Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

DOI Artikel:
Effmann, Wilhelm: Die Pfarrkirche zu Geistingen a. d. Sieg
DOI Artikel:
Falk, Franz: Der älteste Formschnitt in seiner Beziehung zur Kirche
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0137

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
229

1889.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST

Nr. 7.

230

reichere Ausbildung hat nur das Hauptportal
erhalten. Die Kapitelle desselben zeigen in
schlichter Ausführung eine Verzierung von sehr
flach gehaltenen, herzförmig gebildeten Pal-
metten neben einer anderen von spiralförmig
gestalteten Blättern.

Vorausgesetzt, dafs zu der vorgenommenen
Vergröfserung der Kirche zwingende Gründe
vorlagen, so mufs zugegeben werden, dafs die
Aufgabe keine praktische Lösung zuliefs, welche
eine Rettung der Chorparthie ermöglicht hätte.
Die vorhandenen gesetzlichen Handhaben sind
bekanntlich nicht ausreichend, um den Bestand
unserer Baudenkmale zu sichern und schmilzt
derselbe deshalb von Jahr zu Jahr zusammen.
Man mag das noch so sehr bedauern, Fälle wie
der vorliegende werden indefs wohl meist mit
dem gleichen Ergebnisse enden. Als eine un-
erläfsliche Forderung erscheint es aber, dafs die
Behörden, weltliche wie geistliche, zu keinem
Abbruche ihre Zustimmung geben, wenn nicht
wenigstens der alte Bestand in zeichnerischen
und photographischen Aufnahmen vollständig
fixirt ist. Es sind Urkunden in Stein, welche
uns in den Bauwerken unserer Vorfahren über-
kommen sind; sie sind sicherlich nicht minder
wichtig als die auf Papier und Pergament, welche
in unseren Archiven als kostbarer Schatz sich
der treuesten Obhut erfreuen.4"!

Die Erweiterung der Kirche, welche in den
Händen des am Rheine als Architekt vielfach
thätigen Franziskanerbruders Paschalis gelegen
hat, mufs vom handwerksmäfsigen Standpunkt
aus als eine tüchtige Leistung gerühmt werden.
Eine feinere Durchbildung, welche auf ein enges
Anschmiegen an die Formen des bestehenden
Baues hätte gerichtet sein müssen, ist nicht er-
zielt und anscheinend auch nicht erstrebt worden.
Denn der Umstand, dafs der mittelalterliche Mei-
ster in dem, was der alte Bau an Härten in der
Detailbildung vielleicht aufweist, noch übertroffen
worden ist, ist gewifs nicht einer bewufsten
Absicht zuzuschreiben.

Munster. \V. Kffniaiin.

*) Es ist nur ein kleiner Bezirk, der in den bis
jetzt erschienenen Bänden des Dumont'schen Werkes
(Geschichte der Pfarreien der Erzdiöcese Köln) abge-
schlossen vorliegt, aber geradezu erschrecklich ist die
Zahl der Kirchen, welche, oft vom höchsten Alter und
besonders in den letzten Jahrzehnten) modernen Schöp-
fungen haben Platz machen müssen und spurlos ver-
schwunden sind. In vielen Fällen würde sich neben
dem Neubau die Erhaltung der alten Kirche recht
wohl haben ermöglichen lassen. Abgesehen davon,
dafs manchen Gemeinden dadurch der letzte Rest,
welcher Kunde gibt von ihrer alten Geschichte, ge-
blieben wäre, findet sich für solche kirchliche Neben-
bauten auch sehr oft eine praktische Verwendung,
welche ihre stattgehabte unnöthige Beseitigung später
nicht selten schmerzlich empfinden läfst.

Der älteste Formschnitt in

er älteste Schnitt auf Holz oder Me-
tall, Formschnitt gemeinhin genannt,
zeigt bei seinem frühesten Auftreten
eine so enge Verbindung mit der
Kirche, dafs die Versuchung naheliegt, in der
Kirche die Mutter desselben zu erkennen.

„Sichere Beweise lassen sich," sagt Lippmann-
Üttcher „Die Formschneidekunst", I. S. 364,')
(Geschichte der techn. Künste, Stuttgart 1875}
»dafür nicht bringen, dafs der Förmschnitt zuerst
111 den Klöstern geübt worden sei, denn die
auf Blättern der frühesten Zeit nicht seltenen
Wappen, welche auf Klöster deuten, sagen mit
Bestimmtheit doch nur aus, dafs der betreffende

') Eine weit verbreitete, aber irrige Ansicht will
le Spielkarten fabrikation dem Förmschnitt
Vorangehen und diesen durch jene aufgebracht haben.
Ie bis jetzt bekannte früheste Erwähnung der Spiel-
arten fällt ins Jahr 1392. (Lippmann-Bucher S. 364.)

seiner Beziehung zur Kirche.

Schnitt für das betreffende Kloster, nicht dafs
er in demselben angefertigt worden ist. Doch
werden wir uns dieser letzteren Ansicht (Auf-
kommen in den Klöstern) zuneigen müssen, so-
bald wir uns erinnern, dafs während des ganzen
Mittelalters Geistliche Schreiber und Buchmaler
waren, und nicht blofs für den Bedarf des eigenen

Hauses arbeiteten.....Die erste Erwähnung

eines Formschneiders geistlichen Standes meint
man in dem Nekrolog der Nördlinger Franzis-
kaner zu finden, wo zu Anfang des XV. Jahr-
hunderts der Tod eines Laienbruders Luget- mit
dem Beisatz optimus incisor lignorum notirt ist;
da die dortigen Franziskaner das Bildschnitzen
mit sculpere bezeichneten, kann man unter dem
incisor lignorum wohl einen Formschneider ver-
stehen fHeller). Nach Süddeutschland aber
weisen alle Spuren der frühesten Ausführung
des Formschnittes."
 
Annotationen