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Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben [Hrsg.]
Ulm, Oberschwaben: Korrespondenzblatt des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben — 1.1876

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Nr. 12
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Hartmann, Julius von: Volksetymologisches aus dem Vereinsgebiet
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Vereins-Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.52608#0108

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102

rum; Schusseuried von altem Soretbum. „La-
teiner“ haben die Venusberg, O.-A. Waldsee,
Venushalden, O.-A. Tettnang, die nach Buck
wohl von einem Velmer — vgl. Venis, O.-A.
Waldsee —- heissen, auf den Namen der Göttin
umgebildet, haben aus der gutdeutschen Ge-
nitivendung es in Baurus, O.-A. Wangen, und
mehreren andern oberschwäbischen Hofnamen
lateinisches us gemacht, haben wahrscheinlich
Atlashofen, O.-A. Tettnang, Mailand, O.-A.
Leutkirch, verschuldet, Rain, O.-A. Ravens-
burg und Tettnang, in Rhein, den Bauer Ba-
dent oder Badent am Rain, O.-A. Ravensburg,
in Rhein-Patent verwandelt, im Rhein, Tettn.,
gar das ad Rhenum der Peutingersehen Tafel
gefunden.
Ähnliche Leistungen sind die redenden
d. h. dem Wortklang des Namens entnommenen
Wappen von Blaubeuren (ein Bauer in blau
gekleidet), Buchhorn (Buchenzweig oder Buche
und Horn), Helfenstein (Elephant), Isny (Huf-
eisen), Mengen (Halbmond, als ob Maingen
von mane Mond käme), Riedlingen (2 ge-
kreuzte Ruder, alt Rudelingen von Ruder; die
Oberamtsbeschreibung von 1827 leitet es von
Ried ab!), Saulgau (gekrönte Säule, Zusam-
menhang mit dem italienischen Geschlecht der
Colonna), Scheer (Schere, statt Fels), Wangen
(3 kahle Wangen).
Wie viel Volks- und Gelehrten-Etymologie
hat in einem halben Jahrtausende wie wuchern-
der Epheu sich um das reizende Plätzchen bei
Ulm gerankt, das in den Schriften Ruhethal,
im Mund der Ulmer Grudel heisst! Der Le-
bende hat Recht: mögen in dem ehemaligen
Reue- oder Rugthal (1349 Ruwen — 1353 ff.
crug —- kruogtal) fortan allezeit recht viele
beim Krug schwäbisch behaglich Trüben!
o ö o
„In Augsburg, scherzte Freund Bacmeister,
kann man drei Jahre lang sein Bier „bei -—- m
■— aicnele“ trinken, ohne jemals zu ergründen,
ob der Mann Aichele oder Maicheler heisst. So
hat sich in vielen Namen das n und m des
Artikels (an den, in den, am, beim, zum) in
das Hauptwort hinübergeschlichen, oder das

m des Hauptworts hat sich abgelöst und in
den Artikel geflüchtet.“’) Vgl. das heutige
Eglofs, O.-A. Wangen, aus Meglofs d. h. Me-
gelolfs 1275; Malmishaus, O.-A. Ravensburg,
das auch Almishaus heisst. Ähnlich Hunder-
singen und Undersingen. Gleiches Mund-
gerechtmachen in Altmannspeicr, O.-A. Leut-
kirch, für Altmannsbeucr, bcuren.
Wer hat die alte Hennen- (Riesen-) bürg,
O.-A. Riedlingen, mit den hochinteressanten
neuesten Funden, in Heinrichsburg verball-
hornt? Entschuldbarer ist die von Buck mit-
getheilte Umdeutung der Wielins = Wielats-
burg (wo, ist mir entfallen) in Wildenburg,
auf welcher ein Lateiner Violinos sitzen liess.
Den Schluss mache das hübsche Quidproquo
Mühlepassau, O.-A. Ravensburg, welches erst
durch das amtliche Verzeichniss der Ortschaf-
ten von 1874 in Mühlebachsau restituirt wor-
den ist.

Vereins = ttt)roäüft.
Sitzung vom 1. Dezember 1876. Prof. Pressei
hält einen Vortrag über den Münsterkirchhof.. Vorstand
Bazing berichtet über eine Ausgrabung im Hohlenstein.
Geschenke. Geschichte der Schenken, von Stauffen-
berg, von Graf Franz Schenk von St auf f en b er g.-
Eine Anzahl Kupferstiche, 2 geschnitzte Kerzen tragende
Engel 15./16. sec., 1 Flaschenkürbis, von Maler Müller
in Ulm.
Mitglieder. Neuaufgenommen Auditeur Ottmann
in Neu-Ulm, Bankier Ulrich in Ulm.

*) Alemanische Wanderungen S. 65. Ebendort: „In
der guten Stadt Ulm blüht noch heute ein ehrenhaftes
Geschlecht, die Molfenter. Der Name hat mich oft ge-
plagt, bis ich in Pfaffs Geschichte von Esslingen unter
dem Jahr 1297 eine Olventenmühle bei Esslingen fand.
Hängt das zusammen mit dem alten Namen für das
Kamel, olbente ? und ist also Molfenter entstanden aus
der Formel beim, zum Olfenter?“ (der ein Kamel zum
Hausschild hat?) Oder ist, möchte ich beifügen, an
einen fremden Heimatort, etwa Molvena im Venetiani-
schen, Molveno im Trentino zu denken?

Redigirt von Fr. Pr es s e 1.

Druck der Wagner’ sehen Buchdruckerei in Ulm.
 
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