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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0216

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Goefhe's Geburtstag; man gab „Macbeth" in Schiller's Bear-
beitung. Das ärgerte wieder die Presse. In spitzestem Ton
schrieb die Ober-Postamts-Zeitung:
„Wir bemerken, daß am 28. Goethe's Geburtstag war,
und daß Goethe zu Frankfurt a. M. geboren ist. Die „Mit-
schuldigen" waren bei Seite gelegt, allein gab es keinen „Eg-
mont", „Tasso", „Götz von Berlichingen", vor Allem, gab es
keine „Iphigenie"?"
Erst am 3. September fand der Goethe-Abend statt,
aber ohne offizielle Ankündigung als „Ehrung des Dichters".
Die Theater-Anzeige lautete einfach:
„Freitag, 3. September,
(Zum ersten Male).
DerDichterimVersammlungszimmer.
Lustspiel in 1 Akt von H o 11 e i.
Hierauf: (Zum ersten Male) Die Mitschuldigen,
Lustspiel in drei Äbtheilungen, von Goethe.
Zum Beschluß werden die französischen Alciden, Herren M a n -
che und D a r r a s , Stellungen und gymnastische Hebungen
auszuführen die Ehre haben."
Diese Zusammenstellung eines Festspiels für Goethe mit
den Kunststücken französischer Athleten, welche die Messe
nach Frankfurt gelockt hatte, ist für uns schon an sich erhei-
ternd. Aber ganz verblüffend ist es, wenn wir die Aufnahme
lesen, welche dieser seltsame Goethe-Abend bei dem Publikum
fand. Eine Darstellung derselben ist uns in einem verscholle-
nen Buche eines vergessenen Dichters erhalten, den der Zu-
fall an diesem Abend nach Frankfurt und in das Theater
führtet) J. L. Deinhardstein, der Herausgeber der Wie-
ner Jahrbücher der Literatur, der Dichter des einst viel ge-
spielten „Hans Sachs", zu welchem Goethe einen Prolog ge-
schrieben hatte, kam am 3. September von Weimar nach Frank-
furt. Er war von Goethe freundlich aufgenommen worden und
hafte einen Abend in seinem Hause mit Ottilie, dem Kanzler
Müller, Riemer und Röhr zugebracht. „Ich werde diesen Abend
nie vergessen", schreibt er. „Welch reiner geistiger Verkehr,
welch eine im eigentlichsten Sinne gute Gesellschaft!" Mit
„wirklich schwerem Herzen." hatte er Weimar verlassen, und
nun saß er, die Seele voll von „Unvergeßlichem" an einem
Goethe-Abend im Frankfurter Theater.
Der Vorhang ging auf und Holfei's Stück begann: „Ver-
sammlungszimmer eines Theaters, an jeder Seite Thüren und
in der Hintergardine ebenfalls zwei, zwischen denen auf einem
Postamt Goefhe's Büste steht." Die Schauspieler schie-
nen zu dem Stücke keine sonderliche Lust zu haben, meint
Deinhardstein. „Es schien mir dieses, dem Inhalte nach, zu
*) Skizzen einer Reise von Wien über Prag, Teplitz, Dresden, Berlin, Leip-
zig, Weimar, Frankfurt a.M. usw. von Deinhardstein. Wien 1851.
 
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