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1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.
114
Der Mantel des Taufsteins, welcher sich auf
einem reich profilirten Sockel erhebt, ist völlig
cylindrisch gestaltet; er wird durch ein Schrift-
band in eine doppelte Bilderreihe von un-
gleicher Höhe getheilt; ein schön gezeichneter
Palmettenfries, darüber einfache Riffelungen
bilden den oberen Abschlufs. Die Gesammt-
höhe beträgt 1,24 m, auf die obere Bilderreihe
entfallen davon 0,45 m. Der obere Durchmesser
beträgt 1,17 m im Aeufseren, 0,83 m im Lichten,
so dafs sich also für die Wandungen eine Stärke
von 0,17 m ergibt. Das Becken ist cylindrisch
bis zu einer Tiefe von 0,55 m, der Boden flach
'abgerundet. In der unteren Bilderreihe springt
die Rückfläche um 10 cm, in der oberen um
5 cm gegen die Mantelfläche zurück.
Der untere Bild-
end wird einge-
nommen von zwei
Löwenpaaren; je
zwei Löwen liegen
sich gegenüber, ihre
aufwärts gerichteten
&£3pfe werden bei
dem einen Paar
durch ein Pflanzen-
Ornament, bei dem
anderen durch das
Bl"ustbild eines bär-
gen Mannes ge-
pennt. Als „fratzen-
haft mit Bart und ------
Wien behaftete
"annesbüsten" sieht Nordhoff jene Gebilde an,
durch deren Mund und Ohren sich die Schweife
der Löwen schlingen.6) Mit gröfserer Wahr-
scheinlichkeit wird man dieselben aber für thie-
ische Darstellungen und zwar die von Löwen
Usehen dürfen. Von einer symbolischen Deu-
lIng dieses Löwenfrieses glaubt Xordhoff ab-
' erien zu sollen; „wenn man sieht", so sagt er,
" Vle derlei symmetrische Löwen und Thier-
o oilde auf Teppichen und Steinhauerarbeiten
a'ghch formalen Zwecken gelten, und wie
ler geradezu die Fratzen mit den Löwen-
»Wanzen im Munde, ferner die Mannesbüsten
d Blattgebilde schwerlich einen besonderen
la't ausdrücken können, so erscheint eine
Uung in ornamentalem Sinne jedenfalls eher
i > Nordhoff „Die Kunst- und Geschichts-Denk-
aler des Kreises Warendorf". 1886. S. 111.
zulässig".7) Während dagegen Otte8) Darstel-
lungen dieser Art für die Bilder „der durch die
Taufe ausgetriebenen Sünden und bösen Geister"
hält, versinnbildlichen nach Hardung die Löwen
der Taufgefäfse „das mächtige, aber vergebliche
Ankämpfen feindlicher Kräfte gegen die Kirche
und die erste Aeufserung ihres segensreichen
Berufes in der heiligen Taufe".9)
Das Schriftband, in welches die Buchstaben
mäfsig vertieft eingegraben sind, ist an seinem
untern Rande mit einem Kamm von Lilien
versehen, die ganz symmetrisch in die Körper
der Löwen eingreifen. Es dient der Architek-
tur zur Grundlage, welche in einer siebenfachen,
von Flachbogen überdeckten Säulenstellung die
aus der Lebens- und Leidensgeschichte des
Herrn entnomme-
nen Bildwerke um-
rahmt, Die Säul-
chen sind stark ver-
jüngt; ihre Kapi-
telle zeigen ver-
schiedenartiges Or-
nament, ebenso die
Bogenflächen. Auch
die Kegeldächer der
zur Ausfüllung der
Bogenpartikel über
den Säulchen ange-
ordneten Thürm-
---------------------------Hl chen sind in wech-
-------------------------------'------ selvoller Weise aus-
geziert.
Die Abmessungen der einzelnen Felder sind
ziemlich gleichmäfsig gewählt; sie sind durch-
schnittlich 45 cm breit und 40 cm (in der Mitte)
hoch. In den Darstellungen, welche sie ent-
halten, folgen auf einander: die Verkündigung,
die Geburt, die Taufe, die Kreuzigung, die
Höllenfahrt, die Himmelfahrt und endlich das
jüngste Gericht. Je zwei der Darstellungen sind
durch flach abgekantete Säulen eingefafst und in
gleicherweise ist das Schlufsbild, welches Christus
als Weltenrichter darstellt, hervorgehoben.
Der Beginn der Bilderreihe, die Verkündi-
gung, nimmt auf der vorliegenden Abbildung
die mittlere Stelle ein. Vor ihrem Betpulte
7) Nordhoff wie vor.
8) Otte-Wemicke a. a. O. S. 306.
9) Hardung „Symbolik der Löwen am Bronze-
Taufbecken im Dome zu Münster". Organ für Christ.
liehe Kunst, XVIII. 18GS. S. 08.
1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.
114
Der Mantel des Taufsteins, welcher sich auf
einem reich profilirten Sockel erhebt, ist völlig
cylindrisch gestaltet; er wird durch ein Schrift-
band in eine doppelte Bilderreihe von un-
gleicher Höhe getheilt; ein schön gezeichneter
Palmettenfries, darüber einfache Riffelungen
bilden den oberen Abschlufs. Die Gesammt-
höhe beträgt 1,24 m, auf die obere Bilderreihe
entfallen davon 0,45 m. Der obere Durchmesser
beträgt 1,17 m im Aeufseren, 0,83 m im Lichten,
so dafs sich also für die Wandungen eine Stärke
von 0,17 m ergibt. Das Becken ist cylindrisch
bis zu einer Tiefe von 0,55 m, der Boden flach
'abgerundet. In der unteren Bilderreihe springt
die Rückfläche um 10 cm, in der oberen um
5 cm gegen die Mantelfläche zurück.
Der untere Bild-
end wird einge-
nommen von zwei
Löwenpaaren; je
zwei Löwen liegen
sich gegenüber, ihre
aufwärts gerichteten
&£3pfe werden bei
dem einen Paar
durch ein Pflanzen-
Ornament, bei dem
anderen durch das
Bl"ustbild eines bär-
gen Mannes ge-
pennt. Als „fratzen-
haft mit Bart und ------
Wien behaftete
"annesbüsten" sieht Nordhoff jene Gebilde an,
durch deren Mund und Ohren sich die Schweife
der Löwen schlingen.6) Mit gröfserer Wahr-
scheinlichkeit wird man dieselben aber für thie-
ische Darstellungen und zwar die von Löwen
Usehen dürfen. Von einer symbolischen Deu-
lIng dieses Löwenfrieses glaubt Xordhoff ab-
' erien zu sollen; „wenn man sieht", so sagt er,
" Vle derlei symmetrische Löwen und Thier-
o oilde auf Teppichen und Steinhauerarbeiten
a'ghch formalen Zwecken gelten, und wie
ler geradezu die Fratzen mit den Löwen-
»Wanzen im Munde, ferner die Mannesbüsten
d Blattgebilde schwerlich einen besonderen
la't ausdrücken können, so erscheint eine
Uung in ornamentalem Sinne jedenfalls eher
i > Nordhoff „Die Kunst- und Geschichts-Denk-
aler des Kreises Warendorf". 1886. S. 111.
zulässig".7) Während dagegen Otte8) Darstel-
lungen dieser Art für die Bilder „der durch die
Taufe ausgetriebenen Sünden und bösen Geister"
hält, versinnbildlichen nach Hardung die Löwen
der Taufgefäfse „das mächtige, aber vergebliche
Ankämpfen feindlicher Kräfte gegen die Kirche
und die erste Aeufserung ihres segensreichen
Berufes in der heiligen Taufe".9)
Das Schriftband, in welches die Buchstaben
mäfsig vertieft eingegraben sind, ist an seinem
untern Rande mit einem Kamm von Lilien
versehen, die ganz symmetrisch in die Körper
der Löwen eingreifen. Es dient der Architek-
tur zur Grundlage, welche in einer siebenfachen,
von Flachbogen überdeckten Säulenstellung die
aus der Lebens- und Leidensgeschichte des
Herrn entnomme-
nen Bildwerke um-
rahmt, Die Säul-
chen sind stark ver-
jüngt; ihre Kapi-
telle zeigen ver-
schiedenartiges Or-
nament, ebenso die
Bogenflächen. Auch
die Kegeldächer der
zur Ausfüllung der
Bogenpartikel über
den Säulchen ange-
ordneten Thürm-
---------------------------Hl chen sind in wech-
-------------------------------'------ selvoller Weise aus-
geziert.
Die Abmessungen der einzelnen Felder sind
ziemlich gleichmäfsig gewählt; sie sind durch-
schnittlich 45 cm breit und 40 cm (in der Mitte)
hoch. In den Darstellungen, welche sie ent-
halten, folgen auf einander: die Verkündigung,
die Geburt, die Taufe, die Kreuzigung, die
Höllenfahrt, die Himmelfahrt und endlich das
jüngste Gericht. Je zwei der Darstellungen sind
durch flach abgekantete Säulen eingefafst und in
gleicherweise ist das Schlufsbild, welches Christus
als Weltenrichter darstellt, hervorgehoben.
Der Beginn der Bilderreihe, die Verkündi-
gung, nimmt auf der vorliegenden Abbildung
die mittlere Stelle ein. Vor ihrem Betpulte
7) Nordhoff wie vor.
8) Otte-Wemicke a. a. O. S. 306.
9) Hardung „Symbolik der Löwen am Bronze-
Taufbecken im Dome zu Münster". Organ für Christ.
liehe Kunst, XVIII. 18GS. S. 08.