Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben [Hrsg.]
Ulm, Oberschwaben: Korrespondenzblatt des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben — 1.1876

DOI Heft:
Nr. 8
DOI Artikel:
Briefkasten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52608#0075

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
69

C i t e r a t u r.
Ulm-Reichenau. Das neueste Heft der Ztschr.
für Gresch, des Oberrheins XXVIII. 3 bringt eine Mono-
graphie Roths von Schreckenstein über Diethelm von
Krenkingen Abt von Reichenau und Bischof von Kon-
stanz , welche diese mit den Staufischen Königen eng
verbundene Persönlichkeit zum ersten Male für sich und
in ihrem Zusammenhänge mit der Zeitgeschichte genauer
beleuchtet. Diethelm ist zugleich einer der frühesten
Namen, die uns in der ulmischen Geschichte begegnen.
Mit seiner Zustimmung wurde das Wengenstift in Ulm
gegründet. Der Grund und Boden des neuen Stifts war
aus der Hand eines Reichenauischen Ministerialen an
dasselbe übergegangen. Dass aber ‘die von Reichenau
später erhobenen Ansprüche auf Ulm als seine ihm von
Kaiser Karl geschenkte königliche Villa nirgends eine
geschichtliche Anlehnung haben, drängt sich auch hier
wieder auf; keine Spur führt darauf hin, dass sich Diet-
helm als Herrn von Ulm fühlte, er war, sagt der Herr
Vf., viel zu klug, um aus den eben in Konstanz gepflo-
genen Unterhandlungen des Kaisers mit den Lombarden
die Kraft des aufstrebenden Bürgerthums nicht zu ken-
nen. Als er später den Versuch machte, die Stadt
Konstanz zu besteuern, zeigte sich, dass die Bürger über
das Stadium einer nach Hofrecht lebenden dem Bischof
als ihrem Herrn unterworfenen Gemeinde längst hinaus
waren. Schon 1175 kommt nach dem advocatus civitatis
ein minister civitatis in Konstanz vor, ein für Ulm um so be-
achtenswertherer Umstand, als die Anfänge der ulmischen
Geschlechter vielfach nach Konstanz zurückführen. Auch
das beschriebene Nachrücken der Cistercienser, namentlich
der Salemer, in das Gebiet der Benediktiner vollzog sich
in entsprechender Weise in Ulm, wofür nunmehr durch
die Aufklärungen, welche der Herr Vf. über diese Er-
scheinung gibt, der richtige Gesichtspunkt gewonnen ist.
„Die Grauen sind immer in Bewegung,“ hiess es von
dem neuen Orden. Die Reichenauer rühmten sich noch
1325 in einer auf die Einverleibung der ulmischen Pfarr-
kirche bezüglichen Urkunde, dass bei ihnen nur erlauchte
oder edle und frei Personen'aufgenommen werden. Eine
der Ursachen ihres Verfalls war dieser Standesgeist.

Briefkasten.

Ausgrabungen in Oberschwaben.
Schon in Nro. 2 des Korr.-Bl. war von einem in
E n n e t a c h aufgefundenen Erdgeschoss eines römischen
Bauwerks die Rede. Herr L u i b auf Luibenegg schreibt
uns neuestens darüber: „In einer Länge von 70' ver-
folgte ich die Nordseite. Die Mauer derselben ist noch
gut erhalten, hat eine Dicke von 2' und besteht aus
Kalksteinen. Der Fussboden ist theils cementirt, theils
mit geschliffenen Platten gedeckt. Die innere Wandung

war sehr fein geglättet und hatte eine weisse Tünche
mit einer rothen Einfassung. Was an Mauerwerk,
Ziegeln, Platten erhalten ist, sieht theilweise wie neu
aus. Die Reste dieser Art sind überaus zahlreich.
Ausserdem fand ich Scherben von grünlichem Glas und
von terra sigillata mit Verzierungen, Knochen von klei-
neren Thieren und von Menschen, Blechbeschläge, Kohlen.
Würde das Gebäude aus dem Schutt ausgegraben, so
stünde seine Front gegen den Bussen und das Donau-
thal.“ Uber die Auffindung einer weiteren römischen
Wohnstätte sowie eines Kastrums bei Mengen giengen
uns eingehende Berichte von Herrn Lehrer Peter zu,
aus denen wir folgendes ausheben: „Unlängst wurde
ich veranlasst, Bauschutt, der schon im März d. J. bei
Gelegenheit tiefen Umgrabens eines Ackers zum Vor-
schein kam, zu untersuchen. Ich fand Ziegelreste mit
erhöhten Rändern, Trümmer von Zieglerware, die auf
viereckige circa 1 ctm. weite Röhren schliessen lassen,
Mauersteine von der nahen Alb und aus Molassebrüchen,
Bewurfbrocken aus Kalk, Sand und kleinen Ziegel-
stückchen bestehend und roth übertüncht, Tuffstein-
trümmer und — was mich sehr überraschte — Mosaik-
steinchen in der Grösse eines Centimeterwürfels. Da
der Acker zum Hopfenbau umzubrechen war und die
Arbeiter vom Aufgefundenen wenig Notiz nahmen, wur-
den die grossem Reste des sicher vorhanden gewesenen
Baues zur Stelle wieder zugedeckt; in Erfahrung konnte
nur gebracht werden, dass ein harter Mauerboden und
Mauerreste erreicht worden seien. Die Stelle liegt
kaum 5 Minuten von und gegenüber Mengen in der Mitte
des rechten Donauthalabhanges im sogen, obern Haim-
garten. NS. Vorstehendem füge ich noch kurz Folgendes
bei: Vor einigen Tagen forderte mich Herr König
von hier auf, den Burren, eine kuppen- und inselartige,
die ganze Umgegend überragende waldige Höhe im
Ostrachthale, 1 Stunde von hier, mit ihm zu begehen
und eine Stelle dort, den Burgstock oder Schlossplatz,
zu besichtigen. Schon einmal war ich dort gewesen,
übrigens ohne ihn mir genauer anzusehen. Diesmal
glaube ich gefunden zu haben, dass die Stätte nicht
eine Burg oder ein Schloss, sondern ein Lager trug,
wovon die Spuren noch sehr deutlich sind. Dasselbe
besteht aus zwei Quadraten, einem höhern und tiefem,
geschieden durch einen Graben. Die Seite eines Qua-
drats beträgt ungefähr 72 Schritte oder 40 m. Jede
dieser Flächen ist durch ansehnliche Gräben auf allen
Seiten geschützt. Ich halte diesen befestigten Platz um
so mehr der Beachtung werth, als er in gerader Rich-
tung von Friedrichshafen hieher liegt und sehr alt
sein muss, was daraus hervorgeht, dass die ursprüng-
liche Bestimmung ganz vergessen und sagenhaft ist.
Bauschutt ist nicht sichtbar.“

Der Unterzeichnete hat diese Berichte und das Re-
sultat eines zweimaligen eigenen Augenscheins dem K.
Stat.-Topogr. Bureau vorgelegt und die Antwort erhal-
ten, dass im Monat September Nachgrabungen eingeleitet
 
Annotationen