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Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben [Hrsg.]
Ulm, Oberschwaben: Korrespondenzblatt des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben — 1.1876

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Nr. 2
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Nachrichten
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Vereins-Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.52608#0023

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17

Begierde steigert sich, wenn wir erfahren, dass damals
auch Schwenkfeld und Melchior Hoffmann zu Ulm lebten.“
Er habe sich, hatte Frank geantwortet, als man neben
seinem Glauben auch seinen Lebenswandel verdächtigte,
unparteiisch gegen jedermann benommen, habe eine gute
Gesellschaft, gute Herren und Biederleute, mit denen er
etwan esse oder einen Trunk thue u. s. w. In gröbster
Weise wurde auch Brusch in einer der Erwiderungen,
welche er durch seine Epigramme hervorrief, wegen seines
„Sündenlebens in Ulm“ angegriffen. In wie weit er hiezu
Anlass gegeben hatte, ist nicht bekannt. Sein starkes
Trinken, glaubt sein Biograph, werde er sich in Tübingen
angewöhnt haben, wo das wüsteste Pokuliren im Schwange
gewesen sei, woran eine heitere Mittheilung geknüpft
wird. Marburger Studenten, die ums Jahr 1538 nach
Tübingen kamen, klagten, dass während man in Marburg
mit 16 fl. des Jahrs „laute“ (flott) leben könne, man in
Tübingen unter 26 fl. keine Kost bekomme, mit Bett
und Wohnung nicht unter 34 fl. Bruschius gehört dem
Sommer, wo nicht Herbst, des Humanismus an. Als !
40jähriger Mann wurde er unweit von Windtheim, als
er durch einen Wald ritt, angefallen und meuchlings
erschossen. Horawitz citirt in seiner Schrift des Öftern
die Notizen, welche Veesenmeyer d. ä. in seinen Mis-
cellanen (Nürnb. 1812) über Brusch gab. Ein Humanist
der älteren Periode, der gleichfalls mit Ulm in Berührung
kam, war Jakob Locher von Ehingen, der Bearbeiter
des Narrenschiffs, Herausgeber des Horaz, auch, wie
Bruschius, gekrönter Dichter, geboren 1471. Drei vor-
treffliche Programme von Prof. Dr. Hehle 1873 ff.
haben sein Andenken erneut. Locher kam schon als
Knabe nach Ulm, wo er den Unterricht des geschätzten
Magisters Hans Vetter von Wildberg genoss, aber wie
es scheint nach den alten barbarischen Kompendien,
daher er sich später den Spott gefallen lassen musste:
studuit Athenis id est apud Ulrnis. Später nach einem
vielbewegten durch eigene Schuld verstörten Leben kam
er, durch die Pest vertrieben, von Ingolstadt, wo er
neben Reuchlin lehrte, 1521 abermals für einige Zeit
nach Ulm. Er verkehrte hier namentlich mit dem Schul-
rektor Johannes Gruner oder Grüner, dem Stadtarzt
Wolfgang Richard und dem gelehrten Geistlichen Johann
Beham, dem Freund Pirkheimers und Peutingers. Aus
einem Briefe Behams erfahren wir, dass Locher im Ulmer ;
Minoritenkloster, dem heutigen Gymnasium, Vorlesungen |
halten wollte, aber keine Zuhörer fand, wozu Beham
spöttisch bemerkt: nosti quam impense Ulmenses litteras
colunt. Locher führte den Namen Philomusos. Ein
Konrad Locher, Freund Felix Fabris, erscheint zu An-
fang des 16. Jahrhunderts als Stadtammann in Ulm, ein
Ulrich Locher 1575 als Schulmeister daselbst. Zu den
Schülern Lochers gehörten äusser dem schon genannten
Joh. Grüner die zwei Patriziersöhne Jak. Ehinger und
Hieron. Rot, letzterer Verfasser einer Lobrede auf den
hl. Ivo, welche dem bairischen Kanzler Leonh. von Eck
gewidmet ist.

Kirchhofleuchten. Wer sich ein Bild von einem
mittelalterlichen Kirchhof machen will, darf nicht das
ewige Licht vergessen, das in den ältesten Zeiten in einer
Laterne auf der Spitze des Beinhauses, später in beson-
deren Thürmchen, welche Lichtsäulen oder Kirchhof-
leuchten hiessen, brannte. Das Licht war nach altchrist-
licher Anschauung das Sinnbild Gottes überhaupt, ins-
besondere aber des Sohns, „des Lichts der Welt“. Auch
die Engel wohnen im Licht, ihr Erstgeschaffener war
Lucifer. Der Gegensatz des Lichts, die Finsterniss, be-
deutet die Sünde. Durch das Licht, das von Gott aus-
strahlt, wird die Macht der Finsterniss und der in ihr
wohnenden Dämonen gebrochen, dass sie dem Todten
nichts anhaben können, daher auch die Bezeichnung
Arme-Seelen-Lampe, eine Aufforderung zugleich an die
Lebenden, für die Ruhe der Todten zu beten. Erhaltene
Kleinbauwerke dieser Art sind nicht besonders häufig.
J. Schneller i'm Ges chic hts freund der fünf
Schweiz er orte 30, 277 ff. beschreibt ein Licht-
häuschen bei St. Michael in Zug. Dasselbe ist 7 Schuh
hoch, ruht auf einem rohen Steinsockel, aus dem ein run-
der Schaft aufsteigt, den von unten nach oben sechs Drei-
viertelstäbe in steilen Windungen umziehen; auf dem
Säulenschafte sitzt eine etwas ausladende, viereckige,
auf den Seiten offene fensterartige Nische für das Licht,
über welcher ein kleines Dach firstartig zusammenläuft.

JiacfincTjfcn.
Am 10. Februar 1875 starb in Stuttgart Obertribunal-
prokurator Gustav Abel im 76. Lebensjahr. Er war
einer der ersten Sammler mittelalterlicher Gemälde der
Ulmer Schule. Seine Erwerbungen auf diesem Gebiet
gehören jetzt der Gallerie des Museums der bildenden
Künste zu Stuttgart an. Sein mit ihm sammelnder, ein
Jahr vorher geschiedener Freund E. M auch, unser lang-
jähriger Konservator, hat dem Münster die Zeitblom-
tafeln in der Sakristei erhalten.

Vereins=C0roiüL
Sitzung vom 7. Mai 1875. Vorstand Bazing
trägt vor: Laut Mittheilung des Vereinsvorstands von
Riedlingen ist in Ennetach bei Scheer das Erdgeschoss
eines römischen Bauwerks von mehr als 60' Länge 5'
tief unter Tag entdeckt worden. Es kam ein bemalter
Boden von geschliffenen Steinen zum Vorschein, auch
ein Stück von einer Urne. Die Mittheilung wurde sofort
an den Landeskonservator weiterbefördert. Allein kurz
darauf langte die Nachricht an, dass die Mauerreste sich
bereits wieder unter der Erde befinden, indem die auf-
gegrabene Stelle vom Eigenthümer zugeschüttet und mit
 
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