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Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben [Editor]
Ulm, Oberschwaben: Korrespondenzblatt des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben — 1.1876

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Nr. 1
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Briefe über das ulmische Urkundenbuch
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Bazing, Hugo: Die Verehrung des Mistels: ein Rest heidnischen Glaubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.52608#0009

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3

und ein Seitenstück zu dem Geschlechtsnamen
Winterhalt, Winterhalden. Es wäre ein Flur-
name zum Familiennamen geworden, ähnlich
wie z. B. dictus Bulech, Bulach, was schwer-
lich etwas anderes ist als puoch — lach, marca
fago incisa. Am wahrscheinlichsten ist er Ge-
genstück zu dem Ulmer Sumerwune. So sind
die Namen wie ein Proteus, der immer und
immer andere Formen vortäuscht, die, sowie
man sie fassen will, in Nebel zerrinnen. Gleich-
wohl ist dieses Suchen im Nebel für mich ein
grosser Genuss; denn ich kriege doch hin und
wieder so ein flüchtiges scheues Ding an der
Habe oder am Horn und es muss sich zu er-
kennen geben. In dubiis semper versimiliora-
captanda, würde ein alter Donatist sagen. Ad
vocem, dass in Urk. 264 Graf Hans von Hel-
fenstein seinen Vater sinen bulen nennt, fand
ich inzwischen, dass die h. Elisabet (Diutiska
1, 437) ihre nächsten Verwandten buole nennt.
Die Wurzel des Worts ist bal, die auch in
(p/Aem zu Grunde liegt.
Was machen dine lieben buolen?
Tuend si ezzen unde schussiln spuolen ?
Wan so si mugent sam sich uoben,
Do git es schiere frumme buoben.
Ellingen, den 1. Jänner 1876.
Dein
B u c k.
N.S. Mein lieber Pergamentarius. Da
komme ich eben an einen Gefällrodel aus dem
13—14. Jahrhundert im 22. Band des Ge-
schichtsfreunds für die fünf Orte. S. 266 fin-
det sich ein Johanns Buti, Jenni Buti, dann
Butez kind, Butez hofstette. Wenn ein Mann
in der Urschweiz Buti heisst, so sind seine
Kinder Butez oder Butiz kind und sein Haus
ist Butiz oder auch Butezen hus. Der Orts-
name Butiezen, auch Butizzen geschrieben,
ist somit' eine genitivische Ellipse, wie un-
sere oberschwäbischen Böschen, Siggen u. s. w.
Nun kommen aber auch genitivische Ellipsen
für Familiennamen vor, z. B. Friedrichs, Wil-
helms u. s. w. Möglich wäre also auch ein
Familienname Butiz, Butiez, sofern letzteres
ein langes i, schweizerisch ein Butyz andeutet,
und wenn man einen Butiz Butyz Butiez

latinisirt, warum sollte er dann nicht ein Bu-
tizzus, Butiezzus werden? Auch dieses Buti
weist mich wieder in die Schweiz als in die
Heimat unsres geheimnissvollen Ulricus Bu-
tiezzus. Was meinst Du ? Was doch so ein
Mannsname zu schaffen geben kann! Kann
ich Dir noch mehr solcher Nüsse knacken?
Soll mich freuen. Der Striebelhof bei Ulm,
um dies noch beizufügen, kann recht wohl,
wie Du vermuthest, zu Struweli, Stroweli,
Ströwlin gehören, wie ja der Familienname
Striebel auch nichts anders als Struweli ist,
da w sieh in schwäbischem Mund gerne zu b
verdichtet, z. B. ewig zu ebig. Das genitivische
s fällt sowohl in alten als jungen Ortsnamen
oft aus. Das macht keine Schwierigkeit, zu-
mal da solche Namen oft auch schwach dekli-
nirt sind und Struwilinhof wie Struwilishof
gesagt worden sein wird. Somit die Ellipse
von hof noch hinzugenommen, könnte Striebel
recht wohl als Struwilishof, Strölinshof zu
deuten sein.

Die Verehrung des Misteis,
ein Best heidnischen Glaubens.
Als ich kürzlich zum Zwecke der Fertigung
eines Begisters die älteren Jahrgänge der Ver-
öffentlichungen unsres Vereins durchlas, fesselte
mein Interesse ein Vortrag Hasslers über Ott
Bulands Handlungshaus aus dem 15. Jahr-
hundert, und ganz besonders überraschte mich
die Notiz, dass zu den mancherlei Handels-
artikeln, mit welchen dieser Ulmer Gross-
händler sich befasste, auch „Aich-Mistlin-Pater-
noster“ d. h, Paternoster aus auf Eichen ge-
wachsenen Misteln gefertigt gehörten, von wel-
chen ganze Fässer voll für viele tausend Gulden
theils in’s mittlere Deutschland, theils und
hauptsächlich den Bhein hinunter giengen.
Warum verlangte man die Paternoster aus
Mistelholz gefertigt? Ich darf als Antwort
hierauf wohl daran erinnern, welch bedeutsame
Bolle der Mistel, viscum, die auf Bäumen wach-
sende immergrüne Schmarotzerpflanze (nicht
zu verwechseln mit der Mispel, mespilum) im
Baldermythus spielt.
 
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