Deutsche Kunst in Böhmen und Mähren. Von Otto Kietzl
Im "Wirkungsbereich deutscher Kultur befinden sich
Böhmen und Mähren seit jener Frühzeit des zehnten
Jahrhunderts, in der Fürst Wenzel von Prag Land
und Volk von König Heinrich I. als ein Lehen nahm.
Als im siebenten Jahrhundert slawische Stämme in
Böhmen und Mähren einwanderten, waren diese
Länder schon ein halbes Jahrtausend lang Schau-
platz und Heimat von Germanen gewesen. Die Fat
des Fürsten Wenzel, der als Christ ein Märtyrer
wurde, öffnete dem neuen Glauben endgültig die
Wege aus dem deutschen Westen und Norden. Auf
diesen Wegen kam deutsche Kunst in die böhmischen
Länder. Siedlertaten adeliger Herren und vieler Klö-
ster, nicht zuletzt auch die Städtepolitik der Herr-
scher, haben hier die reine Einfuhrkunst ottonischer
und salischer Zeiten bald zu fruchtbarem Saatgut für
eine bodenständige, eigenartige Ostkultur werden
lassen. Schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts, in
staufischer Zeit also, hat sich solche Kultur zu einer
schönen Blüte entfalten können. Seither spiegelt sie,
die Formprobleme jeder Epoche auf ihre Weise fas-
send, alle Schicksale der deutschen Kunst überhaupt
wider.
Während das Hauptwerk des Stiles der Salierzeit in
246
Im "Wirkungsbereich deutscher Kultur befinden sich
Böhmen und Mähren seit jener Frühzeit des zehnten
Jahrhunderts, in der Fürst Wenzel von Prag Land
und Volk von König Heinrich I. als ein Lehen nahm.
Als im siebenten Jahrhundert slawische Stämme in
Böhmen und Mähren einwanderten, waren diese
Länder schon ein halbes Jahrtausend lang Schau-
platz und Heimat von Germanen gewesen. Die Fat
des Fürsten Wenzel, der als Christ ein Märtyrer
wurde, öffnete dem neuen Glauben endgültig die
Wege aus dem deutschen Westen und Norden. Auf
diesen Wegen kam deutsche Kunst in die böhmischen
Länder. Siedlertaten adeliger Herren und vieler Klö-
ster, nicht zuletzt auch die Städtepolitik der Herr-
scher, haben hier die reine Einfuhrkunst ottonischer
und salischer Zeiten bald zu fruchtbarem Saatgut für
eine bodenständige, eigenartige Ostkultur werden
lassen. Schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts, in
staufischer Zeit also, hat sich solche Kultur zu einer
schönen Blüte entfalten können. Seither spiegelt sie,
die Formprobleme jeder Epoche auf ihre Weise fas-
send, alle Schicksale der deutschen Kunst überhaupt
wider.
Während das Hauptwerk des Stiles der Salierzeit in
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