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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0033

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Mundhöhle.

Die beiden halben Zahnanlagen des zweiten Schneidezahnes, welche bei einer
Hemmung im Gebiet der Fissura intraincisiva wie bei einer künstlichen Teilung
eines Eies in zwei Halbeier entstehen, lassen zwei Schneidezähne statt eines aus
sich hervorgehen, wenn sie sich beide zu Ganzzähnen ergänzen (Abb. 14a, b). Ver-
läuft die Teilung nicht durch die Mitte der Anlage, so kann ein größeres und ein
kleineres Zahnindividuum herauskommen. Geht ein Teilstück nachträglich zu-

Abb. 14. Doppelseitige Hasenscharte und Wolfsrachen. Zwischenkiefer durch graue Tönung her-
vorgehoben, a) Schema. Die Spalte folgt der Sutura intraincisiva, seltene Form (aus Inouye). b) Verdopplung
des 2. Schneidezahne^ beim Erwachsenen (nach einer Photographie von Dümler, Wien).

gründe, so bleibt nur ein Zahn übrig, der medial oder lateral von der Trennungs-
linie liegt. Dies schließen wir daraus, daß bei der Hasenscharte im ganzen drei
oder zwei Schneidezähne auf der betroffenen Seite vorkommen und daß bei zweien
einer oder zwei medial von der Scharte liegen.

Der Zwischenkiefer kann sich in seltenen Fällen so weit in den Oberkieferfort-
satz hineinerstrecken, daß auch der Eckzahn in ihm liegt. Die Grenze zwischen

Kiefer und Zwischenkiefer (Sutura
incisiva) liegt dann statt zwischen
os nasai, Schneide- und Eckzahn zwischen Eck-

Knorpei / ^S?P^S'\ zahn und 1. Prämolar.

Geht die Hasenscharte noch tiefer
in die Mundhöhle hinein, so verläuft
sie als Wolfsrachen symmetrisch
zwischen den beiden Oberkieferfort
Sätzen des Gaumens weiter (Cheilo-
gnathouranoschisis, Abb. 14; siehe
auch: Gaumen). Eine sehr seltene Miß-
bildung ist eine Spalte in der Mitte
der Oberlippe, welche, wenn sie in die
Tiefe geht, die beiden Zwischenkiefer
voneinander trennt (Sutura inter-
incisiva, Abb. 14a). Die sehr seltene
sahn mediane Spalte der Unterlippe kann

na8°pal£^li Paza«^bneidezah11 den Unterkiefer in der Mitte teilen.

Hier korrespondiert also die Skelett-
Abb. 15. Zwischenkieferanlagü beim Menschen n-renze mitrler rifmiherliefrenden Grenze
(Embryo von 31/. Monat). Knochen schwarz, Knorpel gienze nm aei aaiuDeiiiegenaen ixrenze
getüpfelt. (Nach Kölliker aus Inouye, Anat. Hefte der Weichteilanlagen; dies ist aber
1912.) nicht gesetzmäßig, wie die übrigen

Spalten beweisen.

Die mediane Spalte in der Oberlippe ist bei Nagern dauernd vorhanden. Das
Kaninchen z. B. hat zwei Oberlippen. Andere Säuger haben in der Mittellinie eine
Raphe. Eine Verwachsung aus getrennten Anlagen (die etwa den Processus
globulares des mittleren Nasenfortsatzes entsprächen, Abb. 12b) ist nicht be-
obachtet. Man weiß deshalb über die seltene mediane Hasenscharte beim Men-
schen nichts Sicheres. Andere Spalten des Gesichtes, welche z. B. schräg zum äußeren
Teil des unteren Lides oder sogar außen vom Auge vorbeiziehen, haben sicher nichts
mit den normalen Gesichtslappen des Embryo zu tun. Man nennt sie sekundäre
Gesichtsspalten. Die Ursache dieser Entwicklungsstörungen ist unbekannt.
 
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