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Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben [Hrsg.]
Ulm, Oberschwaben: Korrespondenzblatt des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben — 1.1876

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Nr. 6
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Kornbeck, C. A.: Der Grabstein von Dominus Krafft
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https://doi.org/10.11588/diglit.52608#0050

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44

Der Grabstein von Dominus Krafft.
Im Chor der vormaligen Dominikanerkirche
zn den Predigern, der heutigen Dreifaltigkeits-
kirche, befindet sich der Grabstein von Dominus
Krafft, unser ältestes Steindenkmal, mit der
viel beschriebenen und erörterten Umschrift:
anno domini 1298 in die epiphanie obiit domi-
nus Kraffto antiquus Scriba fundator noster.
Der Stein zeigt in bedeutenden Umrissen das
Krafft sehe Wappen in seinen Tinkturen, einen
goldnen Schrägbalken in Roth, wohl eine An-
spielung auf den Beinamen am Steg oder auf
dem Steg.
Was seine Umschrift betrifft, so bedarf die
bis jetzt nicht beantwortete Frage: wer war
dieser Dominus Krafft? noch einer Erörterung.
Eine schon im Jahr 1808 verfasste „Deduk-
tion über die altadelige Abkunft der Krafften
von Dellmensingen, eines Patriciatsgeschlechts
der vormaligen Reichsstadt Ulm“, von Professor
Georg Veesenmeyer, Stadtbibliothek 3204
Nr. 65, enthält folgende bemerkenswerthe Stelle:
„Einige Decennien später (nach dem J. 1246)
findet sich urkundlich oft: Otto auf dem
Stege, Otto am Stege, Craffto, anti-
quus Scriba, dessen Epitaphium von
1 2 9 8, das älteste öffentliche Denkmal
der Familie Krafft, noch in Ulm in
der Dreifaltigkeitskirche vorhanden
ist, Otto der Schreiber von Ulm, Otto
Krafft-, dass alle diese Namen Kraffte
seien, h a t S t e 11 e n unwiderleglich aus
der Übereinstimmung jenes Grab-
steins und der Sigel bewiesen.“
Hier ist also die Identität Ottos am Steg
mit Dominus Kraffto antiquus Scriba in be-
stimmter Weise ausgesprochen, desselben Otto,
dessen Familienangehörigkeit als ein Krafft
inzwischen so vielfach angezweifelt und be-
stritten wurde, und es scheint auch obige Be-
zeichnung vollständig auf ihn zu passen. Do-
minus Otto minister, Herr Otto der Ammann,
Herr Otto der Vogt, liest man in Urkunden
von 1281—1295. Er war Scriba laut dem bei
Paul von Stetten Tafel I Nr. 12 abgebildeten
Sigel mit der Umschrift: S. Ottonis Scribe

de Vlma, und dem Krafft’schen Schrägbalken;
er war antiquus Scriba zur Unterscheidung
von Otto Krafft dem Augsburgischen Stadt-
pfleger, nach der von Krafft’schen Stammes-
reihe seinem Sohne.
Somit wäre Pauls von Stetten Pseudo-
Dominicus kein Anderer als der von ihm er-
wähnte Otto Diener, nach dem lateinischen
Text ohne Zweifel Otto minister: der im
J. 1286 mit der Advocatie von Augsburg be-
kleidete Ammann von Ulm, Otto am Steg.
Auch das Ulmische Urkundenbuch bietet
mittelbare Anhaltspunkte. Otto am Steg er-
scheint zum letztenmal am 8. Mai 1297 (S. 237),
am 2. November 1298 war seine Gemahlin
Hedwig Wittwe (S. 255), der Todestag von
Dominus Kraffto antiquus Scriba ist aber laut
seiner Grabschrift der Epiphanientag, der
6. Januar 1298, eine zeitliche Übereinstim-
mung, welche an Bestimmtheit nichts zu wün-
schen übrig lässt.
In Erwägung des Angeführten dürfte die
Identität von Otto am Steg mit Dominus
Kraffto antiquus Scriba wohl keinem Zweifel
unterliegen, und dessen Grabstein wird uns
um so werthvoller erscheinen, als er an eine
der hervorragendsten Persönlichkeiten der Ul-
mischen Geschichte erinnert. ,
Zugleich möchte ich erwähnen, dass die
von Jäger hervorgerufene Streitfrage über die
Familienangehörigkeit Ottos am Steg die be-
kannte. Ausdehnung wohl nicht erhalten hätte,
wenn die redende Eigenschaft des Krafft’¬
schen Schrägbalkens oder Stegs mit in Betracht
gezogen worden wäre.
Über die v. Krafft’sche Stammesreihe, ein
umfangreiches Ms. der Familie, verfasst von
dem ritterschaftlichen Cassier Johann Anton
v. Krafft - Dellmensingen, f 1776, gestatte
ich mir noch einige Bemerkungen. Das Ms.
enthält in 18 Stammesreihen die Genealogie
der Familie theils nach urkundlichen Belegen,
theils nach Aufzeichnungen, welche einer aus
der vormaligen Johanneskapelle bei den Do-
minikanern stammenden alten Flügeltafel ent-
nommen sind. Dieselbe ist heute im Besitz
des Herrn Assessors Christoph von Krafft-
 
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