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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Falk, Franz: Der älteste Formschnitt in seiner Beziehung zur Kirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0138

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23 L

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

ctri

Nr.

232

„Zeit und Ort der ersten Versuche im Holz-
schnittdruck sind unbekannt, doch dürfte die
Wiege desselben in den süddeutschen, vornehm-
lich bayer. Klöstern zu suchen sein", sagt Otte
„Kunstarchäologie", II. S. 773 (5. Aufl. 1884).2)

Es ist ganz in der Natur der Sache begründet,
wenn die Klöster als Stätten der Erfindimg des
Holzschnittes sich erweisen, denn einestheils
mochte die in der Klosterzelle gepflegte Ge-
sammtkunst leicht zu diesem Zweige der Kunst
führen, anderntheils verlangte das Bedürfnifs des
frommen Volkes nach einem (in grofser Menge
vertheilbaren) Bilde der Erinnerung an das
Kloster, welches dankbar und gerne solche Er-
innerungsbilder verabfolgte. Hier sei erinnert,
was Heller in seiner noch immer brauchbaren
„Gesch. der Holzschneidekunst" S. 163 (Bamberg
1823; sagt: „In den Klöstern und bei kirchlichen
Feierlichkeiten wurden Holzschnitte unter
dem Volke ausgetheilt, und die Biographen
des Quintin Messis erzählen, dafs ein solcher Holz-
schnitt die Veranlassung war, ihn zu der Malerei
zu bewegen und sein früheres Geschäft liegen zu
lassen. Van Manden erzählt nämlich, dafs, als
Messis in seinem zwanzigsten Jahre sehr krank
lag, man ihm einen Holzschnitt eines Heiligen
brachte, welchen Geistliche bei einer Prozession
ausgetheilt hätten; diesen zeichnete er nach und
so wurde bei ihm die Lust zur Malerei erweckt."

Von Belang für unsere Untersuchung ist
auch der Umstand, dafs die ältesten Holzschnitte,
sowohl die datirten als die ihnen vorausgehenden
undatirten, auf religiöse Gegenstände Bezug neh-
men: Ghristus, heilige Personen, heilige Sachen.
Sie nehmen in solchem Mafse Bezug auf re-
ligiöse Gegenstände, dafs die nicht religiösen
dagegen fast verschwinden.

Allgemein nahm seither die Geschichte des
Formschnittes den St. Christoph aus Buxheim,
jetzt in der Spencer'schen Sammlung zu Alt-
horpe in England, mit der Unterschrift

Christofori faciem die quacunque tucris
lila nempe die morte mala non morieris
Millesimo CCCC" XX0 tereio
und der Jahrzahl 1423 als den ältesten Schnitt
mit Datum an.

-" \V. Schmidt „Interessante Formschnitte des
XV. Jahrh., aus dem kgl. Kupferstichkabinet zu Mün-
chen", 188G, S. 9: „Was nun den Ort der Herkunft
der besprochenen Blätter anbelangt, so suchen wir den-
selben in Oberdeutschland, in erster Reihe in Bayern,
Salzburg, in zweiter in Schwaben."

W. Schmidt in München dagegen geht von
dem im Germanischen Museum befindlichen
Schnitte mit Darstellung der Reichskleinodien
aus, die anläfslich der Ueberfiihrung dieser
Kleinodien nach Nürnberg 1424 abgebildet
wurden; ein Nürnberger Spekulant mag sich der
Sache angenommen haben.a) Doch auch Schmidt
setzt vor dieses Reichskleinodienbild eine Reihe
älterer Schnitte: St. Sebastian mit der Kurfürsten-
mütze — St. Dorothea, welches vom Christkind
Rosen empfängt — St. Dorothea Rosen tragend
— Tod Maria — Krönung Maria.'1) Die übri-
gen Formschnitte bei Schmidt (33 im Ganzen)
stellen ausnahmslos Religiöses dar.

Nicht ohne Bedeutung für die Lösung der
Frage nach dem Orte der Formschnitterfindung
ist ferner die Thatsache, dafs die ältesten Schnitte
aus Klöstern, genauer gesagt, aus Handschriften
stammen, welche vor der Säkularisation Kon-
venten gehörten. Das erwähnte St. Christophortts-
bild fand Heinecken im Karthäuserkloster Bux-
heim bei Memmingen und zwar eingeklebt in die
mit 1417 datirte Handschrift „Laus Virginis"-

St.Sebastian mit der Kurfürstenmütze und sein
Gegenstück, St. Dorothea mit Christkind, befinden
sich in einem 1410 geschriebenen Kodex der Hof-
und Staatsbibliothek in München, welchen ehe-
dem das St. Zenokloster zu Reichenhall besafs-

Andere alte Holzschnitte birgt ein Kodex
des ehemaligen Franziskanerklosters zu München
und des Benediktinerkonvents zu Metten, beide
nunmehr in der Hof- und Staatsbibliothek der
bayerischen Hauptstadt.

Nicht dem blofsen Zufalle schreiben wir es
zu, wenn in den Klöstern alte Stöcke von
Holzschnitten vorkommen.

Das Germanische Nationalmuseum zu Nürn-
berg verwahrt etwa 38 Holzstöcke mit Dar"
Stellungen aus dem Leben Jesu oder der Hei-
ligen. Manchmal sind beide Seiten, Vorder-
und Rückseite des Stockes, benutzt. Erst wenn
die Stöcke stark abgenutzt waren, stellte i»8°
neue her, woraus der Unterschied in der Schärte
und Schönheit der Abdrücke herrührt. Die Stöcke
stammen aus dem Kloster der hl. Klara zu So 1'
lingen bei Ulm. Dafs man an letzterem Orte

8) „Interessante Formschnitte des XV.Jahrn' a!'.t
dorn kgl. Kupferstichkabinet zu München", 188(>.
3 Tafeln in l'hototypie. (S. 8.)

*) Die „Collectio Weigeliana" (1872) in
Kataloge, Essenwein „Holzschnitte im Gertn.

ihrem
Mu-

seum", Lippmann-Bucher chronologisiren abwe|C"
 
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