oder die Vorsatz-
blätter nehmen, welche die Bücher schützen. Dieser Frevel
sollte unter Androhung des Kirchenbannes verboten sein. Der
Heiland selbst hat uns durch sein Beispiel gezeigt, daß man
beim Handhaben von Büchern jede Nachlässigkeit vermeiden
soll, wie es bei Lucas IV. geschrieben steht: Da ward ihm das
Buch des Propheten Jesaias gereicht, und da er es aufrollte,
fand er die Stelle.und nachdem er das Buch wieder
zugerollt, gab er es zurück und setzte sich. Hierdurch/ sagt
de Bury, „wird den Studenten auf das klarste gezeigt, daß bei
der Sorge für die Bücher auch nicht das Geringste vernach-
lässigt werden darf/*
Weder die Hoffnungen noch die Befürchtungen, wel-
che er bei seiner Stiftung hegte, gingen in Erfüllung. Das Phi-
lobiblon wurde beendet den 24. Januar 1344, an demselben
Tage, an welchem de Bury sein 58. Lebensjahr vollendete.
Der Name der Halle, welche er stiften wollte, war im Manu-
skript unausgefüllt geblieben; diese Lücke sollte nicht mehr
ergänzt werden. Eine langwierige Krankheit befiel den frommen
Stifter, und am 14. April 1345 starb er, ohne seine Pläne aus-
geführt zu haben.
Er hatte ein fürstliches Leben geführt, stets verschwenderi-
sche Almosen ausgeteilt und beim Bücherkauf dem Grundsätze
gehuldigt, teure Preise seien kein Hindernis, wenn man das
Geld bei der Hand habe, es sei denn, daß Betrug des Käufers
vorliege, oder ein günstigerer Zeitpunkt zu erwarten sei. So
starb er tief verschuldet, und seine ganze Habe wurde ver-
kauft. Ein Kasten, in welchem man Geld zu finden glaubte,
enthielt nur Wäsche. Murimuth behauptet, er habe sein Le-
ben in der bittersten Not beschlossen und seine ganze be-
wegliche Habe sei, als er im Sterben lag, von seinem Haus-
gesinde gestohlen worden. Von einem Teil seiner Bücher steht
fest, daß sie von den Exekutoren verkauft wurden; die andern
sind wohl denselben Weg gewandert. Das Britische Museum
besitzt eine Handschrift der Werke des Johannes von Salis-
bury, welche die Notiz trägt: „Dieses Buch, welches Michael,
Abt von St. Alban, dem Herrn Richard de Bury, Bischof von
Durham, verkauft hatte, wurde von den Exekutoren des oben-
genannten Bischofs zurückgekauft im Jahre des Herrn 1345."
 
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