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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Falk, Franz: Der älteste Formschnitt in seiner Beziehung zur Kirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0139

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233

1889. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr.

234

überhaupt druckte, erhellt aus dem Mandate des
Ulmer Raths, ohne seine Erlaubnifs dürfe in Ulm
oder Söflingen nichts mehr gedruckt werden.

Ein am 7. März 1465 aufgenommenes In-
ventar des Nachlasses der Äbtissin Jacoba im
Kloster Bethanien bei Mecheln zählt auf: unum
insirumentum ad imprimcndas scripturas ci
ymagines .... novem printe lignee ad impri-
mendäs ymagin.es cum quaiuordecim aliis lapi-
deis printis. Es existirt sogar ein Blatt, die
hl. Martha darstellend, mit der Unterschrift: ex
Bethania prope Mechliniam traditur pressa.r>)

Das ist eine für unseren Zweck höchst werth-
volle Notiz. Das Kloster fertigte Bildchen an
und gab sie ab; unter denselben stand ein Ge-
lese, eine Legende, ein kleiner Text scriptura,
sicher xylographisch hergestellt; zur Anfertigung
diente ein Instrument (Reiber oder Presse) und
Printen, Formen von Holz oder Stein.i;

Noch in ziemlich vorgerückter Zeit und in
fernen Landen finden wir Interesse für Her-
stellung von Bildern in den Klöstern. Das
spanische Kloster Montserrat nahm im Jahre
1518 Drucker an, welche für das Kloster ver-
schiedene liturgische Bücher zu drucken be-
kamen; die gedungenen Drucker druckten Mefe-
bücher, Breviere, Diurnalien, Indulgenzbullen
für den Benediktinerorden und einige Tau-
sende von Bildern für die fromme Bruder-
schaft U. L. Frau von Montserrat.7)

Im Vorstehenden dürfte das Ziel erreicht sein,
der Nachweis nämlich, dafs der Formschnitt mit
gröfster Wahrscheinlichkeit, wenn nicht mit Ge-
wifsheit, in den Klöstern sein Entstehen gefunden.
Alle Umstände drängen zu dieser Annahme.

Im weiteren Verfolge desselben Zieles könnte
nun ein neuer Theil dieser Abhandlung alle jene
biographischen Bücher, Blockbücher, ver-
einigen, welche der Druckkunst voraneilten:
Armenbibel, in ihren verschiedenen Ausgaben,
Entchrist, Spiegel der Behältnifs, Dekalog, Sym-
bolum u. s. w.8) In ihnen war ja das Bild die
Hauptsache (Bilderbücher), und nur ein ganz

6) L i p p m an n über die Anfänge der Formschneide-
kttnst und des Bilddrucks in: „Repertorium fUr Kunst-
wissenschaft", I. S. 221.

°) Lithographie war das sicher nicht; es kann
eine geeignete Steinart gewesen sein.

7) von der Linde „Geschichte der Erfindung
der Buchdrückerkunst", S. 721.

8) T. O. Weizel „Verzeichnis der xylograph.
B«cher des XV. Jahrh." Leipzig 185G.

kurzer Text zur Erklärung und Nutzanwendung
begleitete das Bild. Diese Zusammenstellung
würde darthun, wie die Diener der Kirche, im
Bewufstsein ihrer Pflicht als Lehrer des Volkes,
den Holzschnitt zur Belehrung und Erbauung
des Volkes benutzten in der selben Weise, wie
später die Gutenberg'sche Kunst.

Im Anschlüsse hieran müfste auch Rücksicht
genommen werden auf den Nachweis weitester
Verbreitung religiöser Einzelbilder für
die Hand des Volkes.

In den Bürgerlisten der deutschen Städte und
in den Nekrologen der Pfarr- und Klosterkirchen
kommen die Helgendrucker, d. i. Drucker
von Heiligenbildern, vor. Was Ernst in der
„Gesch. des Züricher Schulwesens" S. 16 bemerkt,
wird sich anderwärts auch finden: „Die Buch-
druckerkunst schlug zwar eist im Anfange des
XVI. Jahrh. in Zürich ihre Wohnstätte auf, es
gab jedoch schon vorher Kartenmaler, Helgen-
drucker, Briefdrucker und Formschneider."9)

Ein Bilderbogen heifst in der Provinz Fries-
land heute noch „Heiling", da die ältesten
Bilderbogen nur Darstellungen von Heiligen
enthalten haben. Und in Oberbayern und Tirol
wird der Bilderhändler noch immer „Herrgotts-
händler" genannt.10)

Die Zahl der Künstler war so gewachsen,
dass sie in Deutschland und den Niederlanden
in Innungen zusammentraten, worin sie nach
ihren verschiedenen Arbeiten in Formschneider,
Briefmaler, Kartenmaler u. s. w. sich abtheilten,
aber alle die Kunst übten, Bilder und Schrift-
texte einzugraben und abzudrucken. So kam
es, dafs das Volk seine Heiligenbilder in Händen
hatte wie heutzutage.11)

Klein-Wintemheim. Dr. F. Falk.

9) Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Zürich 1879.

10) von der Linde „Geschichte der Erfindung
derBuchdruckerkunst", 188G, S.C78, 679. — üeber den
Kartenmaler Johann von Strafsburg, genannt Heiligen-
maler, vgl. .Schmidt „Aelteste Bibliothek zu Strafs-
burg", S. 42 bis 78. — Die sogen. „Bildbriefe"
bestanden bis zu Anfang des XVI. Jahrh. fast aus-
schliefslich aus Spielkarten und in Andachls-und Hei
ligenbildern. Falkenstein „Geschichte der Buch-
druckerkunst", 1840, S. 14.

") Auf dem Rande eines Missale Basil. sine loco
et anno fand ich ein Bildchen, das Antlitz Christi
kolorirt, 82 x 8~> mm grofs; in einer Papierhandschrifl
des Klosters Beuron sah ich in den Deckel eingeklebt
einen St. Johannes Ev. kolorirt, 80 X 85 mm grofs.
Wie viele Bildchen sind untergegangen!
 
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