13
Sittenbilder aus dem XVI und XVII Jahr-
hundert.
i.
Wie der Kaiser in Ulm empfangen wurde.
(Fortsetzung.)
„Im 1543 Jahr,“ schreibt der Augenzeuge
Sebastian Vischer,1) „ist Kaiser Karle an der .
Mittwoch zwischen 12 und 1 Nachmittag allhie
zu Ulm eingeritten zum Herberthor, das ist
der 18 Tag Heumonat gwesen, und am Frei-
tag darnach zu Abend nach 6 hat man die
Sturmglocken geläutet, da sind alle Mann auf
den Markt kummen für das Rathhaus und ist
der Kaiser in dem Erker gstanden, da dann
allweg der Murr2) steht, wann er die Ver-
gicht3) liest, so man Leut tödten will. Der-
selbig Erker ist hübsch zugerüstet gwesen, mit
Sammet und Damast umhängt, und oben ein
Himmel oder Schirm aufgmacht, wie ob einem
Predigtstuhl ist, derselb auch zierlich zuge-
rüstet mit rothem Sammet. Also ist der Kaiser
darauf gstanden und neben ihm einer mit einem
blossen Schwert und an der andern Seiten
einer, der dem Volk den Eid geben hat. Also '
hat man ihm gschworen, dass man ihm hold
und günstig wöll sein und gehorsam in allen
aufrechten redlichen Sachen. Nach demselben
ist der Kaiser wieder in sein Herberg mit
Trumeten und grosser Pracht geritten und das
Volk auch wieder heim gangen. Darnach ist
er am Samstag am Morgen um 8 hinwegge-
ritten zu Unser Frauen Thor hinaus füraus
der Landstrass nach auf Geisslingen und Wir-
tembergisch Land.“4 5)
z Einige weitere Einzelheiten sind in den
Rathsprotokollen verzeichnet.
b München- Staatsbibi. cod. bav. 3091 S. 216 f.
2) Name des Gerichtsdieners, vermuthlich aus dem
Namen eines Geschlechts, das lange Zeit dieses Amt
versah, entstanden. Ähnlich nannte man in Ulm bis in
dieses Jahrhundert herein den Scharfrichter Hartmann.
Schmid Schwab. Wörterb. 395. ,
3) Das Geständniss.
4) Wo er in Stuttgart das erste Mal mit Herzog
Ulrich zusammen war.
Juli 18. Der Ferber vor dem Thor, der
auf der Donaubrücke vor des Kaisers Her-
berg eine Büchse abschoss, und Jos Kaihart,
der es als recht vertheidigen wollte, werden
in Thurm gelegt.
Dem Herzog von Mantua, dem Herzog N.
im Deutschen Haus sollen je 24, dem Herzog
von Camerin, dem Herrn Granvella je 20,
jedem Bischof und dem Herrn Naves 16, dem
von Altensteig 10 Kanten Wein in die Her-
berg geschenkt werden.
Den Herrn Fünfern ist auferlegt, der kais.
Majestät Kapellmeister sammt acht Knaben mit
einem Wagen bis Speier zu versehen.
Bürgermeister Weiprecht Ehinger und Klaus
Gregg sollen die beiden Herrn Granvella und
Naves von wegen eines Raths ansprechen und
sonderlich dem Herrn Naves Adriani Marsilii
des Apothekers Supplikation antworten.
Unter dem Schwören sollen nur das Frauen-
und Herdbruckthor offen bleiben, aber wohl
bewacht werflen.
Juli 19. Der Kaiser soll hinausbegleitet
werden, wie er hereingeführt worden, ungefähr-
lich bis Dornstadt. Der Bürgermeister Herr
Jörg Besserer soll den Abschied von Ihrer
Majestät nehmen laut Concept. Die Herrn
Ulrich Ehinger und Martin Weikmann sollen
Ihre Majestät bis an die Wirtembergische Grenz
begleiten. Item ist beschlossen, nachfolgend
des Kaisers Hofgesind zu verehren: den Herrn
Oberburger, obersten Sekretarien in der deut-
schen Kanzlei, mit 40 fl., vier Schreiber in
ermeldter Kanzlei 20, der kais. Majestät Thür-
hüter und Kämmerling, deren zwölf, mit 24 fl.,
doch sollen die 8 fl. davon allein Hansen von
Kaufbeuren, dem deutschen Kämmerling, ge-
geben werden, den Kammer- oder Palastfurieren
6 fl. und den Köchen 4 fl., alles in Gold.
Juli 23. Herr Jörg Besserer Bürgermeister
referirt, weichermassen er neben den andern
verordneten Herrn von der kais. Maj. im Feld
bei dem Hof im Dinkenthal0) einen unter-
thänigen Abschied genommen und wie sich
5) An der Stuttgarter Landstrasse unweit von Luitz-
hausen.
Sittenbilder aus dem XVI und XVII Jahr-
hundert.
i.
Wie der Kaiser in Ulm empfangen wurde.
(Fortsetzung.)
„Im 1543 Jahr,“ schreibt der Augenzeuge
Sebastian Vischer,1) „ist Kaiser Karle an der .
Mittwoch zwischen 12 und 1 Nachmittag allhie
zu Ulm eingeritten zum Herberthor, das ist
der 18 Tag Heumonat gwesen, und am Frei-
tag darnach zu Abend nach 6 hat man die
Sturmglocken geläutet, da sind alle Mann auf
den Markt kummen für das Rathhaus und ist
der Kaiser in dem Erker gstanden, da dann
allweg der Murr2) steht, wann er die Ver-
gicht3) liest, so man Leut tödten will. Der-
selbig Erker ist hübsch zugerüstet gwesen, mit
Sammet und Damast umhängt, und oben ein
Himmel oder Schirm aufgmacht, wie ob einem
Predigtstuhl ist, derselb auch zierlich zuge-
rüstet mit rothem Sammet. Also ist der Kaiser
darauf gstanden und neben ihm einer mit einem
blossen Schwert und an der andern Seiten
einer, der dem Volk den Eid geben hat. Also '
hat man ihm gschworen, dass man ihm hold
und günstig wöll sein und gehorsam in allen
aufrechten redlichen Sachen. Nach demselben
ist der Kaiser wieder in sein Herberg mit
Trumeten und grosser Pracht geritten und das
Volk auch wieder heim gangen. Darnach ist
er am Samstag am Morgen um 8 hinwegge-
ritten zu Unser Frauen Thor hinaus füraus
der Landstrass nach auf Geisslingen und Wir-
tembergisch Land.“4 5)
z Einige weitere Einzelheiten sind in den
Rathsprotokollen verzeichnet.
b München- Staatsbibi. cod. bav. 3091 S. 216 f.
2) Name des Gerichtsdieners, vermuthlich aus dem
Namen eines Geschlechts, das lange Zeit dieses Amt
versah, entstanden. Ähnlich nannte man in Ulm bis in
dieses Jahrhundert herein den Scharfrichter Hartmann.
Schmid Schwab. Wörterb. 395. ,
3) Das Geständniss.
4) Wo er in Stuttgart das erste Mal mit Herzog
Ulrich zusammen war.
Juli 18. Der Ferber vor dem Thor, der
auf der Donaubrücke vor des Kaisers Her-
berg eine Büchse abschoss, und Jos Kaihart,
der es als recht vertheidigen wollte, werden
in Thurm gelegt.
Dem Herzog von Mantua, dem Herzog N.
im Deutschen Haus sollen je 24, dem Herzog
von Camerin, dem Herrn Granvella je 20,
jedem Bischof und dem Herrn Naves 16, dem
von Altensteig 10 Kanten Wein in die Her-
berg geschenkt werden.
Den Herrn Fünfern ist auferlegt, der kais.
Majestät Kapellmeister sammt acht Knaben mit
einem Wagen bis Speier zu versehen.
Bürgermeister Weiprecht Ehinger und Klaus
Gregg sollen die beiden Herrn Granvella und
Naves von wegen eines Raths ansprechen und
sonderlich dem Herrn Naves Adriani Marsilii
des Apothekers Supplikation antworten.
Unter dem Schwören sollen nur das Frauen-
und Herdbruckthor offen bleiben, aber wohl
bewacht werflen.
Juli 19. Der Kaiser soll hinausbegleitet
werden, wie er hereingeführt worden, ungefähr-
lich bis Dornstadt. Der Bürgermeister Herr
Jörg Besserer soll den Abschied von Ihrer
Majestät nehmen laut Concept. Die Herrn
Ulrich Ehinger und Martin Weikmann sollen
Ihre Majestät bis an die Wirtembergische Grenz
begleiten. Item ist beschlossen, nachfolgend
des Kaisers Hofgesind zu verehren: den Herrn
Oberburger, obersten Sekretarien in der deut-
schen Kanzlei, mit 40 fl., vier Schreiber in
ermeldter Kanzlei 20, der kais. Majestät Thür-
hüter und Kämmerling, deren zwölf, mit 24 fl.,
doch sollen die 8 fl. davon allein Hansen von
Kaufbeuren, dem deutschen Kämmerling, ge-
geben werden, den Kammer- oder Palastfurieren
6 fl. und den Köchen 4 fl., alles in Gold.
Juli 23. Herr Jörg Besserer Bürgermeister
referirt, weichermassen er neben den andern
verordneten Herrn von der kais. Maj. im Feld
bei dem Hof im Dinkenthal0) einen unter-
thänigen Abschied genommen und wie sich
5) An der Stuttgarter Landstrasse unweit von Luitz-
hausen.