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1889.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.
324
Gurtbögen entbehren, treten diese im Ostbau
vollständig ausgebildet auf, sogar die Schildbögen
an den Wänden fehlen hier nicht. Dort setzen
die Gewölbe auf Wandkonsolen auf, hier werden
die Gurtbögen von regelrechten Wandpilastern
aufgenommen. Auch die Säulen sind verschie-
denartig ausgebildet. Die Sockel zeigen zwar
ein ähnliches nach der attischen Basis gebildetes
Profil und auch der Eckblätter entbehren beide;
ebenso haben die Säulen in beiden Bautheilen
ein ziemlich übereinstimmendes Verhältnifs. Da-
gegen weichen die Kapitelle, die beide die
Würfelform zeigen, wie die
unter Fig. 4 u. 5 mitgetheilten
Abbildungen darthun, in ihrer
Ausbildung wesentlich von
einander ab. Während sie
im Querhaus sich mehr der
Halbkugel nähern und nur mit
einem Bogenschild versehen
sind, ist an den schlanker
gebildeten Kapitellen des Ost-
baues jede Würfelseite mit
zwei Halbbögen besetzt. Unter
diesen ist bei einem der
Kapitelle in der Mitte auf
der Kugelfläche ein erhaben
vortretendes rautenförmiges
Schild angearbeitet.8)
Auf eine weitere Beschrei-
bung darf hier im Hinblick
auf die Vollständigkeit der
beigegebenen Zeichnungen
wohl verzichtet werden. Zwei
Punkte bedürfen indefs noch
einer kurzen Besprechung:
die Nischen in der West- ,. , °
wand des Querhauses und die
Verbindung der Krypta mit der Oberkirche.
Die Nischenanordnung macht den Eindruck
einer kleinen in drei Apsiden schliefsenden
Kapellenanlage. Die beiden seitlichen Nischen
beginnen 0,68 m hoch über dem Fufsboden;
während die mittlere nur 0,57 m über dem-
selben liegt. Als vollständige in der Halb-
kuppel geschlossene Nische erscheint nur die
Mittelnische, die beiden anderen schneiden ohne
Abschlufs in unschöner Weise in das Gewölbe
ein. Mehr noch als bei den Seitennischen tritt
die mittlere, auch in gröfseren Abmessungen her-
gestellte Nische mit ihrer Vorderfläche vor die
Mauerflucht zurück; die Vergröfserung, welche
der so gewonnene Vorplatz dann noch weiter
durch die beiden seitlichen Wangenmauern er-
fährt, läfst ihn einem Altar-
raum nicht unähnlich erschei-
nen. Dafs er als Rest einer
älteren Anlage, vielleicht der
früheren Burgkapelle anzu-
sehen ist, '■') ist schon deshalb
nicht anzunehmen, weil er
nach Westen gerichtet ist;
eine Anordnung, welche an
sich schon ungewöhnlich ist,
gegen welche aber auch noch
die Gestaltung des Bergpla-
teaus spricht. Wenn man
dagegen berücksichtigt, dafs
von der Kirche naturgeinäfs
zuerst die Krypta zum gottes-
dienstlichen Gebrauche fertig
gestellt war, und die Voll-
endung der Kirche dann noch
einen gröfseren Zeitraum >n
Anspruch genommen haben
wird, wenn man ferner be-
denkt, dafs Anno häufig una
Fig. 5. System des Langhauses. gem ^ seiner Lieblingsstif-
, , ° ; * »*• tung zu Siegburg verweilte,
und dort mit den Mönchen an
dem klösterlichen Leben theilnahm, so erschein
es recht wohl möglich, dafs jene Nischen als Si
platze gedient haben und der Erzbischof von <-e
.Mittelnische aus dem Gottesdienste beiwohnte.
Fig. 4. System des Querhauses.
") In dem vorhandenen Baubestande findet es so-
mit keinen Anhalt, wenn es in der „Beschreibung aus
früherer Zeit" (Aeg. Müller „Anno II." S. 133) heifst:
„Die Kapitale der Rundsäulen sind theils einfache
Würfel, theils auch finden sich einfache noch roh
ausgearbeitete Thiergestalten darin angebracht; das
vegetabilische hingegen fehlt noch ganz."
Von den Freskomalereien, mit welchen eben dieser
Beschreibung zufolge die Kreuzgewölbe der Krypta
ehedem geschmückt gewesen sein sollen, ist gegen-
wärtig nichts mehr zu erkennen.
der
9) Dafs der Berg mit Gebäuden bedeckt war,*)
aus der ersten Stiftungsurkunde hervor, in welcher
ausdrücklich hervorhebt, dafs ihm der Berg cum 0 ^
aedificationt übergeben worden sei. (Laco
a. a. O. Urk. 202.) . derS.
'") In der Westwand der Stiftskirche zu t»« d_
heim ist noch jetzt auf der Empore eine ,)lissiii
nische vorhanden, welche als Sitz der
bezeichnet wird. habe«'
Mauernischen, welche als Sitzplätze £cdie"' ch!,els-
befinden sich auch auf den Emporen der
1889.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.
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Gurtbögen entbehren, treten diese im Ostbau
vollständig ausgebildet auf, sogar die Schildbögen
an den Wänden fehlen hier nicht. Dort setzen
die Gewölbe auf Wandkonsolen auf, hier werden
die Gurtbögen von regelrechten Wandpilastern
aufgenommen. Auch die Säulen sind verschie-
denartig ausgebildet. Die Sockel zeigen zwar
ein ähnliches nach der attischen Basis gebildetes
Profil und auch der Eckblätter entbehren beide;
ebenso haben die Säulen in beiden Bautheilen
ein ziemlich übereinstimmendes Verhältnifs. Da-
gegen weichen die Kapitelle, die beide die
Würfelform zeigen, wie die
unter Fig. 4 u. 5 mitgetheilten
Abbildungen darthun, in ihrer
Ausbildung wesentlich von
einander ab. Während sie
im Querhaus sich mehr der
Halbkugel nähern und nur mit
einem Bogenschild versehen
sind, ist an den schlanker
gebildeten Kapitellen des Ost-
baues jede Würfelseite mit
zwei Halbbögen besetzt. Unter
diesen ist bei einem der
Kapitelle in der Mitte auf
der Kugelfläche ein erhaben
vortretendes rautenförmiges
Schild angearbeitet.8)
Auf eine weitere Beschrei-
bung darf hier im Hinblick
auf die Vollständigkeit der
beigegebenen Zeichnungen
wohl verzichtet werden. Zwei
Punkte bedürfen indefs noch
einer kurzen Besprechung:
die Nischen in der West- ,. , °
wand des Querhauses und die
Verbindung der Krypta mit der Oberkirche.
Die Nischenanordnung macht den Eindruck
einer kleinen in drei Apsiden schliefsenden
Kapellenanlage. Die beiden seitlichen Nischen
beginnen 0,68 m hoch über dem Fufsboden;
während die mittlere nur 0,57 m über dem-
selben liegt. Als vollständige in der Halb-
kuppel geschlossene Nische erscheint nur die
Mittelnische, die beiden anderen schneiden ohne
Abschlufs in unschöner Weise in das Gewölbe
ein. Mehr noch als bei den Seitennischen tritt
die mittlere, auch in gröfseren Abmessungen her-
gestellte Nische mit ihrer Vorderfläche vor die
Mauerflucht zurück; die Vergröfserung, welche
der so gewonnene Vorplatz dann noch weiter
durch die beiden seitlichen Wangenmauern er-
fährt, läfst ihn einem Altar-
raum nicht unähnlich erschei-
nen. Dafs er als Rest einer
älteren Anlage, vielleicht der
früheren Burgkapelle anzu-
sehen ist, '■') ist schon deshalb
nicht anzunehmen, weil er
nach Westen gerichtet ist;
eine Anordnung, welche an
sich schon ungewöhnlich ist,
gegen welche aber auch noch
die Gestaltung des Bergpla-
teaus spricht. Wenn man
dagegen berücksichtigt, dafs
von der Kirche naturgeinäfs
zuerst die Krypta zum gottes-
dienstlichen Gebrauche fertig
gestellt war, und die Voll-
endung der Kirche dann noch
einen gröfseren Zeitraum >n
Anspruch genommen haben
wird, wenn man ferner be-
denkt, dafs Anno häufig una
Fig. 5. System des Langhauses. gem ^ seiner Lieblingsstif-
, , ° ; * »*• tung zu Siegburg verweilte,
und dort mit den Mönchen an
dem klösterlichen Leben theilnahm, so erschein
es recht wohl möglich, dafs jene Nischen als Si
platze gedient haben und der Erzbischof von <-e
.Mittelnische aus dem Gottesdienste beiwohnte.
Fig. 4. System des Querhauses.
") In dem vorhandenen Baubestande findet es so-
mit keinen Anhalt, wenn es in der „Beschreibung aus
früherer Zeit" (Aeg. Müller „Anno II." S. 133) heifst:
„Die Kapitale der Rundsäulen sind theils einfache
Würfel, theils auch finden sich einfache noch roh
ausgearbeitete Thiergestalten darin angebracht; das
vegetabilische hingegen fehlt noch ganz."
Von den Freskomalereien, mit welchen eben dieser
Beschreibung zufolge die Kreuzgewölbe der Krypta
ehedem geschmückt gewesen sein sollen, ist gegen-
wärtig nichts mehr zu erkennen.
der
9) Dafs der Berg mit Gebäuden bedeckt war,*)
aus der ersten Stiftungsurkunde hervor, in welcher
ausdrücklich hervorhebt, dafs ihm der Berg cum 0 ^
aedificationt übergeben worden sei. (Laco
a. a. O. Urk. 202.) . derS.
'") In der Westwand der Stiftskirche zu t»« d_
heim ist noch jetzt auf der Empore eine ,)lissiii
nische vorhanden, welche als Sitz der
bezeichnet wird. habe«'
Mauernischen, welche als Sitzplätze £cdie"' ch!,els-
befinden sich auch auf den Emporen der