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Sondheim, Moriz
Gesammelte Schriften: Buchkunde, Bibliographie, Literatur, Kunst u.a. — Frankfurt a.M., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.34388#0230

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204

ähnlich (nicht mehr!) sind. Zur Charakterisirung unseres
Druckers heben wir besonders die Versahen B und V und das
eigentümliche k hervor.
Auf Damenbesitz weisen auch die zwei Bilder hin, welche
in die inneren Deckel eingeklebt sind, eine Darstellung der
h. Katharina von Alexandrien als Schutzpatronin mit der In-
schrift in Manuscript: „Sancta Katerina pit für mich armen
Sundter", und eine Abbildung des h. Aegidius, der besonders
von unfruchtbaren Frauen angerufen wurde. Die h. Katharina
ist ein Teigdruck von 105X80 Millimeter, schwarz auf rot-
braunem Grunde. Es ist wahrscheinlich, daß der Druck, der
der jetzt schwarz erscheint, erst durch die Zeit dunkel wurde
und ursprünglich in Silber ausgeführt war. Die Erhaltung ist
vorzüglich, wie sie bei den so zerbrechlichen Teigdrucken
sehr selten ist. Bei aufmerksamem Beschauen zeigt sich das
Bild in vollständiger Klarheit, und mit der Lupe lassen sich
alle Details der Zeichnung erkennen. Die Heilige steht in ganzer
Figur etwas nach rechts rechts gewandt. Unter Heiligenschein
und Krone wallt das Haar auf einen schweren Brokatmantel
herab, den eine breite Borte umsäumt. Die Linke drückt ein
großes mit Buckeln verziertes Buch an die Brust, die Rechte
hält das Richtschwert, das mit der Spitze auf dem Boden steht.
Hinter dem Schwerte ist das Rad sichtbar. Den Hintergrund
füllt Rankenwerk. Umrahmt wird das Bildchen von einer
Rankenbordüre mit großen fünfblätterigen Blumen. Den Ikono-
graphen ist dieses Blatt unbekannt geblieben, es ist als fünfte
den vier Katharinen-Darstellungen anzureihen, die Schreiber
III, 2834—37 beschrieben hat.
Ebenso unbekannt ist der Holzschnitt in dem hinteren
Deckel, den untere Tafel in Originalgröße (124X78 Millimeter)
wiedergiebt. Der heil. Aegidius in faltiger Kutte mit Heiligen-
schein, Mitra und Handschuhen, trägt in der Rechten den
Bischofsstab mit Sudarium; mit der Linken faßt er das linke
Vorderbein eines Rehes, das an ihm heraufspringt und von
einem Pfeil von links nach rechts durchbohrt ist. Die Um-
rahmung, der Heiligenschein, das Haar, der Stab und das Reh
sind gelb, der Boden und der Schmuck der Mitra grün, das
Gewand schwarzgrau, das auf der Brust sichtbare Untergewand
und Teile der Mitra roth. Dieser Darstellung am nächsten steht
das von Weigel und Zestermann I, Seite 182 beschriebene Blatt
aus einer Folge der vierzehn Nothelfer.
So stellt sich uns dieses Buch, wenn wir es auf seine ein-
zelnen Bestandteile untersuchen und dann wieder als Ganzes
betrachten, als ein unerforschtes Denkmal früher Druckkunst
dar; Papier und Schrift, Bildschmuck und Einband stempeln
es zum vollendeten Typus des gothischen Buches, wie es der
vornehme Laie im 15. Jahrhundert benutzte.
 
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