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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Christoffel, Ulrich: Erfindung und Wirklichkeit in der deutschen Landschaftsmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0017

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Franz Doli. Herbst

In der Landschaftserfindung kann sich also das Mo- Flackern der künstlichen Lichter können das glasige
tiv der Gebirgsszenerie über alle Naturwirklichkeit Dunkel eines durchsichtigen Himmels und die warme
hinaus zum Ausdruck undenkbarer Raumphantasien Pracht der Erde die landschaftliche Szenerie natur-
oder jener tief in der Seele schlummernden Empfin- haft beleben und der Erfindung den Atem der Welt-
dungen der Furcht und des Schauders im reinen Sinn weite und Lichtschönheit mitteilen. In diesem male-
dieser Worte ausweiten, und die Darstellung der ver- rischen Ton, der bei Altdorfer besonders sonnenhaft
lassenen Natur zeigt sich bereit, gerade die mensch- und kraftvoll aus dem Schatten der Bäume hervor-
lichsten Stimmungen und Gedanken widerzuspie- dringt, aber in der deutschen Landschaftserfindung,
geln. überhaupt in allen Abwandlungen der menschlichen
Zeichnung, Anekdote und Einzelheit bedecken das und musikalischen Fühlung wiederkehrt, beseelen
Landschaftsbild mit der quellenden Fülle und Viel- sich Anekdote, Ornament, Bäume und Berge mit
heit des Kleinen, mit denen der spätgotische und einem Gewebe von Naturfrische und sinnlicher Licht-
barocke Schmucktrieb die Hallen der Kirchen aus- Strahlung, wie sie immer neu aus der Ursprünglich-
stattete, aber zuletzt legte sich in Farbe und Ton ein keit der künstlerischen Erfindung hervorquillt. Heute
malerischer Glanz über die ungebändigte Mannig- suchen die Maler auf den verschiedensten Wegen
faltigkeit der Erfindung, und die Bilder von Dürer. zur formalen Sättigung und Dichtung der bildlichen
Altdorfer und Elsheimer wie jene der Koch, Schwind Landschaft zurückzugelangen, nachdem schon Karl
und Caspar David Friedrich wurden im Grün der Haider dieses Ziel erreicht hat, und wieder ist der
Bäume und im Blau der Himmel und Berge von Wandel in der Nähe des Gebirges erfolgt, wo in
einem Einklang durchleuchtet, in dem sich die Land- München eine Reihe von Kräften von Unold.
schaft sammelt und beruhigt. Mehr als die beson- Schrimpf, Teutsch bis Doli in Zeichnung und Malerei
dere Beleuchtung der glutroten Himmel oder das sich um eine neueLandschaftserfindung bemüht haben.

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