107
J889.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr. 4.
108
Im Jahre 1643 liefs er den Nikolaus-Altar,
südlich z.ur Seite des Hochaltares, erbauen.
Derselbe hat die Inschrift:
Deo optimo maximo. Virgini mairi, S. Nicoiao
Episcopo ac S. Ursulae patronae Joannes Crane
Sacrae Caesareae Maiestatis Consiliarius im-
pcrialis aulicus et Verena Hegemihleriti coniuges
fieri fecernnt
Anno M.DC.XLIII.
Das Altarbild ist ein Werk des tüchtigen
Kölner Malers Johann Hülsman, den Sand-
rart (Teutsch. Acad. ßd. I Th. 2 S. 309) als
einen Künstler von„inventivem, herrlichem Geist"
rühmt. Es ist eine seiner schönsten Arbeiten
und stellt den hl. Nikolaus, Bischof von Myra,
in seinem Pontifikalornät dar, wie er vom Kaiser
Konstantin die Urkunde empfängt, welche ihm
gestattet, im ganzen römischen Reich das Christen-
thum zu verkündigen.
Man mufs bedauern, dafs Hülsman in unserm
städtischen Museum nicht angemessen vertreten
ist. Nur das Bildnifs des berühmten Kriegs-
helden Johann von Werth in lebensgrofser ganzer
Figur ist beachtenswerth und zeigt den Künstler
auch in diesem Fache von vortheilhafter Seite.
1644 liefs Johann von Crane auf seine Kosten
eine neue sogen, goldene Kammer errichten,
in welcher die bedeutendsten Reliquien auf-
bewahrt werden. Eine Inschrift am Gewölbe
mit seinem Namen macht die Anzeige davon.
Für die dankenswertheste Gabe dürfte das
1659 entstandene Grabmal der hl. Ursula in dem
nördlichen Querschiff zu halten sein, das wir
als ein hervorragendes, wahrhaft edles Kunst-
werk bezeichnen zu dürfen glauben.
Ein Fachmann, der geschickte ehemalige
Dombildhauer Professor Christian Mohr hat in
seinem Buche: „Köln in seiner Glanzzeit",
S. 225 ff. mit warmem Schönheitssinn und frei
von stilistischen Vorurtheilen dieses vortreffliche
Werk gewürdigt.
Der Hauptbestandtheil desselben ist die auf
'dem Sarkophag ruhende, aus Alabaster gefer-
tigte Gestalt der hl. Ursula, und mit Recht
bemerkt Mohr, dafs sie so ganz das Gepräge
lieblicher Jungfräulichkeit trage, dafs man sie
kaum ohne Rührung zu betrachten vermag.
Dieser Eindruck steigert sich, je öfter man vor
sie hintritt. Ihre Lage ist eine ausgestreckte,
ebenso die beiden Arme, deren wohlgeformte
Hände mit der inneren Fläche auf dem Körper
ruhen. Das Gewand tritt von der Gestalt zurück,
um sich nicht selbständig geltend zu machen,
oder auch um nicht, was sich für ein Grab-
denkmal niemals ziemt, die Körperformen in
ungebührlicher Weise hervortreten zu lassen.
Alles Beiwerk, das Ruhekissen und die Krone
sind mit gröfster Sorgfalt und mit reichster
Ausschmückung durchgeführt. Die Taube zu
den Füfsen der Märtyrin hängt mit der auch
inschriftlich angedeuteten Legende zusammen.
Der Künstler hat unverkennbar den Augenblick
des Verscheidens der hl. Dulderin gewählt. Ihr
ungemein anmuthiges und durch den Tod be-
reits verklärtes Antlitz neigt sich auf die rechte
Seite und den reinen Lippen scheint der letzte
Hauch zu entschweben: In te Domine spe-
ravi. Die Erhaltung ist leider nur noch eine
mangelhafte.
Unten rechts am Rande der Alabasterplalte hat
der Künstler, dem man dieses Meisterwerk ver-
dankt, seinen Namen eingegraben. Eine genaue
Aufzeichnung, die ich 1842 genommen, lautet:
JOANNES. T: W: LENTZ \
1678.
Durch das beigefügte Kreuzchen scheint die
Jahreszahl sich auf den Tod des Künstlers zu
beziehen, also wohl nachträglich hinzugekommen
zu sein. Um 1853 wurde die Platte, einiger
kleiner Beschädigungen wegen, am Rande neu
behauen und geglättet, bei welchem Anlafs der
ursprüngliche Künstlername wegfiel und durch
eine ungenaue Neuerung, nämlich:
/. F. W. LENTZ
ersetzt wurde.
Der einfach gehaltene architektonische Unter- "
satz besteht aus schwarzem Marmor mit eingefüg-
ten buntfarbigen Tafeln aus gleichem Material.
Auf die beiden Schmalseiten vertheilt, liest man:
Sepulc/irum
Sanctae Ursulae,
Jndicio columbae
dctectum.
An den beiden Längenseiten steht:
Joannes Crane Sacrae Caesareae Maiestatis
consiliarius imperialis aulicus et Maria Vere?ia
Hegemileren coniuges hoc vivo marmore
includi fecerunt Anno löjp.
(Die Abbreviaturen sind bei dieser Wieder-
gabe der Inschriften ergänzt.)
Man würde irren, wenn man das letztge-
nannte Jahr für das der Auffindung der Grabes-
stelle halten wollte. Die Legende versetzt diese
in eine weit entfernte Vorzeit. Es geschah zur
J889.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr. 4.
108
Im Jahre 1643 liefs er den Nikolaus-Altar,
südlich z.ur Seite des Hochaltares, erbauen.
Derselbe hat die Inschrift:
Deo optimo maximo. Virgini mairi, S. Nicoiao
Episcopo ac S. Ursulae patronae Joannes Crane
Sacrae Caesareae Maiestatis Consiliarius im-
pcrialis aulicus et Verena Hegemihleriti coniuges
fieri fecernnt
Anno M.DC.XLIII.
Das Altarbild ist ein Werk des tüchtigen
Kölner Malers Johann Hülsman, den Sand-
rart (Teutsch. Acad. ßd. I Th. 2 S. 309) als
einen Künstler von„inventivem, herrlichem Geist"
rühmt. Es ist eine seiner schönsten Arbeiten
und stellt den hl. Nikolaus, Bischof von Myra,
in seinem Pontifikalornät dar, wie er vom Kaiser
Konstantin die Urkunde empfängt, welche ihm
gestattet, im ganzen römischen Reich das Christen-
thum zu verkündigen.
Man mufs bedauern, dafs Hülsman in unserm
städtischen Museum nicht angemessen vertreten
ist. Nur das Bildnifs des berühmten Kriegs-
helden Johann von Werth in lebensgrofser ganzer
Figur ist beachtenswerth und zeigt den Künstler
auch in diesem Fache von vortheilhafter Seite.
1644 liefs Johann von Crane auf seine Kosten
eine neue sogen, goldene Kammer errichten,
in welcher die bedeutendsten Reliquien auf-
bewahrt werden. Eine Inschrift am Gewölbe
mit seinem Namen macht die Anzeige davon.
Für die dankenswertheste Gabe dürfte das
1659 entstandene Grabmal der hl. Ursula in dem
nördlichen Querschiff zu halten sein, das wir
als ein hervorragendes, wahrhaft edles Kunst-
werk bezeichnen zu dürfen glauben.
Ein Fachmann, der geschickte ehemalige
Dombildhauer Professor Christian Mohr hat in
seinem Buche: „Köln in seiner Glanzzeit",
S. 225 ff. mit warmem Schönheitssinn und frei
von stilistischen Vorurtheilen dieses vortreffliche
Werk gewürdigt.
Der Hauptbestandtheil desselben ist die auf
'dem Sarkophag ruhende, aus Alabaster gefer-
tigte Gestalt der hl. Ursula, und mit Recht
bemerkt Mohr, dafs sie so ganz das Gepräge
lieblicher Jungfräulichkeit trage, dafs man sie
kaum ohne Rührung zu betrachten vermag.
Dieser Eindruck steigert sich, je öfter man vor
sie hintritt. Ihre Lage ist eine ausgestreckte,
ebenso die beiden Arme, deren wohlgeformte
Hände mit der inneren Fläche auf dem Körper
ruhen. Das Gewand tritt von der Gestalt zurück,
um sich nicht selbständig geltend zu machen,
oder auch um nicht, was sich für ein Grab-
denkmal niemals ziemt, die Körperformen in
ungebührlicher Weise hervortreten zu lassen.
Alles Beiwerk, das Ruhekissen und die Krone
sind mit gröfster Sorgfalt und mit reichster
Ausschmückung durchgeführt. Die Taube zu
den Füfsen der Märtyrin hängt mit der auch
inschriftlich angedeuteten Legende zusammen.
Der Künstler hat unverkennbar den Augenblick
des Verscheidens der hl. Dulderin gewählt. Ihr
ungemein anmuthiges und durch den Tod be-
reits verklärtes Antlitz neigt sich auf die rechte
Seite und den reinen Lippen scheint der letzte
Hauch zu entschweben: In te Domine spe-
ravi. Die Erhaltung ist leider nur noch eine
mangelhafte.
Unten rechts am Rande der Alabasterplalte hat
der Künstler, dem man dieses Meisterwerk ver-
dankt, seinen Namen eingegraben. Eine genaue
Aufzeichnung, die ich 1842 genommen, lautet:
JOANNES. T: W: LENTZ \
1678.
Durch das beigefügte Kreuzchen scheint die
Jahreszahl sich auf den Tod des Künstlers zu
beziehen, also wohl nachträglich hinzugekommen
zu sein. Um 1853 wurde die Platte, einiger
kleiner Beschädigungen wegen, am Rande neu
behauen und geglättet, bei welchem Anlafs der
ursprüngliche Künstlername wegfiel und durch
eine ungenaue Neuerung, nämlich:
/. F. W. LENTZ
ersetzt wurde.
Der einfach gehaltene architektonische Unter- "
satz besteht aus schwarzem Marmor mit eingefüg-
ten buntfarbigen Tafeln aus gleichem Material.
Auf die beiden Schmalseiten vertheilt, liest man:
Sepulc/irum
Sanctae Ursulae,
Jndicio columbae
dctectum.
An den beiden Längenseiten steht:
Joannes Crane Sacrae Caesareae Maiestatis
consiliarius imperialis aulicus et Maria Vere?ia
Hegemileren coniuges hoc vivo marmore
includi fecerunt Anno löjp.
(Die Abbreviaturen sind bei dieser Wieder-
gabe der Inschriften ergänzt.)
Man würde irren, wenn man das letztge-
nannte Jahr für das der Auffindung der Grabes-
stelle halten wollte. Die Legende versetzt diese
in eine weit entfernte Vorzeit. Es geschah zur